Sitzung: 26.04.2012 Rat der Stadt Jever
Beschluss: Abstimmung: mehrheitlich beschlossen:
Abstimmung: Ja: 16, Nein: 12, Enthaltungen: 1, Befangen: 0
Vorlage: AN/0080/2011-2016
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Eine Kündigung des
Gesellschaftervertrages über den Betrieb des Campingplatzes Schortens/Jever
wird aus rechtlichen Gründen nicht weiter verfolgt. Ein Antrag auf
einvernehmliche Auflösung des Vertrages wird bis zum Anfang der Saison 2013
zurückgestellt. Bis dahin sollen die Gesellschafter in gemeinsamen Gesprächen
Möglichkeiten zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit suchen. Der Rat der Stadt
Jever ist über den Fachausschuss über das Ergebnis der Gespräche zu
informieren. Dem Fachausschuss ist ein Rechenschaftsbericht vorzulegen. |
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Beigeordneter Janßen führt aus, der gemeinsame Campingplatz
habe von Beginn an unter keinem guten Stern gestanden. Versprechungen aus dem
Jahre 2004 seien zum größten Teil nicht eingetreten. In der öffentlichen
Finanzausschusssitzung am 06.12.2004 habe Herr Rüstmann berichtet, dass sich
die Kosten für den Campingplatz erhöhen würden, letztlich sei eine
Nettoinvestition von 775.139,30 € erforderlich gewesen. Es seien damals schon
Mehrkosten für jede Kommune in Höhe von 44.500 € entstanden. Aufgrund dieser
überplanmäßigen Ausgaben habe es bereits Diskussionen und heftige Kritik
gegeben. Die Stadt Jever habe einen Investitionskostenzuschuss in Höhe von
insgesamt 210.569,65 € geleistet. Herr Hartl habe in der damaligen
Finanzausschusssitzung betont, dass es wichtig sei, eine „schwarze Null“ zu
erreichen. Die „schwarze Null“ gebe es bis heute nicht, dafür aber jedes Jahr
eine „rote Zahl“ in Höhe von 13.000,00 €. Dem Rat sei damals eine Gewinn- und
Verlustrechnung vorgelegt worden, wobei mit einer Auslastung von rund 50 %
kalkuliert worden sei. Bis heute seien tatsächlich jedoch nur rund 20 %
erreicht worden. Im ersten Jahr sollte ein Gewinn von über 20.000 € und im
vierten Jahr ein Gewinn von 25.000 € erzielt werden. Dieses alles sei nicht
eingetreten, allein für Jever sei ein durchschnittlicher Verlust in Höhe von
13.000 € zu verzeichnen. Die SPD-Fraktion stehe nach wie vor zu ihrem Antrag,
aus der Betreibergesellschaft auszusteigen. Die SPD Jever habe von Anfang an
eine klare Linie zum gemeinsamen Campingplatz vertreten und immer mit offenen
Karten gespielt. Der Antrag sei frühzeitig angekündigt worden. Bereits zu
Beginn 2004 habe die SPD-Fraktion gegen die Mitfinanzierung gestimmt und Ende
2004 die Zustimmung zum Gesellschaftervertrag versagt. In der Haushaltssitzung
2010 habe er als Fraktionsvorsitzender der SPD bereits angekündigt, einen
entsprechenden Antrag zu stellen, wenn die GmbH in zwei Jahren keine schwarzen
Zahlen schreibe. Im Rahmen der Beratungen zur Haushaltskonsolidierung am
16.02.2012 habe die große Mehrheit des Rates klar signalisiert, den
Campingplatz nicht weiter gemeinsam betreiben zu wollen. So lange die
drastischen Kürzungen im freiwilligen und sozialen Bereich nicht zurückgenommen
würden, seien die 13.000 €
Zuschussbedarf auch keine Lappalie. Auch die Argumente, der Platz würde
zur Förderung des Tourismus beitragen und hier würde interkommunal zusammen
gearbeitet, seien nicht schlüssig. Wer an der Küste Urlaub machen wolle, würde
dieses mit oder ohne Campingplatz tun und die schöne Stadt Jever ohnehin
besuchen. Interkommunale Zusammenarbeit sei natürlich nur sinnvoll, wenn für
die Stadt Jever dabei ein Plus herauskomme und nicht ein Minus. Aus der Vorlage
der Verwaltung gehe nunmehr hervor, dass nur aus wichtigem Grund gekündigt
werden dürfe und ein Zuschussbedarf von 13.000 € kein wichtiger Grund sei. Wenn
dem so sei, wäre 2004 ein schlechter Vertrag abgeschlossen worden. Auch die
Ausführungen im Schreiben des Landkreises zum Tatbestandsmerkmal „wichtiger
Grund“ seien für die SPD Fraktion nicht nachvollziehbar. Aus § 15 des
Gesellschaftervertrages gehe ausdrücklich hervor, dass mit der Gesellschaft ein
Gewinn erzielt werden solle. Gewinne seien seit mittlerweile 7 Jahren nicht
erzielt worden. Daher wolle die SPD-Fraktion von § 20 des
Gesellschaftervertrages Gebrauch machen und den Vertrag aus wichtigem Grund
kündigen.
Beigeordneter Andersen trägt vor, die CDU-Fraktion werde einer
Kündigung des Betreibervertrages nicht zustimmen. Vertragstreue und
Verlässlichkeit seien die alleinigen Entscheidungskriterien. Als Beitrag zur
Haushaltskonsolidierung sei die Maßnahme ohnehin ungeeignet. Das nunmehr auch
rechtliche Bedenken bestünden, möge dazu führen, dass einige Zweifler bzw.
Gegner ihre Meinung noch ändern.
Im Übrigen habe die bisherige Diskussion
auch eine positive Seite. Uns und insbesondere unseren Mitbürgern sei noch
einmal in Erinnerung gebracht worden, dass
vor den Toren der Stadt eine Einrichtung mit einer Wertschöpfung von
rund 500.000 € stehe, die sich vermehrt positiv auf die Stadt auswirken würde.
Aber auch der kaufmännische Aspekt dürfe nicht außer acht gelassen werden. Auf
dem Gelände von rund 30.000 qm sei eine Campinganlage mit 94 modernen
Stellplätzen, einem großzügigen Campinggebäude und einem guten Zeltplatzgelände
mit einer Gesamtinvestitionssumme von rund 790.000 € geschaffen worden.
Selbstverständlich hätte die Stadt Jever ebenso wie die Stadt Schortens eine
Anlage dieser Qualität und Größe alleine nicht schaffen können. Der
Campingplatz sei daher ein gutes Beispiel kooperativer Zusammenarbeit von zwei
Kommunen. Im ersten vollen Jahr 2006 seien 5.500 Übernachtungen und im letzten
Jahr 2011 seien 10.300 Übernachtungen zu verzeichnen gewesen. Im Jahr 2006
seien Erlöse von 73.000 € und im Jahr
2011 von 135.000 € erzielt worden.
Bisher seien Zuschüssen in Höhe von 94.500 € gewährt worden. Die Investitionssumme
von insgesamt 790.000 € habe jedoch nicht von Zuschüssen der Stadt Jever und
der Stadt Schortens gelebt, sondern von Zuschüssen des Landkreises und der
Agentur für Arbeit in Höhe von 191.000 €, ein KfW Darlehen in Höhe von 160.000
€ und ein gemeinsames Darlehen der Städte Jever und Schortens in Höhe von
430.000 €. Dieses Darlehen werde zur Zeit mit einem Zinssatz von 3,61 % und
einem Tilgungssatz von 3,45 % an die Städte Jever und Schortens zurückgezahlt.
Das bedeute, nach Ablauf von 20 Jahren würden die 430.000 € an die Städte
zurückgezahlt worden sein und die Anlage wäre schuldenfrei. Es würde ein
Vermögen mit einem realen Wert von 790.000 € verbleiben. Buchmäßig wäre die
Anlage nach rund 30 Jahren abgeschrieben und würde dann selbstverständlich auch
Gewinne abwerfen. Man könnte bereits jetzt schwarze Zahlen schreiben, wenn die
Tilgung gestreckt würde. Die Gesellschafter hätten es selbst in der Hand, mit
guten und weisen Beschlüssen kurzfristig auf Null zu kommen. Diese Chance dürfe
man sich nicht entgehen lassen und man sollte bis 2015 warten und der
Gesellschaft die Möglichkeit geben bis dahin eine „schwarze Null“ zu schreiben.
Beigeordneter Schönbohm trägt vor, es gehe nicht nur um die
Beteiligung an der Campingplatz GmbH und schon gar nicht gehe es darum, der
Nachbarkommune vor das Schienbein zu treten, sondern um den Komplex
Haushaltskonsolidierung und die Priorität Sparen. Da es unrealistisch und nicht
gewünscht sei, bei den größeren freiwilligen Leistungen, wie z. B. das Freibad,
zu sparen, bleibe letztendlich nur die Summe von vielen kleineren Beiträgen.
Ein strukturelles Defizit in Millionenhöhe könne natürlich nicht durch diese
kleinen Beiträge ausgeglichen werden, aber es müsse endlich ein Anfang gemacht
werden. Der Steuerzahler zahle seit Jahren Zuschüsse im 5-stelligen Bereich für
den Campingplatz, obwohl lt. Wirtschaftsgutachten nach einem Jahr Gewinne
erzielt werden sollten. Eine private GmbH hätte wohl längst Konkurs anmelden
müssen. Auch die Begründung, die Besucher würden auch Geld in Jever lassen, sei
dem Bereich der Spekulationen zuzuordnen und rechtfertige nicht die weitere
Ausgabe von Steuermitteln. Wenn der Zuschussbedarf von 13.000 € kein wichtiger
Grund sein solle, müsse mit der Stadt Schortens ein anderer Lösungsweg in Sinne
der Stadt Jever gefunden werden. Für die SWG-Fraktion mache es wenig Sinn, eine
notwendige Entscheidung weiter hinaus zu schieben und weiter zu zahlen.
Beigeordnete Glaum führt aus, die Grünen hätten bereits
damals gegen eine Beteiligung der Stadt an der Campingplatz GmbH gestimmt, da
sie den Ausführungen des damaligen Stadtdirektors, der Betrieb würde nach 3
Jahren schwarze Zahlen schreiben, keinen Glauben schenken konnten. Folgerichtig
hätten die Grünen dem Haushaltskonsolidierungsvorschlag der Verwaltung, den
Vertrag mit der Betreibergesellschaft zu kündigen, zugestimmt. Der jährliche
Zuschuss von 13.000 € sei den Grünen schon seit längerem ein Dorn im Auge. Die
jetzige Aussage der Verwaltung, man könne aus rechtlichen Gründen nicht aus dem
Vertrag aussteigen, sei schon sehr irritierend. Der Vorschlag einen Antrag auf
einvernehmliche Auflösung des Vertrages bis zum Abschluss der Saison 2015
zurückzustellen, sei nicht zeitnah genug. Die Grünen beantragten daher, Ende
der Saison 2012 oder Anfang der Saison 2013 das Gespräch mit der Stadt
Schortens zu suchen und Lösungs- bzw. Einsparvorschläge zu erarbeiten und dazu
im Fachausschuss vorzutragen. Auch sei ein Rechenschaftsbericht im
Fachausschuss überfällig.
Beigeordneter Hartl erklärt, auch die FDP sei damals davon
überzeugt gewesen, eine schwarze Null erreichen zu können. Da diese nicht
erreicht worden sei, habe die FDP zunächst auch dem von der Verwaltung
eingebrachten Konsolidierungsvorschlag folgen können. In der fortführenden
Beratung sei jedoch festgestellt worden, welche rechtlichen Schwierigkeiten
bestehen könnten und die Verwaltung versehentlich einen evtl. rechtswidrigen
Konsolidierungsvorschlag gemacht habe. Heute gehe es darum, zu entscheiden, ob
man vertragsbrüchig werden wolle oder man den Vertrag einhalten wolle. Einem
Austritt aus der Gesellschaft auf dem Verhandlungswege stehe nichts im Wege.
Ein weiterer Grund, warum die FDP heute gegen einen Austritt stimmen werde, sei
auch der Beitrag von Herrn Andersen. Der wirtschaftliche Aspekt sei bisher zu
kurz gekommen. Eine derartige „Lappalie“ sei es nicht Wert einen Rechtsstreit
mit der Nachbarkommune zu riskieren.
Beigeordneter Janßen erwidert zu den Ausführungen von Herrn
Andersen, die Gebühren seien erst vor kurzem erhöht worden. Es müsse auch
zukünftig mit Reparaturen und erheblichen Instandhaltungskosten gerechnet werden.
Es seien bereits alle Einsparmöglichkeiten von den Mitgliedern der
Gesellschafterversammlung geprüft worden. Die SPD-Fraktion habe sich aufgrund
des Schreiben des Landkreises ebenfalls rechtlich beraten lassen. Nach
Auffassung des Beraters sei der Vertrag durchaus kündbar, da die Gesellschaft
mit Gewinnerzielungsabsicht nach sieben Jahren immer noch kein Gewinn erzielt
habe. Er glaube nicht, dass die Stadt Schortens bei einer Kündigung klagen
werde.
Ratsherr Bollmeyer erklärt, es gehe hier zunächst um eine
vorliegende Investition, die zurück finanziert werden müsse. Nicht geklärt sei
auch, was im Falle der Kündigung mit den vorhandenen Vermögenswerten passiere.
Eine rechtliche Streitigkeit mit dem Nachbarn sollte möglichst vermieden
werden.
Der Rat beschließt zunächst über den
Beschlussvorschlag der Verwaltung:
Eine Kündigung des
Gesellschaftervertrages über den Betrieb des Campingplatzes Schortens/Jever
wird aus rechtlichen Gründen nicht weiter verfolgt. Ein Antrag auf
einvernehmliche Auflösung des Vertrages wird bis zum Abschluss der Saison 2015
zurückgestellt. Hierüber ist dann auf der Grundlage der weiteren
wirtschaftlichen Entwicklung der GmbH zu entscheiden.
Abstimmung: mehrheitlich abgelehnt Ja 12
Nein 16 Enthaltung 1 Befangen 0
Anschließend beschließt der Rat über den Antrag der Beigeordneten Glaum: