Ratsherr Hartl stellt zunächst einmal die Bedeutung des Wortes Moratorium richtig. Er führt aus, dass in ganz Deutschland die Zeichen der Energiewende sichtbar seien und weist darauf hin, dass im Landkreis Friesland Windkraftanlagen bereits über den notwendigen Bedarf hinaus errichtet worden seien und dass er sein Soll an MW-Leistung mittlerweile erfüllt habe.

 

Er erklärt, dass die FDP-Fraktion davon überzeugt sei, dass die Entscheidung für die Erstellung einer Potenzialstudie mit der notwendigen Kartierung, die vor ungefähr einem Jahr vom zuständigen Planungsbüro erläutert worden sei, richtig gewesen sei. Denn im Laufe dieses Prozesses habe die FDP-Fraktion durch Informationen seitens der Planer, der Betreiber von Windkraftanlagen sowie von den gegründeten Bürgerinitiativen, Erkenntnisse gewonnen, ohne die eine Entscheidungsfindung und die Bildung einer fundierten Meinung nicht möglich gewesen wäre.

 

Er erklärt, dass die ausschlaggebenden Faktoren für die Erwirkung eines Aufschubes zum einen die Tatsache sei, dass die gutachterliche Auseinandersetzung im Bereich der gesundheitlichen Auswirkungen von Windkraftanlagen noch keinen Abschluss gefunden habe sowie zum anderen die Tatsache, dass es auch juristische Belange gebe, die für die Entscheidungsträger möglicherweise berücksichtigt werden müssten und noch nicht endgültig geklärt seien.

 

Er betont, dass das Wohl der Menschen, ihre Unversehrtheit und die damit verbundene Zufriedenheit die wichtigsten Güter darstellten. Soweit diese nicht einhundertprozentig gewährleistet werden könnten, könne die FDP-Fraktion auch keine weiteren Entscheidungen treffen, die sie dann möglicherweise in rechtswirksame Abhängigkeiten führe.

 

Den Vorwurf von Herrn Rüstmann „Druck ausüben und den Ratsleuten Angst machen, ist schlechter politischer Stil“ weist er entschieden zurück und erklärt, dass der Hinweis auf mögliche rechtliche Belange das Ergebnis der bisher gewonnenen Kenntnisse sei.

 

Zudem führt Ratsherr Hartl an, dass er den Vorwurf des Bürgermeisters in der Fachausschusssitzung „warum denn keiner den Antrag stellt, dass Planverfahren zu beenden und stattdessen nur rumgeeiert wird, dass es eine Sau graust“ für unangemessen halte. Dieses könne durchaus als Missachtung der Ratsarbeit verstanden werden. Auch stelle es einen Affront gegen eine große Anzahl von besorgten Bürgern dar, die durchaus seine Wertschätzung verdient hätten. Er erklärt, dass sie erst nach dem Grundsatzbeschluss die Gelegenheit gehabt hätten, sich mit der Gesamtthematik auseinanderzusetzen. Außerdem seien sie durch die allgemeine Diskussion in der Region erst für bestimmte Gedankensätze sensibilisiert worden.

 

Weiterhin weist er darauf hin, dass die Bundesregierung sich zurzeit in einem neuen Gesetzgebungsverfahren für erneuerbare Energien befinde, welches voraussichtlich Anfang 2017 mit zahlreichen Änderungen rechtskräftig werden solle und somit andere Rahmenbedingungen für die Ausweitung von Windparks beinhalten werde. Auch der Bundeswirtschaftsminister stelle den nahezu uneingeschränkten Ausbau von Windkraft auf dem Land mittlerweile kritisch in Frage.  Auch gerade vor diesem Hintergrund sei es nur vernünftig, zunächst innezuhalten um dann eine nachhaltige Entscheidung treffen zu können. Er betont, dass es sich um einen schweren Abwägungsprozess handle, bei dem die Bedürfnisse aller Bürger berücksichtigt werden müssten und nicht nur die einer bestimmten Klientel, die natürlich ebenso das Recht auf die Erfüllung ihrer legitimen Interessen hätten. Auf Grund der bisher gewonnenen, jedoch noch unvollständigen Erkenntnisse, halte die FDP-Fraktion es für absolut notwendig, dass nach ihrer Vorstellung beantragte Moratorium zu beschließen.

 

Abschließend kritisiert Ratsherr Hartl noch die „Kopf durch die Wand Politik“ der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, bei der sie versuchten, in unserer kleinen Kommune die Energiewende herbeizuführen, koste es, was es wolle.

 

Ratsherr Janßen erklärt, dass die SPD-Fraktion der Meinung sei, dass das begonnene Verfahren auch zu Ende gebracht werden solle. Es solle nicht durch ein Moratorium gestoppt oder unterbrochen werden. Erst wenn alle Fakten und Erkenntnisse auf dem Tisch lägen, werde sie ihre Entscheidung nach der jeweiligen gültigen Rechtslage treffen. Dabei werde sie alle Informationen und Erkenntnisse sorgfältig abwägen; und sollten gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Windkraftanlagen zu befürchten sein, werde sie dieses entsprechend berücksichtigen. Zudem beton er, dass sich die SPD-Fraktion dabei von niemanden, ob Befürworter oder Gegner, unter Druck setzen lasse. Er weist darauf hin, dass die Einzelheiten (Anzahl der Anlagen, Höhe und Mindestabstände) erst nach einer positiven Entscheidung für die Ermöglichung von Windkraftanlagen geklärt werden müssten. Da im September die Kommunalwahlen anstünden, werde sich erst der neue Rat mit dieser Gesamtthematik befassen müssen.

 

Abschließend möchte Ratsherr Janßen von der Verwaltung wissen, über welche Beschlüsse der Rat heute abzustimmen habe. Er führt aus, dass in der Sitzung des Stadtplanungsausschusses ein alternativer Beschlussvorschlag erarbeitet und ohne Gegenstimme beschlossen worden sei, der vorsehe, die Potenzialstudie fortzuführen und nach Vorliegen des Endergebnisses eine Entscheidung zu treffen. Dieser Beschlussvorschlag sei auch im Verwaltungsausschuss mehrheitlich beschlossen worden. Zudem stehe der Antrag der FDP-Fraktion zur Debatte, aus dem seines Erachtens aber nicht zu entnehmen sei, dass es sich dabei um eine Ratsangelegenheit handle. Er vertritt die Auffassung, dass nur über den alternativen Beschlussvorschlag aus dem Verwaltungsausschuss abgestimmt werden dürfe und nicht über den Antrag der FDP-Fraktion.

 

Bürgermeister Albers erklärt, dass heute über die beiden Beschlussvorschläge abgestimmt werden müsse. Da der Antrag der FDP-Fraktion eine Abänderung bzw. Aussetzung des Verfahrens darstelle, handle es sich um eine Angelegenheit, die in die Zuständigkeit des Rates falle. Somit müsse der Antrag zwingend dem Rat zur Entscheidung vorgelegt werden. Bei dem anderen Beschlussvorschlag zur Fortführung der Potenzialstudie sei grundsätzlich keine Entscheidung des Rates erforderlich, da dadurch das Verfahren nicht unmittelbar beeinträchtigt werde. Da aber der Verwaltungsausschuss von seiner Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, diese Entscheidung an den Rat zu delegieren, stehe auch dieser Beschlussvorschlag zur Entscheidung auf der Tagesordnung. Über diesen Beschluss müsse aber nur abgestimmt werden, wenn der Antrag der FDP-Fraktion abgelehnt werden würde, denn ansonsten stehe ja fest, dass das Verfahren bis zum Vorliegen von neuen Erkenntnissen ausgesetzt werden würde.

 

Ratsherr Albers erklärt, dass die SWG-Fraktion den Antrag der FDP-Fraktion voll unterstützen werde. Ein Moratorium sei sinnvoll, da sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene keine vernünftigen Regelungen zu Mindestabständen getroffen worden seien. Ebenfalls sähen sie es als sehr kritisch an, dass der Mensch im Niedersächsischen Windenergieerlass nur wenig Berücksichtigung gefunden habe. Sollte der Antrag der FDP-Fraktion keine Mehrheit finden, beantrage die SWG-Fraktion, das Moratorium zumindest mit einer Laufzeit von 12 Monaten zu versehen. Der Grund für diesen Antrag sei die von Herrn Husemann in der Planungsausschusssitzung vorgeschlagene Denkpause, welche ihrer Meinung nach sowohl für die Ratsmitglieder als auch für die Bürger/-innen verbindlich sein müsse.

 

Abschließend bittet er die FDP-Fraktion deren Antrag dahingehend zu erweitern, dass nicht nur das Vorliegen von nationalen, sondern auch von internationalen Studien, Berücksichtigung finde, da man in anderen Ländern bei diesem Thema schon etwas fortschrittlicher sei.

 

Ratsherr Hartl erklärt, dass sich die FDP-Fraktion bei ihrem Antrag nur auf die nationalen Studien bezogen hätten, da die nationalen Studien bereits die Ergebnisse von internationalen Studien beinhalten bzw. berücksichtigen würden und somit indirekt enthalten seien.

 

Ratsfrau Glaum weist die Unterstellungen der FDP-Fraktion, dass die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen bei ihren politischen Entscheidungen zu diesem Thema weder die Umwelt noch die Menschen berücksichtigten und dass das Handeln ihrer Fraktion vorsätzlich oder fahrlässig sei, entschieden zurück. Für ihre Fraktion sei klar, dass die Kartierung und das weitere Planungsverfahren auf jeden Fall zu Ende geführt werden müsse. Sie stellt klar, dass ihre Fraktion bei der Entscheidung alle Interessen abwägen und dabei auch die Belange der Bürger mit einbeziehen werde. Sie seien gegen das Moratorium, da es ihrer Meinung nach eine Verzögerungstaktik darstelle, Gutachten und Planungen seien nach dem Moratorium obsolet und müssten dann wieder neu erstellt werden, welches wieder zusätzliche Kosten verursache.

 

Nach dieser Diskussion lässt die Ratsvorsitzende zunächst über den Antrag der FDP-Fraktion abstimmen:

 

Nach Abschluss der Kartierung für die im Rahmen der Potenzialstudie möglichen überplanbaren Flächen werden Folgebeschlüsse (wie z.B. Änderung des Flächennutzungsplanes, Bauleitplanungen etc.) aufgeschoben (Moratorium) bis belastbare wissenschaftliche nationale Studien über gesundheitliche Gefahren, die von Windkraftanlagen für Menschen ausgehen, vorliegen.

 

Abstimmung: mehrheitlich abgelehnt  Ja 10  Nein 15  Enthaltung 0

 

Da dieser Beschluss mehrheitlich abgelehnt wurde, lässt die Ratsvorsitzende über den Antrag der SWG-Fraktion abstimmen:

 

Nach Abschluss der Kartierung für die im Rahmen der Potenzialstudie möglichen überplanbaren Flächen werden Folgebeschlüsse (wie z.B. Änderung des Flächennutzungsplanes, Bauleitplanungen etc.) für die Dauer eines Jahres aufgeschoben (zeitlich befristetes Moratorium).

 

Abstimmung: mehrheitlich abgelehnt  Ja 9  Nein 16  Enthaltung 0

 

Da auch dieser Vorschlag mehrheitlich abgelehnt wurde, lässt die Ratsvorsitzende abschließend über den vom Planungsausschuss erarbeiteten Beschlussvorschlag abstimmen:

 

Die begonnene Potenzialstudie zur Ermittlung weiterer Flächen für Windenergieanlagen im Bereich der Stadt Jever ist zu Ende zu führen. Nach Vorliegen des Endergebnisses ist über die Fortführung der Bauleitplanung – Änderung des Flächennutzungsplanes zur Darstellung weiterer Konzentrationszonen für Windenergie – zu entscheiden.

 

Abstimmung: mehrheitlich beschlossen  Ja 16  Nein 6  Enthaltung 3