Sitzung: 28.02.2013 Rat der Stadt Jever
Beschluss: Abstimmung: mehrheitlich beschlossen:
Abstimmung: Ja: 25, Nein: 2, Enthaltung: 1
Vorlage: BV/0306/2011-2016
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Der
Rat der Stadt Jever beschließt die im Entwurf beigefügte Satzung der Stadt
Jever über die Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme von
Kindertagesstätten mit der Maßgabe einer Einstiegsgebühr bei den Gebühren für
die Regelkrippe:
ab
dem 01.08.2013 in Höhe von: ·
85,00 EUR, bei einem Höchstsatz von
225,00 EUR für die Halbtagskrippe und ·
140,00 EUR, bei einem Höchstsatz von
385,00 EUR für die Ganztagskrippe |
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Herr Mühlena führt zu diesem Tagesordnungspunkt aus.
Er freue sich über das Elterninteresse, es gebe ihm Gelegenheit zu erläutern,
wie die Erhöhung zustande komme. Die letzte Gebührenanpassung sei vor knapp 11
Jahren im Jahr 2002 durchgeführt worden. Natürlich könne man sich die Fragen
stellen, warum die Beiträge gerade jetzt angepasst werden müssten und hätte man
nicht zwischendurch auch schon erhöhen können, bzw. müssen. Die Antwort sei
„nein“, denn der Hintergrund für die jetzige Erhöhungen sei der vorgenommene
Ausbau der bedarfsgerechten Versorgung der Kinder in Jever. Man sei den
Wünschen der Eltern im letzten Jahr gefolgt und habe die Kinderbetreuung
erheblich ausgeweitet. Dass dies Kostensteigerungen mit sich bringen werde, sei
immer gesagt worden. Die Stadt Jever stoße hier auch an Grenzen Ihrer
Leistungsfähigkeit.
Es habe gravierende Änderungen in der
KiTa-Landschaft in Jever gegeben und die Situation sei so, dass bei insgesamt
rückläufigen Kinderzahlen pro Jahrgang die Zahl der Betreuungsplätze dennoch
allein seit 2010 um rund 15% gestiegen sei. Inzwischen gehe der Trend vermehrt
zu Ganztagsgruppen, die mehr Personalstunden erforderten, auf Wunsch der Eltern
werde Mittagsessen angeboten. Die Sonderöffnungszeiten seien ausgeweitet worden
und würden stark in Anspruch genommen, man habe einen Hort neu ausgestattet und
einen zweiten Hort eingerichtet. Innerhalb von wenigen Jahren sei die Zahl der
Krippen von 1 Krippe auf in diesem Jahr insgesamt 5 Krippen erweitert worden.
Die Anmeldezahlen belegten diesen Bedarf.
All diese Veränderungen hätten sich
bislang nicht auf die Gebühren ausgewirkt. Im Hinblick auf die Gebührenhöhe
seien Krippenplätze bislang wie Kindergartenplätze behandelt worden, was
anfänglich bei 1 Krippe noch unproblematisch gewesen sei, weil 1 Krippe in
einer Mischkalkulation mit aufgehe. Bei nunmehr 5 Krippen entwickele sich dies
jetzt kostenmäßig zum Problemfall, da der Aufwand für die Krippenbetreuung
erheblich höher sei. Der Betreuungsschlüssel liege bei KiGa-Gruppen bei 2
Kräften auf 25 Kinder rechnerisch bei 1:12,5. Bei Krippengruppen sei ein
Schlüssel von 1:7,5 gesetzlich vorgegeben, durch die freiwillige zusätzliche 3.
Kraft betrage der Schlüssel 1:5. Die Betreuungskosten seien daher zweieinhalb
mal so hoch wie in einer Regelgruppe im KiGa. Auch wenn das Land zu den Kosten
für Krippenplätze etwas mehr zuschieße, so bleibe ein Krippenplatz trotzdem
mehr als doppelt so teuer wie ein KiGa-Platz.
Daher wurde eine Staffelung
vorgeschlagen, die die Krippenplätze im Vergleich zu den Kindergartenplätzen
teurer darstellt. Krippenplätze in Jever seien nicht zu teuer - sie seien in
der Vergangehenheit zu billig gewesen. Auch der Aspekt der
Beitragsgerechtigkeit, sei zu beachten. Man könne nicht von den Eltern der
Kindergartenkinder erwarten, dass sie über ihre Beiträge die teureren
Krippenplätze mit bezahlten.
Insgesamt seien rund 2,8 Mio Euro
Jahreskosten für die Kinderbetreuung zu stemmen, lediglich 16 % der Kosten
würden von den Eltern getragen, bei der Stadt Jever verbleibe ein Anteil von 51
%, bzw. 1,4 Mio Euro. Die Gebühren seien
weit davon entfernt, kostendeckend zu sein. Die Kosten eines Betreuungsplatzes
betragen 5650,- € /Jahr oder 471,- €/Monat. Der durchschnittlicher
Elternbeitrag betrage 1240,- €/Jahr oder 103,- €/Monat. Kein Elternteil in
Jever müsse den Preis zahlen, den die Kinderbetreuung wirklich verursache, weil
der Höchstbeitrag 390,- €/Monat betrage. Die Kinderbetreuung werde für alle
Einkommensgruppen bis in die Höchstverdienergruppen vom Steuerzahler
subventioniert. Von der ursprünglich angestrebten Drittel-Finanzierung, 1/3 Gemeinde, 1/3 Land und 1/3 Elternbeitrag
sei man weit entfernt.
Abschließend sei zu sagen, dass es sich
nicht abstreiten lasse, dass es teurer werde. Die Verteuerung der Gebühren für
die Krippe sei dem Systemwechsel geschuldet. Allerdings seien bislang keine
nennenswerten Beschwerden an die Stadt Jever herangetragen worden, von den
Elternvertretern sei Verständnis signalisiert worden, da in den vorausgegangen
Beratung angekündigt worden war, dass es teurer werde und auch aus den
Kindergärten seien keine Hinweise auf Beschwerden an die Verwaltung
herangetragen worden. Im Fachausschuss sei auf Anregung der Politik der
ursprüngliche Beschlussvorschlag dahingehend modifiziert worden, die Erhöhung
der Krippenbeiträge über 2 Jahre zu strecken.
Herr Andersen bedankt sich zunächst bei Herrn Mühlena
für den gut vorbereiteten Vortrag. Bereits im Fachausschuss sei darüber beraten
worden, wie die Erhöhung bei den Krippenplätzen moderater gestaltet werden
könne. Es sei dort vorgeschlagen worden, die Beiträge im Krippenbereich nicht
über 40% anzuheben. Dies sei für die 1. Stufe auch so passiert, doch leider
seien dann in den weiteren Stufen statt 20,- Euro-Schritten, 25,- Euro-Schritte
vorgenommen worden, so dass sich dort eine 58%-Erhöhung ergeben habe. Daher
stelle er den Antrag, den Beschlussvorschlag insofern zu ändern:
Sowohl im Krippenbereich/4
Std.-Betreuung
als auch im
Krippenbereich/8Std.-Betreuung
soll die Erhöhung 40% nicht übersteigen.
Herr Wolken führt aus, dass er eine persönliche
Stellungnahme abgebe, die Stellungnahme der SPD-Fraktion werde im Anschluss der
Fraktionsvorsitzende Herr Janßen abgeben. Als betroffenes Elternteil sei er,
wie viele andere Eltern auch, mit der Gebührenerhöhung nicht einverstanden. Er
wolle an 2 Beispielen deutlich machen, wie sich die Erhöhung auswirke. Der Beitrag
für ein Kind in der Krippe (7.00 Uhr bis 14.00 Uhr incl. Sonderöffnungszeiten)
erhöhe sich zum 01.08.13 in der niedrigsten Einkommensgruppe um 59%, bzw. 50,00
€/Monat, zum 01.08.2014 um dann insgesamt 76% bzw. 65,00 €/Monat. In der
höchsten Einkommensgruppe erhöhe sich der Beitrag ab 01.01.13 um 57%, bzw.
113,00 € ab 01.08.2014 um 65%, bzw. 128,00 €.
Ein 2. Beispiel aus der
Kindertagesstätte (ebenfalls 7.00 Uhr bis 14.00 Uhr incl. Sonderöffnungszeiten)
Dort erhöhe sich der Beitrag wie folgt: Zum 01.08.13 in der niedrigsten
Einkommensgruppe um 41%, bzw. 35,00 €/Monat, in der höchsten Einkommensgruppe
ab 01.01.13 um 32%, bzw. 63,00 €/Monat. Wenn beide Elternteile arbeiten, komme
man um Sonderöffnungszeiten nicht herum, diese erhöhen sich für die 1. Stunde
um 54%, für die 2. Stunde um 94,5%. Auffällig sei, dass die unterste
Einkommensgruppe prozentual stärker belastet werde als die höchste. Von
moderaten Erhöhungen könne man daher nach seiner Auffassung nicht sprechen. Es
sei unbestritten, dass die Kosten für Kinderbetreuung in den letzten Jahren
gestiegen seien,
jedoch sollten einmalige
Investitionskosten hier als Argument nicht herangezogen werden, zumal diese mit
erheblichen Drittmittteln bezuschusst worden seien. Es blieben die
Kostensteigerungen für zusätzliche Krippen und durch den erhöhten
Betreuungsschlüssel sowie Tarifsteigerungen. Es sei aber nicht in Ordnung, wenn
die Eltern, die jetzt ihre Kinder im Kindergarten/Krippenalter hätten, alleine
für die Kostensteigerungen der letzten 10 Jahre herangezogen würden. Er sei
nicht naiv und wisse, dass sich eine Erhöhung nicht verhindern lasse, werbe
aber für eine Mehrheit,
dass die Beitragserhöhungen 2013/14 auf
50% dessen, was der eigentliche Beschlussvorschlag vorsehe, reduziert werden.
Herr Janßen legt dar, dass er die Zahlen von Herrn
Wolken nicht ganz nachvollziehen könne. Die SPD-Fraktion sei bereit den
Kompromiss-Vorschlag von Herrn Andersen mitzutragen. Betreuung in Krippen und
Kindergärten sei Bildungsarbeit und müsse insofern eigentlich von Bund und Land
bezahlt werden. Da dies jedoch nicht der Fall sei, müsse die Stadt Gebühren
erheben. Ein Verzicht auf die 3. Kraft im Krippenbereich, wie beispielsweise im
Wangerland, sei seitens seiner Fraktion keineswegs gewollt. Natürlich sei eine
Gebührenerhöhung für die Betroffenen nicht schön, dennoch sei eine Erhöhung zum
jetzigen Zeitpunkt erforderlich. Die Gebührenstaffelung sehe vor, dass Eltern
je nach ihrem Leistungsvermögen zahlen. Das Angebot sei in den letzten Jahren
erheblich verbessert worden und dies wirke sich zwangsläufig auch auf die
Gebühren aus. Man wolle die Eltern nicht über Gebühr belasten, aber man habe
einen defizitären Haushalt und könne, auch aus Gründen der
Beitragsgerechtigkeit, nicht alle Steuerzahler für die Erhöhung der Kosten bei
der Kinderbetreuung heranziehen, beispielsweise durch eine Erhöhung der
Grundsteuer. Man halte den Beschlussvorschlag mit der Modifizierung von Herrn
Andersen für eine moderate Gebührenerhöhung, mit der seiner Meinung nach alle
leben können müssten.
Für ihre Fraktion führt Frau Glaum aus,
dass sehr großer Wert auf frühkindliche Bildung gelegt werde. Sie sei froh,
dass an nahezu jedem Kindergartenstandort inzwischen auch eine Krippe
eingerichtet sei. Auch sei die 3. Kraft in den Krippengruppen in ihren Augen
erforderlich. Sie hoffe, dass die neue Landesregierung und ggf. auch der Bund,
den Kommunen mehr Geld für die Kinderbetreuung zur Verfügung stelle, so dass,
wenn möglich, die Beiträge in Zukunft wieder zurückgefahren werden könnten.Den
Vorschlag, der moderaten Anpassung, von Herrn Andersen könne ihre Fraktion sich
anschließen.
Für die SWG-Fraktion führt Herr
Schönbohm aus, dass man zum Haushalt beantragen wolle, die
Wirtschaftförderung aus dem Haushalt herauszustreichen, und dieses Geld den
Kindertageseinrichtungen zur Verfügung zu stellen, um die Beiträge weniger
stark zu erhöhen.
Hierzu erwidert Herr Rüstmann,
dass es sich um unterschiedliche Haushalte handele, das eine betreffe den
investiven Haushalt, das andere den Ergebnishaushalt, die beiden Positionen
seien nicht gegeneinander austauschbar.
Herr Hartl weist darauf hin, dass die Beiträge und
Diskussionen zeigten, in welcher prekären Situation man sich befinde. Jever sei
eine kleine Kommune, mit rund 14.000 Einwohnern. Die von der Stadt zu tragenden
Kosten für die Kinderbetreuung beliefen sich auf 1,4 Mio Euro und es sei
einfach nicht möglich, die Qualität zu erhalten, ohne die Elternbeiträge
zumindest moderat zu erhöhen. Man könne natürlich zum großen politischen
Rundumschlag ausholen, aber man müsse sich mit den Vorort zugrunde liegenden
Fakten auseinandersetzen und er gebe zu bedenken, dass auch die neue
Landesregierung nicht mehr Geld zur Verfügung habe als die alte. Natürlich sei
es wünschenswert, dass sich die Verhältnisse ändern, doch habe man hier vor Ort
wenig Einfluss darauf. Seine Fraktion trage den Vorschlag der Verwaltung mit
der eingebrachten Modifizierung mit, weil man eben nicht anders könne.
Da von Seiten der Eltern keine weiteren
Wortmeldungen vorliegen lässt die Vorsitzende über die
Beschlussvorschläge abstimmen.
Vorab gibt Herr Müller noch einmal die
entsprechenden Zahlen bekannt, die sich aus dem Antrag von Herrn Andersen
ergeben:
1. Stufe Halbtagskrippe 85,00 € / statt 100,00 €
2. Stufe Halbtagskrippe 105,00 € / statt
125,00 €
3. Stufe Halbtagskrippe 125,00 € / statt
150,00 €
4. Stufe Halbtagskrippe 145,00 € / statt
175,00 €
5. Stufe Halbtagskrippe 165,00 € / statt
200,00 €
6. Stufe Halbtagskrippe 185,00 € / statt
225,00 €
7. Stufe Halbtagskrippe 205,00 € / statt
250,00 €
8. Stufe Halbtagskrippe 225,00 € / statt
275,00 €
1. Stufe Ganztagskrippe 140,00 € / statt
145,00 €
2. Stufe Ganztagskrippe 175,00 € / statt
180,00 €
3. Stufe Ganztagskrippe 210,00 € / statt
215,00 €
4. Stufe Ganztagskrippe 245,00 € / statt
250,00 €
5. Stufe Ganztagskrippe 280,00 € / statt
285,00 €
6. Stufe Ganztagskrippe 315,00 € / statt
320,00 €
7. Stufe Ganztagskrippe 350,00 € / statt
355,00 €
8. Stufe Ganztagskrippe 385,00 € / statt
390,00 €
Antrag von Herrn Andersen:
·
Die
Erhöhung der Beiträge für die Krippe soll 40% nicht übersteigen
·
zum 01.08.2014 erfolgt keine weitere
Erhöhung der Beiträge
Dieser Antrag wird mit 27 Ja-Stimmen 1
Nein-Stimme angenommen.
Antrag von Herrn Wolken:
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Die
beschlossene Erhöhung zum 01.08.2013 wir halbiert
·
Zum
01.08.2013 und 01.08.2014 wird der Beitrag um jeweils 20% erhöht.
Der Antrag wird mit 2 Ja-Stimmen 22
Nein-Stimmen und 4 Enthaltungen abgelehnt.
Der Rat der Stadt Jever beschließt sodann: