Beschluss: Abstimmung: mehrheitlich beschlossen:

Abstimmung: Ja: 25, Nein: 2, Enthaltung: 1

Der Rat der Stadt Jever beschließt die im Entwurf beigefügte Satzung der Stadt Jever über die Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme von Kindertagesstätten mit der Maßgabe einer Einstiegsgebühr bei den Gebühren für die Regelkrippe:

ab dem 01.08.2013 in Höhe von:

·         85,00 EUR, bei einem Höchstsatz von 225,00 EUR für die Halbtagskrippe und

·         140,00 EUR, bei einem Höchstsatz von 385,00 EUR für die Ganztagskrippe


Herr Mühlena führt zu diesem Tagesordnungspunkt aus. Er freue sich über das Elterninteresse, es gebe ihm Gelegenheit zu erläutern, wie die Erhöhung zustande komme. Die letzte Gebührenanpassung sei vor knapp 11 Jahren im Jahr 2002 durchgeführt worden. Natürlich könne man sich die Fragen stellen, warum die Beiträge gerade jetzt angepasst werden müssten und hätte man nicht zwischendurch auch schon erhöhen können, bzw. müssen. Die Antwort sei „nein“, denn der Hintergrund für die jetzige Erhöhungen sei der vorgenommene Ausbau der bedarfsgerechten Versorgung der Kinder in Jever. Man sei den Wünschen der Eltern im letzten Jahr gefolgt und habe die Kinderbetreuung erheblich ausgeweitet. Dass dies Kostensteigerungen mit sich bringen werde, sei immer gesagt worden. Die Stadt Jever stoße hier auch an Grenzen Ihrer Leistungsfähigkeit.

Es habe gravierende Änderungen in der KiTa-Landschaft in Jever gegeben und die Situation sei so, dass bei insgesamt rückläufigen Kinderzahlen pro Jahrgang die Zahl der Betreuungsplätze dennoch allein seit 2010 um rund 15% gestiegen sei. Inzwischen gehe der Trend vermehrt zu Ganztagsgruppen, die mehr Personalstunden erforderten, auf Wunsch der Eltern werde Mittagsessen angeboten. Die Sonderöffnungszeiten seien ausgeweitet worden und würden stark in Anspruch genommen, man habe einen Hort neu ausgestattet und einen zweiten Hort eingerichtet. Innerhalb von wenigen Jahren sei die Zahl der Krippen von 1 Krippe auf in diesem Jahr insgesamt 5 Krippen erweitert worden. Die Anmeldezahlen belegten diesen Bedarf.

All diese Veränderungen hätten sich bislang nicht auf die Gebühren ausgewirkt. Im Hinblick auf die Gebührenhöhe seien Krippenplätze bislang wie Kindergartenplätze behandelt worden, was anfänglich bei 1 Krippe noch unproblematisch gewesen sei, weil 1 Krippe in einer Mischkalkulation mit aufgehe. Bei nunmehr 5 Krippen entwickele sich dies jetzt kostenmäßig zum Problemfall, da der Aufwand für die Krippenbetreuung erheblich höher sei. Der Betreuungsschlüssel liege bei KiGa-Gruppen bei 2 Kräften auf 25 Kinder rechnerisch bei 1:12,5. Bei Krippengruppen sei ein Schlüssel von 1:7,5 gesetzlich vorgegeben, durch die freiwillige zusätzliche 3. Kraft betrage der Schlüssel 1:5. Die Betreuungskosten seien daher zweieinhalb mal so hoch wie in einer Regelgruppe im KiGa. Auch wenn das Land zu den Kosten für Krippenplätze etwas mehr zuschieße, so bleibe ein Krippenplatz trotzdem mehr als doppelt so teuer wie ein KiGa-Platz.

Daher wurde eine Staffelung vorgeschlagen, die die Krippenplätze im Vergleich zu den Kindergartenplätzen teurer darstellt. Krippenplätze in Jever seien nicht zu teuer - sie seien in der Vergangehenheit zu billig gewesen. Auch der Aspekt der Beitragsgerechtigkeit, sei zu beachten. Man könne nicht von den Eltern der Kindergartenkinder erwarten, dass sie über ihre Beiträge die teureren Krippenplätze mit bezahlten.

Insgesamt seien rund 2,8 Mio Euro Jahreskosten für die Kinderbetreuung zu stemmen, lediglich 16 % der Kosten würden von den Eltern getragen, bei der Stadt Jever verbleibe ein Anteil von 51 %, bzw. 1,4 Mio Euro.  Die Gebühren seien weit davon entfernt, kostendeckend zu sein. Die Kosten eines Betreuungsplatzes betragen 5650,- € /Jahr oder 471,- €/Monat. Der durchschnittlicher Elternbeitrag betrage 1240,- €/Jahr oder 103,- €/Monat. Kein Elternteil in Jever müsse den Preis zahlen, den die Kinderbetreuung wirklich verursache, weil der Höchstbeitrag 390,- €/Monat betrage. Die Kinderbetreuung werde für alle Einkommensgruppen bis in die Höchstverdienergruppen vom Steuerzahler subventioniert. Von der ursprünglich angestrebten Drittel-Finanzierung,  1/3 Gemeinde, 1/3 Land und 1/3 Elternbeitrag sei man weit entfernt.

Abschließend sei zu sagen, dass es sich nicht abstreiten lasse, dass es teurer werde. Die Verteuerung der Gebühren für die Krippe sei dem Systemwechsel geschuldet. Allerdings seien bislang keine nennenswerten Beschwerden an die Stadt Jever herangetragen worden, von den Elternvertretern sei Verständnis signalisiert worden, da in den vorausgegangen Beratung angekündigt worden war, dass es teurer werde und auch aus den Kindergärten seien keine Hinweise auf Beschwerden an die Verwaltung herangetragen worden. Im Fachausschuss sei auf Anregung der Politik der ursprüngliche Beschlussvorschlag dahingehend modifiziert worden, die Erhöhung der Krippenbeiträge über 2 Jahre zu strecken.

Herr Andersen bedankt sich zunächst bei Herrn Mühlena für den gut vorbereiteten Vortrag. Bereits im Fachausschuss sei darüber beraten worden, wie die Erhöhung bei den Krippenplätzen moderater gestaltet werden könne. Es sei dort vorgeschlagen worden, die Beiträge im Krippenbereich nicht über 40% anzuheben. Dies sei für die 1. Stufe auch so passiert, doch leider seien dann in den weiteren Stufen statt 20,- Euro-Schritten, 25,- Euro-Schritte vorgenommen worden, so dass sich dort eine 58%-Erhöhung ergeben habe. Daher stelle er den Antrag, den Beschlussvorschlag insofern zu ändern:

Sowohl im Krippenbereich/4 Std.-Betreuung

als auch im Krippenbereich/8Std.-Betreuung

soll die Erhöhung 40% nicht übersteigen.

Herr Wolken führt aus, dass er eine persönliche Stellungnahme abgebe, die Stellungnahme der SPD-Fraktion werde im Anschluss der Fraktionsvorsitzende Herr Janßen abgeben. Als betroffenes Elternteil sei er, wie viele andere Eltern auch, mit der Gebührenerhöhung nicht einverstanden. Er wolle an 2 Beispielen deutlich machen, wie sich die Erhöhung auswirke. Der Beitrag für ein Kind in der Krippe (7.00 Uhr bis 14.00 Uhr incl. Sonderöffnungszeiten) erhöhe sich zum 01.08.13 in der niedrigsten Einkommensgruppe um 59%, bzw. 50,00 €/Monat, zum 01.08.2014 um dann insgesamt 76% bzw. 65,00 €/Monat. In der höchsten Einkommensgruppe erhöhe sich der Beitrag ab 01.01.13 um 57%, bzw. 113,00 € ab 01.08.2014 um 65%, bzw. 128,00 €.

Ein 2. Beispiel aus der Kindertagesstätte (ebenfalls 7.00 Uhr bis 14.00 Uhr incl. Sonderöffnungszeiten) Dort erhöhe sich der Beitrag wie folgt: Zum 01.08.13 in der niedrigsten Einkommensgruppe um 41%, bzw. 35,00 €/Monat, in der höchsten Einkommensgruppe ab 01.01.13 um 32%, bzw. 63,00 €/Monat. Wenn beide Elternteile arbeiten, komme man um Sonderöffnungszeiten nicht herum, diese erhöhen sich für die 1. Stunde um 54%, für die 2. Stunde um 94,5%. Auffällig sei, dass die unterste Einkommensgruppe prozentual stärker belastet werde als die höchste. Von moderaten Erhöhungen könne man daher nach seiner Auffassung nicht sprechen. Es sei unbestritten, dass die Kosten für Kinderbetreuung in den letzten Jahren gestiegen seien,

jedoch sollten einmalige Investitionskosten hier als Argument nicht herangezogen werden, zumal diese mit erheblichen Drittmittteln bezuschusst worden seien. Es blieben die Kostensteigerungen für zusätzliche Krippen und durch den erhöhten Betreuungsschlüssel sowie Tarifsteigerungen. Es sei aber nicht in Ordnung, wenn die Eltern, die jetzt ihre Kinder im Kindergarten/Krippenalter hätten, alleine für die Kostensteigerungen der letzten 10 Jahre herangezogen würden. Er sei nicht naiv und wisse, dass sich eine Erhöhung nicht verhindern lasse, werbe aber für eine Mehrheit,

dass die Beitragserhöhungen 2013/14 auf 50% dessen, was der eigentliche Beschlussvorschlag vorsehe, reduziert werden.

Herr Janßen legt dar, dass er die Zahlen von Herrn Wolken nicht ganz nachvollziehen könne. Die SPD-Fraktion sei bereit den Kompromiss-Vorschlag von Herrn Andersen mitzutragen. Betreuung in Krippen und Kindergärten sei Bildungsarbeit und müsse insofern eigentlich von Bund und Land bezahlt werden. Da dies jedoch nicht der Fall sei, müsse die Stadt Gebühren erheben. Ein Verzicht auf die 3. Kraft im Krippenbereich, wie beispielsweise im Wangerland, sei seitens seiner Fraktion keineswegs gewollt. Natürlich sei eine Gebührenerhöhung für die Betroffenen nicht schön, dennoch sei eine Erhöhung zum jetzigen Zeitpunkt erforderlich. Die Gebührenstaffelung sehe vor, dass Eltern je nach ihrem Leistungsvermögen zahlen. Das Angebot sei in den letzten Jahren erheblich verbessert worden und dies wirke sich zwangsläufig auch auf die Gebühren aus. Man wolle die Eltern nicht über Gebühr belasten, aber man habe einen defizitären Haushalt und könne, auch aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit, nicht alle Steuerzahler für die Erhöhung der Kosten bei der Kinderbetreuung heranziehen, beispielsweise durch eine Erhöhung der Grundsteuer. Man halte den Beschlussvorschlag mit der Modifizierung von Herrn Andersen für eine moderate Gebührenerhöhung, mit der seiner Meinung nach alle leben können müssten.

Für ihre Fraktion führt Frau Glaum aus, dass sehr großer Wert auf frühkindliche Bildung gelegt werde. Sie sei froh, dass an nahezu jedem Kindergartenstandort inzwischen auch eine Krippe eingerichtet sei. Auch sei die 3. Kraft in den Krippengruppen in ihren Augen erforderlich. Sie hoffe, dass die neue Landesregierung und ggf. auch der Bund, den Kommunen mehr Geld für die Kinderbetreuung zur Verfügung stelle, so dass, wenn möglich, die Beiträge in Zukunft wieder zurückgefahren werden könnten.Den Vorschlag, der moderaten Anpassung, von Herrn Andersen könne ihre Fraktion sich anschließen.

Für die SWG-Fraktion führt Herr Schönbohm aus, dass man zum Haushalt beantragen wolle, die Wirtschaftförderung aus dem Haushalt herauszustreichen, und dieses Geld den Kindertageseinrichtungen zur Verfügung zu stellen, um die Beiträge weniger stark zu erhöhen.

Hierzu erwidert Herr Rüstmann, dass es sich um unterschiedliche Haushalte handele, das eine betreffe den investiven Haushalt, das andere den Ergebnishaushalt, die beiden Positionen seien nicht gegeneinander austauschbar.

Herr Hartl weist darauf hin, dass die Beiträge und Diskussionen zeigten, in welcher prekären Situation man sich befinde. Jever sei eine kleine Kommune, mit rund 14.000 Einwohnern. Die von der Stadt zu tragenden Kosten für die Kinderbetreuung beliefen sich auf 1,4 Mio Euro und es sei einfach nicht möglich, die Qualität zu erhalten, ohne die Elternbeiträge zumindest moderat zu erhöhen. Man könne natürlich zum großen politischen Rundumschlag ausholen, aber man müsse sich mit den Vorort zugrunde liegenden Fakten auseinandersetzen und er gebe zu bedenken, dass auch die neue Landesregierung nicht mehr Geld zur Verfügung habe als die alte. Natürlich sei es wünschenswert, dass sich die Verhältnisse ändern, doch habe man hier vor Ort wenig Einfluss darauf. Seine Fraktion trage den Vorschlag der Verwaltung mit der eingebrachten Modifizierung mit, weil man eben nicht anders könne.

Da von Seiten der Eltern keine weiteren Wortmeldungen vorliegen lässt die Vorsitzende über die Beschlussvorschläge abstimmen.

Vorab gibt Herr Müller noch einmal die entsprechenden Zahlen bekannt, die sich aus dem Antrag von Herrn Andersen ergeben:

1. Stufe Halbtagskrippe   85,00 € / statt 100,00 €

2. Stufe Halbtagskrippe 105,00 € / statt 125,00 €

3. Stufe Halbtagskrippe 125,00 € / statt 150,00 €

4. Stufe Halbtagskrippe 145,00 € / statt 175,00 €

5. Stufe Halbtagskrippe 165,00 € / statt 200,00 €

6. Stufe Halbtagskrippe 185,00 € / statt 225,00 €

7. Stufe Halbtagskrippe 205,00 € / statt 250,00 €

8. Stufe Halbtagskrippe 225,00 € / statt 275,00 €

1. Stufe Ganztagskrippe 140,00 € / statt 145,00 €

2. Stufe Ganztagskrippe 175,00 € / statt 180,00 €

3. Stufe Ganztagskrippe 210,00 € / statt 215,00 €

4. Stufe Ganztagskrippe 245,00 € / statt 250,00 €

5. Stufe Ganztagskrippe 280,00 € / statt 285,00 €

6. Stufe Ganztagskrippe 315,00 € / statt 320,00 €

7. Stufe Ganztagskrippe 350,00 € / statt 355,00 €

8. Stufe Ganztagskrippe 385,00 € / statt 390,00 €

Antrag von Herrn Andersen:

·         Die Erhöhung der Beiträge für die Krippe soll 40% nicht übersteigen

·         zum 01.08.2014 erfolgt keine weitere Erhöhung der Beiträge

Dieser Antrag wird mit 27 Ja-Stimmen 1 Nein-Stimme angenommen.

Antrag von Herrn Wolken:

·         Die beschlossene Erhöhung zum 01.08.2013 wir halbiert

·         Zum 01.08.2013 und 01.08.2014 wird der Beitrag um jeweils 20% erhöht.

Der Antrag wird mit 2 Ja-Stimmen 22 Nein-Stimmen und 4 Enthaltungen abgelehnt.

Der Rat der Stadt Jever beschließt sodann: