Sitzung: 19.07.2012 Rat der Stadt Jever
Die Ratsvorsitzende unterbricht die Sitzung, um 19.11 Uhr
um anwesenden BürgerInnen die Gelegenheit zu geben, Fragen von allgemeinem
Interesse an Rat und Verwaltung zu richten.
Herr Günther Beike meldet sich zu Wort. Er sei Anwohner
des Dannhalmsweges und wohne direkt an der „Alten Tidebahn“.
Er wolle die Ratssitzung noch einmal
dazu nutzen, um die Ratsmitglieder auf das Problem der Verschattungen der
Grundstücke entlang der „Alten Tidebahn“ aufmerksam zu machen. Gemäß der
Beratungen in den städtischen Gremien seien nur Verschattungen in abgeschwächter
Form zu erwarten. Wenn das Planungsbüro Thalen jedoch wissenschaftlicher
gearbeitet hätte, wäre es in dieser Frage sicherlich zu einer anderen Bewertung
gekommen. In seinem Brief vom 10. Juli 2012 an die Stadt Jever habe er bereits
darauf aufmerksam gemacht, dass die Verschattung deutlich stärker sei als sie
im Abwägungsbeschluss der Stadt Jever dargestellt werde. Bei einer maximal
zulässigen Bauhöhe von 9,50 m sei ab dem 15. September eines jeden Jahres ab
circa 16.00 Uhr mit der Verschattung zu rechnen. Die AnliegerInnen beantragten
daher beim Rat der Stadt Jever, der beabsichtigten Änderung des Bebauungsplanes
Nr. 60 so nicht zuzustimmen und die zulässigen Höhen der First- und Traufhöhen
für die östlich gelegenen Grundstücke zwischen Haraldstraße und Alte Tidebahn
auf die alten Höhen von 8,50 m und 4,50 m zu begrenzen.
Die Ratsvorsitzende bemerkt, dass diese Angelegenheit
bereits im Planungsausschuss ausgiebig beraten worden sei.
Verwaltungsangestellter Rüstmann stellt fest, die AnliegerInnen könnten
jeweils in der Zeit vom 1. April bis zum 15. September eine unveränderte
Sonneneinstrahlung nutzen . Die AnliegerInnen fühlten sich in ihren Rechten
verletzt, weil in der übrigen Zeit die Verschattung zu einem früheren Zeitpunkt
eintreten werde. Diese Feststellung sei subjektiv empfunden sicherlich richtig,
dennoch sei die Stadt Jever gehalten, die Gesamtsituation auf der Basis der
gesetzlichen Vorschriften zu beurteilen. Die maßgeblichen Vorschriften der
Niedersächsischen Bauordnung sähen vor, dass die entsprechenden Distanzen
(halbe Höhe) zum Nachbargrundstück einzuhalten seien. Die Vorgaben der
Niedersächsichen Bauordnung seien bei der Abwägung der Stadt Jever eingehalten
worden, so dass kein Anhaltspunkt für eine falsche Beurteilung vorliege. Außerdem
fuße die Berechnung des Herrn Beike darauf, dass das Gebäude mit einer Höhe von
9,50 m direkt auf der Grenze stehe. Die Bauten, die diese Höhen ausnutzten,
hätten ihren höchsten Punkt in der Regel zur anderen Seite hin, sodass es
äußert fragwürdig sei, ob sich die Befürchtungen der AnliegerInnen tatsächlich
bewahrheiten würden. Da die AnliegerInnen zudem nur einen Teil des Sommers
eventuell beeinträchtigt würden, gebe es für die Stadt Jever keinen Grund,
anders abzuwägen.
Herr Beike erkundigt sich, mit welcher Begründung
die bestehenden Höhen verändert werden sollten.
Verwaltungsangestellter Rüstmann antwortet, in der heutigen Zeit werde
ein anderes Bauen nachgefragt. Die Stadt müsse sich diesen Veränderungen
anpassen.
Herr Beike erklärt, dennoch hätten für das kurze
Stück zwischen der Haraldstraße und der Alten Tidebahn weiterhin die alten
Höhen vorgesehen werden können.
Verwaltungsangestellter Rüstmann
weist erneut darauf hin, dass die Stadt die Bestimmungen des Nachbarschutzes
einhalten werde.
Frau Chistel Ufken trägt vor, der Rat der Stadt Jever habe
im Jahre 2007 beschlossen, dass es für ein Baugebiet immer mehrere Zuwegungen
geben solle. Im Zusammenhang mit dem Beratungen zum Baugebiet „Großer
Herrengarten“ sei diese These von der Stadtverwaltung bekräftigt worden mit dem
Hinweis, dass eine Verkehrsanbindung immer über zwei Straßen erfolgen solle.
Sie frage sich, weshalb dieser Grundsatz nicht für das Baugebiet „Gleisdreieck“
gelte.
Verwaltungsangestellter Rüstmann trägt vor, das Problem, das im
„Gleisdreieck“ auftrete, liege im Baustellenverkehr. Der Baustellenverkehr im
„Großen Herrengarten“ sei ebenfalls nur
über eine Verkehrsanbindung geregelt worden. Hier würden zwei Dinge miteinander
vermischt. Die spätere Verkehrsführung sei tatsächlich über mehrere Straßen
geleitet worden. Wenn die Praxis später zeigen werde, dass eine solche Lösung
auch für das Baugebiet „Gleisdreieck“ notwendig werde, müsse der Rat hierüber
gesondert entscheiden.
Frau Ufken führt aus, dass es nicht realistisch
sei, für ein entsprechend großes Baugebiet mit derzeit zwei und später
eventuell drei Bauabschnitten lediglich eine Zufahrt vorzuhalten. Im Falle
einer Gefahr gebe es unter diesen Umständen keine Möglichkeit, aus dem
Baugebiet herauszukommen. Im alten Bebauungsplan sei die Entlastungsstraße
Richtung Neukauf vorgesehen gewesen.
Stadtamtsrat Röben teilt mit, der Bebauungsplan
„Gleisdreieck“ sehe zwei Zuwegungen vor, einerseits die Normannenstraße bis zur
Wittmunder Straße, die jetzt ausgebaut sei, und später außerdem die im
südlichen Bereich über den Parkplatz bei Neukauf. Diese Anbindung bleibe auch
weiterhin bestehen. Die Fläche werde zurzeit als Parkplatz genutzt Im Moment
könne die Stadt über dieses Grundstück nicht verfügen, da es sich nicht in
ihrem Eigentum befinde. Sobald das Grundstück der Stadt zur Verfügung stehen
werde, werde die geplante Anbindung geschaffen.
Frau Ufken äußert Unverständnis für die Situation,
dass mit der zweiten Anbindung gewartet werden müsse, bis das Grundstück
verfügbar sei.
Verwaltungsangestellter Rüstmann
weist darauf hin, dass für das Baugebiet ein Bebauungsplan vorliege. In diesem
Bebauungsplan sei festgelegt, dass eine Anbindung über die Normannenstraße und
die Horandstraße sowie gegebenfalls über die Fläche bei Neukauf erfolgen solle.
Eine Heranziehung der Hermannstraße, der Hammerschmidtstraße und des
Dannhalmsweges zur Erschließung des Baugebietes sei nicht vorgesehen. Es gehe
nur um die Möglichkeit, den Baustellenverkehr darüber zu leiten. Dieses seien
zwei unterschiedliche Aspekte.
Frau Ufken weist ergänzend darauf hin, dass nicht
nur der Baustellenverkehr stattfinde, sondern auch der Verkehr der bisherigen
AnwohnerInnen und der BewohnerInnen des neuen Baugebietes.
Verwaltungsangestellter Rüstmann erwidert, es gebe keine Aussagen dazu,
dass der zusätzliche Verkehr durch die 29 neuen Bauplätze nicht über die
bestehenden Straßen bewältigt werden könne. Im Übrigen werde sich der
Baustellenverkehr laut Mitteilung der Fachleute in den ersten drei Wochen auf
zehn Fahrzeuge pro Tag belaufen. Sobald der Aushub erfolgt sei, werde diese
Anzahl rapide abnehmen.
Frau Inge Alves-Constantin aus der Normannenstraße trägt vor, der
Baustellenverkehr werde sich nicht allein auf den Ausbau der Straße
beschränken, sondern auch durch die Bautätigkeiten auf den 29 Grundstücken
entstehen. Dadurch müsse mit mehr als 1.500 Lkw -fahrten in die Normannenstraße
und wieder zurück gerechnet werden.
Bürgermeisterin Dankwardt erklärt, sicherlich möchte niemand
zusätzlichen Verkehr in seiner Nähe haben, dennoch werde es zahlreichen
BürgerInnen tagtäglich zugemutet. In diesem Zusammenhang verweise sie auf den
Neubau des St.-Annenquartiers und der LzO. Überall würden Famlien mit kleinen
Kindern durch diese Baumaßnahmen beeinträchtigt. Von den Anliegerinnen werde
ein Szenario aufgebaut, dass nicht mehr nachvollziehbar sei. Herr Rüstmann habe
deutlich gemacht, dass im Falle einer weiteren Ausdehnung des Baugebietes eine
zusätzliche Zufahrt geschaffen werde. Es gebe keinen Beschluss des Rates, dass
Baustellenverkehr über mehrere Zufahrten abgewickelt werden müsse. Es gebe
lediglich den Hinweis der Verkehrsbehörden, dass ab einer bestimmten Größe nach
Möglichkeit eine zweite Zufahrt vorgehalten werden sollte. In diesem Fall werde
ein solcher Bedarf weder von der Stadt Jever noch von der Polizei gesehen. Die
Gremien des Rates hätten ihre Entscheidung unter Abwägung sämtlicher
Gesichtpunkte getroffen. Sie sehe keine Punkte, die gegen die geplante
Beschlussfassung sprächen.
Frau Ufken erkundigt sich, ob diese Entscheidung
auch im Zusammenhang damit stünde, dass einige Ratsmitglieder und „prominente
Persönlichkeiten“ im Bereich Hammerschmidtstraße / Hermannstraße wohnhaft
seien.
Dieses wird von der Bürgermeisterin energisch
bestritten. Es habe von keiner Seite irgendwelche Versuche gegeben, die
Entscheidung zu ihren Gunsten zu beeinflussen.
Die Ratsvorsitzende beendet die Sitzungsunterbrechung um
19.27 Uhr.