Sitzung: 19.08.2013 Ausschuss für Finanzen und Liegenschaften
Beschluss: Abstimmung: einstimmig beschlossen:
Abstimmung: Ja: 6, Nein: 0, Enthaltungen: 0
Vorlage: BV/0432/2011-2016
Beschlussvorschlag:
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Die
Angelegenheit wird in die Fraktionen zurückverwiesen und im nächsten
Finanzausschuss (07.10.2013) erneut beraten. |
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Herr Rüstmann führt in den Sachverhalt ein. Die
seinem Vortrag zugrunde liegende Power-Point-Präsentation ist dem Protokoll in
der Anlage beigefügt.
Ziel dieses Beteiligungsmodelles sei
eine dauerhafte Verankerung des Energieversorgers in der Region. Den Kommunen -
insgesamt 288 niedersächsischen Städten und Gemeinden – sei eine Beteiligung an
der EWE Netz GmbH, die aktuell mit 1,9 Milliarden Euro bewertet sei, über eine
Beteiligungsgesellschaft angeboten worden, in 2013 im
Gesamtumfang von 4,9 % und in 2018 dann bis maximal 25,1 %.
Mit
dem Beteiligungsangebot strebe die EWE eine Intensivierung der Zusammenarbeit
mit den Kommunen an. Über die Beteiligungsgesellschaft können die Kommunen
Einfluss auf die EWE Netz nehmen. Je
nach Beteiligungsumfang wird die Gesellschaft bis zu drei
Aufsichtsratsmitglieder von 18 stellen. Faktisch bleiben die
Einflussmöglichkeiten aufgrund der Minderheitsbeteiligung aber begrenzt.
Für
die Stadt Jever stehe im Jahr 2013 ein Anteil von 471.000 € zur Verfügung, 2018
dann der Gesamtanteil von 2.425.000 €. Das von den Kommunen eingesetzte Kapital
werde angemessen verzinst. Die Beteiligungsgesellschaft erhält dabei nach Abzug
der heute geltenden Körperschaftssteuer- bzw. Solidaritätszuschlagssteuersätze
eine jährliche Garantiedividende von 4,75 %.
Im
Rahmen der Ausgabe der zweiten Beteiligungstranche 2018 werde die
Unternehmensbewertung EWE Netz aktualisiert. Dieses könne zu einer Anpassung
der Garantiedividende nach oben, aber auch nach unten führen. Im Falle einer
negativen Entwicklung wird für die Dauer der Mindestlaufzeit des Vertrages bis
2028 von der EWE AG ein Ausgleich in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen
alter und neuer Dividende gewährt.
Für
die Stadt Jever ergäbe sich bei einer Vollfinanzierung und einem kalkulierten
Zinssatz von 2,2 % nach Abzug von Zinsen und Steuern ein Nettozufluss von 8000
€ im Jahr. Dieser Betrag könnte dann für die Tilgung eingesetzt werden.
Mit
der zweiten Tranche würde der Nettoertrag sich auf 44.000 € belaufen.
Nach
Ablauf der Vertragszeit im Jahr 2028 verbleibe ein Restdarlehensbetrag von ca.
70 %. Der Gegenwert der Beteiligung werde diesen voraussichtlich deutlich
übersteigen, so dass sich durch die Investition die Nettoposition der Stadt
Jever insgesamt erhöhen würde. Diese bilanzielle Verbesserung wäre dann
kostenneutral für die Stadt erreicht worden.
Allerdings
sei eine solche Anlage wie jede wirtschaftliche Betätigung auch mit Risiken
behaftet. Die beiden wesentlichen Risiken lägen in einer Insolvenz der EWE AG
sowie in einem Wertverlust der EWE Netz. Dieses könne im Maximalfall zu einem
kompletten Verlust der Einlage führen. Ein solches Szenario ist nach der
bisherigen Geschäftsentwicklung der Unternehmen unwahrscheinlich, bei der
Dynamik wirtschaftlicher Prozesse kann ein solcher Fall jedoch nicht
kategorisch ausgeschlossen werden.
Daran
ändere auch die Tatsachen nichts, dass zum einen der Verkaufsprospekt für das
Beteiligungsmodell von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
genehmigt worden sei und zum anderen die Kommunalaufsicht des Landkreises
Friesland die Angelegenheit bis hin zur Darlehensgenehmigung gemäß
Energienetzerlass des Landes Niedersachsen mit trage.
Aufgrund
der in der Beteiligung enthaltenen spekulativen Elemente habe sich die
Verwaltung darauf beschränkt, Chancen und Risiken darzulegen, ohne einen
Beschlussvorschlag zu unterbreiten.
Letztlich
müsse jedes Ratsmitglied für sich entscheiden, ob es einer Beteiligung
zustimmen wolle. Dabei sollte bei der Entscheidungsfindung nicht der mögliche
wirtschaftliche Erfolg im Vordergrund stehen, denn dieser Ansatz würde die
spekulativen Elemente unterstreichen. Rechtfertigen könne man eine Zustimmung
im Grunde nur darüber, dass die Beteiligung ausdrücklich der Sicherung der
örtlichen Lebensgrundlagen und dem Einfluss auf die Mitgestaltung der
Energiewende diene.
Alternativ
bestehe die Möglichkeit, einer Mindestbeteiligung. Diese reduziere das
Anlagerisiko auf einen Betrag von 10.045,44 €. Damit hätte die Stadt dann eine
Solidarbeitrag für die Daseinsvorsorge
geleistet und wäre an der weiteren Entwicklung der EWE Netz beteiligt, ohne ein
großes finanzielles Risiko einzugehen.
Sofern
die Tendenz im Fachausschuss zu einer Beteiligung im maximalen Umfang gehe,
würde zum nachfolgenden Verwaltungsausschuss ein Nachtragshaushalt vorgelegt
werden, der ausschließlich die Darlehensaufnahme für die Beteiligung regele.
Die
Mindestbeteiligung könne über eine außerplanmäßige Ausgabe geregelt werden.
Abschließend
weise er darauf hin, dass eine Beteiligung der Stadt Jever am EWE-Netz der
Stadt Jever nicht die Freiheit nehme, sich im Jahr 2020 bei der Neuvergabe der
Leitungsrechte für einen anderen Partner zu entscheiden. Allerdings stehe der
EWE dann ein Kündigungsrecht zu der Netzbeteiligung zu.
Außerdem
sei darauf hinzuweisen, dass die Zeichnungsfrist am 11. Oktober ende, eine
Verlängerung der Frist sei denkbar, jedoch nicht sicher.
Auf
Anfrage von Frau Bunjes erkärt Herr Rüstmann, dass sich bislang
15 Kommunen für eine Beteiligung entschieden hätten, viele weitere seien noch
im Beratungs- und Entscheidungsprozess.
Herr
Hartl gibt zu Bedenken, dass im Zuge der Energiewende ein
knallharter Konkurrenzkampf tobe und man folglich die Risiken nicht außer Acht
lassen dürfe. Außerdem stehe der EWE ein Kündigungsrecht zu, wenn sich die
Stadt 2020 bei der Neuvergabe der Leitungsrechte für einen anderen Partner
entscheide.
Frau
Rasenack, führt aus, dass es sie störe, dass die Stadt nach Ablauf
der Vertragszeit 2028 noch ein Restdarlehensbetrag i.H.v. 70 % „an der Backe“
habe.
Herr
Fessel gibt zu Bedenken, dass die Entwicklung der Gesellschaft und
damit der Wert nicht abzusehen sei. Einen Beitrag zur Daseinsvorsorge könne er
nicht erkennen, da das Netz auch ohne Beteiligung der Stadt bestehen bleiben
werde. Herr Rüstmann erwidert, dass der Ministerialerlass zu
Beteiligungen festgestellt habe, dass die Beteiligung der örtlichen
Versorgungssicherheit und somit der Daseinsvorsorge der örtlichen Gemeinschaft
diene. Ein Netz in öffentlicher Hand sei sicherer als ein Netz in privater
Hand.
Dennoch,
so Herr Fessel, bleibe es eine Minderheitsbeteiligung, wieso das Netz
dann sicherer werde erschließe sich ihm nicht. Für handele es sich um eine
risikobehaftete Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft.
Die
Frage von Frau Bunjes, ob es nicht sinnvoll sei, hierzu einen Vertreter
der Kommunalaufsicht zu hören, beantwortet Herr Rüstmann dahingehend,
dass dies vermutlich nicht hilfreich sei, da die Aufsicht ja bereits die
Rechtmäßigkeit der Beteiligung im Vorfeld bestätigt habe.
Nach weiterer Aussprache wird aufgrund des bestehenden Beratungsbedarfs folgender Beschlussvorschlag unterbreitet: