Beschluss: Abstimmung: mehrheitlich beschlossen:

Abstimmung: Ja: 20, Nein: 10, Enthaltungen: 0, Befangen: 0

Beschlussvorschlag:

 

 

Die Einführung eines Fremdenverkehrsbeitrages in der Stadt Jever wird beschlossen.

 

Zu diesem Zweck erlässt die Stadt Jever eine Fremdenverkehrsbeitragssatzung.

 

Der Beitragsmaßstab wird aus dem Umsatz, dem Vorteilssatz und dem Mindestgewinnsatz gebildet.

 

 


Herr Rüstmann führt in den Sachverhalt ein. Der eingeschaltete Fachanwalt, Herr Elmenhorst, habe angeregt, den Beschlussvorschlag im Interesse der Rechtssicherheit um folgenden Satz zu ergänzen:

 

Der Beitragsmaßstab wird aus dem Umsatz, dem Vorteilssatz und dem Mindestgewinnsatz gebildet.

 

Diese Ergänzung sei sinnvoll, damit der Bürger, bzw. Gewerbetreibende wisse, dass durch den heute gefassten Beschluss, die in diesem Satz genannten Auskünfte von der Stadt erhoben werden. Er empfehle daher, dieses Element zusätzlich in den Beschluss mit aufzunehmen.

 

Herr Janssen führt aus, dass über die Fremdenverkehrsabgabe seit mehreren Jahren diskutiert werde. Insofern sei der heutige Beschluss, diese einzuführen weder eine voreilige oder unüberlegte Entscheidung noch handele es sich um einen Schnellschuss. Seine Fraktion sei der Auffassung, dass es nunmehr dringend der Zustimmung bedürfe, da die Stadt das Geld zur Refinanzierung der Marketing- und Tourismus-GmbH benötige. Das werde der Stadt von der Kommunalaufsicht bereits seit Jahren ins Stammbuch geschrieben. Der Gesamtumsatz der in der Stadt Jever mit dem Tourismus erzielt werde belaufe sich auf ca. 15 Mio. € pro Jahr. Etwa 400.000 Tagesgäste besuchten die Stadt im Schnitt, die Zahl der Übernachtungen liege bei ca. 120.000 die Tendenz sei steigend. Diejenigen, die vom Tourismus profitieren, sollten sich nach Meinung der SPD auch entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit beteiligen. Dies gehe in seinen Augen nur mit einer entsprechenden Satzung und nicht auf freiwilliger Basis. Die bisherige Regelung, dass alle Bürger durch ihre Steuern den Tourismus finanzieren, sei ungerecht und könne so nicht weitergehen. In vielen Kommunen im Umkreis gebe es bereits entsprechende Satzungen und von einer möglichen Klagewelle dürfe man sich nicht abschrecken lassen. Stadtmarketing und Tourismus seien freiwillige Leistungen, die bei einer Ablehnung der Fremdenverkehrsabgabe in Frage gestellt werden müssten. Als er kürzlich als Zuhörer an der Finanzausschusssitzung teilgenommen hatte, habe er das Gefühl gehabt, im falschen Film zu sein. Kurz vor Toreschluss sei dort von einem CDU-Kollegen ein völlig unausgegorener Schnellschussvorschlag zur Einführung dieser Abgabe unterbreitet worden, mit dem Hinweis, hierfür brauche man dann noch 3 Monate Zeit. Zeit sei seit der Ablehnung in 2010 ausreichend vorhanden gewesen. Für ihn sehe das so aus, als wolle man die Einführung dieser Abgabe auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben. Seine Fraktion wolle, dass  Marketing- und Tourismus in Jever weiter professionell betrieben werde, darum stimme man für die Einführung dieser Abgabe.

 

Herr Schwanzar  erklärt, dass er im Hinblick auf die Einführung Fremdenverkehrsabgabe ein Minderheitsvotum abgeben werde. Er sei dafür, dass die Kosten des Stadtmarketings auf die verteilt werde, die vom Tourismus profitieren. Er habe mit einigen Kaufleuten im Vorfeld gesprochen und habe nicht den Eindruck gehabt, dass durch die Einführung das Engagement nachlasse, oder dadurch mit Einbrüchen im Umsatz und weiteren Leerständen zu rechnen sei. Er wünsche der Verwaltung Glück, es besser zu machen als im Wangerland, wo über 3 Jahre Prozesse geführt werden mussten. An eine Freiwilligkeit hingegen glaube er nicht und stimme insofern der Einführung der Fremdenverkehrsabgabe zu.

 

Herr Schönbohm führt aus, dass man leicht dazu neige, zu sagen:„Schon wieder eine neuer Steuer, noch mehr Bürokratie.“ Die Einführung der Fremdenverkehrsabgabe sei in seinen Augen hingegen eine völlig andere Situation. Die Förderung der Vermarktung der Stadt und des Tourismus sei seit Jahren mit steigenden Kosten verbunden und werde von allen Bürgern aus allgemeinen Steuergeldern finanziert. Doch dieses Geld reiche für die diversen freiwilligen Leistungen bei weitem nicht aus. Es gebe nur 3 Möglichkeiten das Defizit im Bereich Marketing- und Tourismus-GmbH zu senken. Die eine sei, ganz auf diese freiwillige Leistung zu verzichten, das sei aber nicht gewollt. Die andere sei, eine vorhandene Steuer zu erhöhen, da bleibe nur die Grundsteuer oder man erhebe eine Abgabe von denen, die von den Leistungen der Marketing- und Tourismus-AG profitieren. Seine Fraktion sei überwiegend der Meinung, dass die Einführung der Abgabe die gerechteste Lösung sei. Ein weiterer Vorteil sei, dass die Einnahme zweckgebunden sei und nicht in irgendwelchen schwarzen Löchern im Haushalt verschwinden könne. Auf Freiwilligkeit bei der Abgabe zu setzen, halte er für nicht praktikabel und die Rückmeldungen, die er aus der Kaufmannschaft und von Gewerbetreibenden erhalten habe, seien auch nicht positiv gewesen. Die Einführung der Abgabe sei eng verknüpft mit der Zukunft der Marketing- und Tourismus-AG, hier müsse eine zufriedenstellende Lösung gefunden werden und darauf geachtet werden, dass die Kosten nach Möglichkeit reduziert werden. Die SWG-Fraktion werde mehrheitlich dem Grundsatzbeschluss zur Einführung der Abgabe zustimmen.

 

Für die CDU-Fraktion erklärt Herr Zillmer, dass die Einführung der heute zur Abstimmung stehenden Fremdenverkehrsabgabe eine möglich Alternative zur vorgegebenen Konsolidierung des städtischen Haushaltes darstelle, zu der sich alle Mitglieder des Rates verpflichtet fühlen. Es sei aber eben nur eine Alternative und die Frage, die man sich bei der CDU gestellt habe sei, ob die Einführung mit dem derzeit vorhanden Personal zu stemmen sei, insbesondere wenn man die Erfahrungen anderer Kommunen mit in die Überlegungen einbeziehe. Hier zeigten es die Erfahrungen von Nachbarkommunen, wie schwer es sei eine gerichtsfeste Satzung zu erlassen. Einnahmen aus der Abgabe würden durch die Kosten der Prozesse wieder aufgefressen, so dass man keine Entlastung des Haushaltes erziele. In der Frage der Gerechtigkeit der Fremdenverkehrsabgabe werde argumentiert, dass nur so alle am Fremdenverkehr partizipierenden Unternehmen zu Abgaben herangezogen werden können. Unstrittig sei dabei aber wohl auch, wenn man feststelle, dass sich dieses nicht für jedes Unternehmen aus der sog. 2 Reihe, der mittelbar Betroffenen erschließe. Außerdem sei das für Jever favorisierte System über die Umsatzzahlen den Betrag zu errechnen aus Sicht der CDU nicht immer einwandfrei. Es sei weiterhin zu beachten, dass die erzielten Einnahmen zweckgebunden zu verwenden seien. Eine Verwendung für die derzeitigen zusätzlichen Ausgaben (z.B. Eisbahn, Blumenampeln) wäre angreifbar, da diese nicht unbedingt der Förderung des Tourismus zugeordnet werden können. Bestimme ein Verein selbst, könne über die Verwendung der Gelder frei entschieden werden. Daher habe die CDU Jever Überlegungen in eine andere Richtung angestellt. Aus ihrer Sicht sei die angestrebte Reduzierung der Haushaltsmittel auch anders zu erreichen. Hierzu habe man bereits Gespräche mit Betroffenen über Jever-Aktiv hinaus geführt und ein positives Echo erhalten. Auch sehe man die Möglichkeit in diesem System die Filialisten mit ins Boot zu nehmen. Bevor er zu den Details des Vorschlages ausführe, wolle er noch ein Wort zu den Vorwürfen, die CDU hätte sich schon viel früher mit ihrem Ansinnen artikulieren können, verlieren. Hierzu sei zu sagen, dass entsprechende Recherchen eben ihre Zeit bräuchten und die CDU sich auch nicht vorschreiben lassen wolle, wann sie solche Vorschläge unterbreite. Zum eigentlichen Vorschlag der CDU führt Herr Zillmer aus, dass man der Meinung sei, dass die Gewerbetreibenden beispielsweise einen Marketingverein gründen könnten, in dem sie zu jeweils festgelegten Beträgen eine Mitgliedschaft erhalten. Hier sei von Beträgen auszugehen, die jeweils etwas unterhalb des Fremdenverkehrsbeitrages blieben, aber auf freiwilliger Basis und die je nach Vorhaben auch aufgestockt werden könnten. Dieser Verein bestimme dann über seine Mitglieder, wie die eingenommenen Beiträge verwendet werden und in welcher Form die Bearbeitung stattfinde, z.B. Einstellung eines Geschäftsführers unter Vorgabe von zu erreichenden Zielen. Hier sei dann auch der große Unterschied zum Fremdenverkehrsbeitrag zu sehen, denn die Verwendung der Einnahmen aus dem Fremdenverkehrsbeitrag entscheide die Stadt. Die Gewerbetreibenden hätten keinerlei Einflussmöglichkeit. Eine grundsätzlich signalisierte Mitsprachemöglichkeit über Jever-Aktiv sei nicht gleichzusetzen, bei dem Modell der CDU würden alle Mitglieder über Ausgaben mitentscheiden können. Die Stadt Jever wäre ebenfalls zahlendes Mitglied in diesem Verein, allerdings nicht mehr mit dem derzeitigen Geldbetrag, sondern einem entsprechend reduzierten Betrag, was eine Ausgabensenkung und somit ein Schritt in Richtung Haushaltskonsolidierung wäre. Ein zusätzliches Argumente für eine solche Vorgehensweise sei, dass nach dem feststehenden Weggang des Geschäftsführers, der Fortbestand der GmbH in der jetzigen Form auf dem Prüfstand stehe. Die Bürgermeisterin werde vor einem Schnellschuss gewarnt, und eine sorgfältige Prüfung angeraten. Diese Abwägung könne in den beschriebenen Prozess mit einbezogen werden. Es gebe Kommunen, auch hier in der Region, die mit der skizzierten Verfahrensweise gute bis sehr gute Erfahrungen gemacht hätten. Man sei natürlich nicht so vermessen zu behaupten, dass es keine Probleme darstellen werde, alle Gewerbetreibenden zu erreichen, aber in einem ersten Schritt ausreichend viele. Die Erfahrungen der anderen Kommunen zeigten, dass es auch auf Dauer möglich sei und immer mehr Betriebe bereit seien, sich zu beteiligen. Daher stelle die CDU-Fraktion den Antrag:

 

Auf die Einführung des Fremdenverkehrsbeitrages wird vorerst verzichtet;

die Möglichkeit der Umsetzung der beschriebenen Vereinslösung, ggf. auch in einer anderen Rechtsform, im Zusammenspiel zwischen der Stadt und den Gewerbetreibenden, gerne auch unter Beteiligung der Politik ist zu prüfen.

 

Die Vorsitzende stellt den Antrag zunächst zurück und erteilt Herrn Hartl das Wort. Jever mache bei der Beschlussfassung um die Fremdenverkehrsabgabe eine Ausnahme. In anderen Kommunen seien Fremdenverkehrsbeiträge per „Stempel“ einfach als Satzung verordnet worden. Man sei vor 2 Jahren an einer Schwelle gewesen, wo sie vehement dagegen gestimmt hätten, aber nicht deshalb, weil man nicht davon überzeugt gewesen wäre, dass es haushaltspolitisch notwendig sei, sondern weil man zum damaligen Zeitpunkt den „Stempel“ nicht gewollt habe. Inzwischen habe man aber eine ganz andere Entwicklung. Wer sich unter den Gewerbetreibenden umhöre, bekomme zu hören, dass die Freiwilligkeit, auf deren Grundlage der Vorschlag der CDU aufbaue, von den Gewerbetreibenden nicht mehr gewollt sei. Hintergrund sei, eine gerechte Verteilung auf alle Nutznießer der Marketing- und Tourismus-GmbH. Der 2. Aspekt der ihnen wichtig sei, sei  die haushaltspolitische Notwendigkeit. Und der letzte Aspekt der seine Partei bewege, der Einführung jetzt zuzustimmen sei, dass den Betroffenen ein Mitspracherecht eingeräumt werde. Wie dieses formal umgesetzt werde, sei noch zu klären und man sei sich auch bewusst, dass es sich nicht um eine Mitbestimmung handele, aber wenn man sich am Ende des Jahres zusammensetze und berate, wie Gelder sinnvoll verwendet werden können, finde er dies richtig und es werde auch von den Gewerbetreibenden gewünscht. Man werde aus den dargelegten Gründen dem Beschlussvorschlag zustimmen.

 

Frau Glaum führt zu den Gründen aus, die die Grünen-Frauen dazu bewegt hätten, die Einführung des Fremdenverkehrsbeitrages abzulehnen. Man wolle die kleinen, inhabergeführten Geschäfte, die das besondere Flair der Innenstadt ausmachen, nicht mit zusätzlichen Abgaben belasten. Die Einzelhändler bezahlen schon heute für jeden Tisch und jeden Aufsteller und jeden Stuhl. Der hohe Leerstand beweise doch, dass es im Einzelhandel zunehmend schwerer geworden sei - vor allem im Winterhalbjahr - sich zu behaupten. Das möge für Hotels und Gaststätten zwar nicht in gleichem Maße gelten, aber den Leerstand könne man zukünftig auch nicht mit einer Fremdenverkehrsabgabe beseitigen, das Gegenteil sei wohl eher der Fall. Man befürchte außerdem, dass die eingenommenen Gelder nicht in dem Maße für touristische Aktivitäten ausgegeben würden, wie bisher. Es dürfe nach ihrer Meinung keine Abstriche beim Kiewitt-Markt, beim Brüll-Markt, bei der Eisbahn oder dem Blumenschmuck geben. Auch sei ihrer Meinung nach bisher zu wenig über die Verwaltungs- und Personalkosten, welche zukünftig auf die Stadt zukommen, gesprochen worden. Erhebung der Umsätze, Berechnung und Einteilung machten sich nicht von alleine. Und sei die Abgabe erst eingeführt, könne beliebig an der Steuerschraube gedreht werden. Das seien im Wesentlichen die Gründe, die Einführung abzulehnen.

 

Herr Husemann begründet sein abweichendes Abstimmungsverhalten zum einen mit der Verbesserung der Steuergerechtigkeit. Ein weiteres Argument seien der Erhalt und die Verbesserung der Maßnahmen rund um das Thema Tourismus durch eine gesicherte Finanzierung. Das dritte Argument für die Abgabe zu stimmen sei für ihn, dass durch die vorab durchgeführten Berechnungen des Fachanwaltes jegliche Erdrosselungen der Gewerbetreibenden vermieden werden, und zu guter Letzt haushalterische Gründe, nämlich dass bei einer freiwilligen Leistung  ein wenig Geld gespart werden könne und somit ein Beitrag zur Konsolidierung des städtischen Haushaltes geleistet werde. Diese Gründe seien für ihn tragend und so wichtig, dass er, abweichend zu seiner Fraktion, mit JA stimmen werde.

 

Die Vorsitzende lässt sodann über den Antrag der CDU abstimmen:

 

Auf die Einführung des Fremdenverkehrsbeitrages wird vorerst verzichtet;

die Möglichkeit der Umsetzung der beschriebenen Vereinslösung, ggf. auch in einer anderen Rechtsform, im Zusammenspiel zwischen der Stadt und den Gewerbetreibenden, gerne auch unter Beteiligung der Politik ist zu prüfen.

 

Abstimmung: mehrheitlich abgelehnt:  Ja 6  Nein 22  Enthaltung 2  Befangen 0 

 

Anschließend wird über den ursprünglichen Beschlussvorschlag abgestimmt: