Bürgermeister Albers gibt eine kurze Erklärung zum
Verfahrensablauf. Im Falle einer positiven Beschlussfassung werde heute mit dem
Verfahren zur Flächennutzungsplanänderung begonnen. Gesetzlich sei es so
geregelt, dass danach ein Vorschlag in die öffentliche Auslegung gehe, wo dann
die betroffenen Bürger/-innen und Behörden Stellung nehmen könnten. Diese
Stellungnahmen seien dann vom Rat einzeln abzuwägen. Im Rahmen dieser Abwägung
sei der Rat berechtigt, bei entsprechenden Argumenten, auch die in der
Potenzialstudie enthaltenen Parameter zu ändern. Das bedeute, dass der Rat im
Verfahren immer noch die Abstände zur Wohnbebauung etc. verändern könne. Darüber
hinaus könne der Rat das Verfahren zu jedem Zeitpunkt noch beenden.
Ratsherr Janßen erläutert, wie das Thema Windenergie in
Jever eigentlich zustande gekommen sei. Im Jahr 2012 sei im alten Rat die
Errichtung einer Photovoltaikanlage im Gewerbegebiet seitens der Stadt
diskutiert worden. Nach Erstellung einer Wirtschaftlichkeitsberechnung und
Beratung in den Ausschüssen sei dann aber beschlossen worden, dass sich eine
Photovoltaikanlage auf Dauer nicht rechnen werde. Aufgrund dessen sei von den
Fraktionen der SWG, SPD und Bündnis 90 / Die Grünen am 06.06.2013 beantragt
worden, eine Potenzialstudie für Windenergieanlagen in Jever zu erstellen. Dieses
sei damals auch mit dem Ziel einer möglichen wirtschaftlichen Beteiligung der
Stadt, um Gewerbesteuereinnahmen zu generieren, einstimmig beschlossen worden. Er weist darauf hin, dass die
Ratsmitglieder verpflichtet seien, die Einnahmesituation der Stadt zu
verbessern. Dazu müssten alle Möglichkeiten, auch die Errichtung von
Windenergieanlagen, genau geprüft werden. Ob es dann auch umgesetzt werde, sei
eine andere Frage. Am 02.07.2015 sei der Beschluss zur
Flächennutzungsplanänderung, um Sonderbauflächen für Windenergie in Jever
darzustellen, einstimmig gefasst worden. Sämtliche Entscheidungen zum Thema
Windenergie seien bisher und würden auch künftig im Rahmen der gesetzlichen
Vorschriften und auf der Basis der demokratischen Regeln gefasst werden.
Er betont, dass es heute um eine wichtige
Zukunftsentscheidung gehe, aber noch keine letztendliche Entscheidung fallen
werde. Es würden die Weichen für eine spätere Entscheidung gestellt. Deswegen
habe er im letzten Planungsausschuss auch den Antrag gestellt, die drei
potenziellen Flächen für die Windenergieanlagen vor Ort anzusehen. Er finde es
schade, dass die Fraktionen der SWG und der FDP bei der Besichtigung der
Flächen nicht vertreten gewesen seien.
Er stellt klar, dass die SPD-Fraktion bereits
in ihrem Wahlprogramm eine verträgliche Nutzung der Windenergie in der Stadt
Jever veröffentlicht hätte.
Er betont, dass seine Fraktion die Errichtung
von Windenergieanlagen in Jever nicht um jeden Preis durchsetzen werde. Alle
Vor- und Nachteile sollten sachlich und emotionsfrei abgewogen werden. Es sei
ihnen wichtig, dass die Windenergieanlagen eine Höhe von 150 Meter nicht
überschritten und dass die Grenzabstände eingehalten würden, welches im Bereich
Cleverns wohl der Fall sei.
Er stellt klar, dass die Entscheidung der
SPD-Fraktion noch offen sei. Seine Fraktion werde die berechtigten Argumente
der Befürworter und der Gegner ernst nehmen und dann in aller Ruhe, ohne sich
unter Druck setzen zu lassen, eine Entscheidung treffen. Sie würde auch alle
Argumente aus der heutige Ratssitzung mitnehmen und in den Fraktionssitzungen
weiter diskutieren und prüfen. Die Bürger könnten sich darauf verlassen, dass
die SPD-Fraktion die Entscheidung letztendlich sachlich und objektiv treffen
würden.
Es könne durchaus sein, dass von den drei möglichen Bereichen auch nur
ein Teilbereich in Frage komme. Er
könne es sich nicht vorstellen, dass die maximale Anzahl der Anlagen in allen
drei Bereichen gebaut würden. Das würde zu einer Verspargelung der Landschaft
führen, was auch von der SPD-Fraktion auf keinen Fall gewollt werde. Vom
Prinzip her sei wohl keiner der Anwesenden gegen eine Energiewende, nur das
„wie“ ist noch offen und müsse geklärt werden.
Ratsfrau Zielke schließt sich den Worten von Ratsherrn Janßen an. Die Fraktion
Bündnis 90 / Die Grünen sei aber für eine Erweiterung des Beschlussvorschlages.
Sie befürworteten grundsätzlich die Weiterführung der Potenzialstudie bezüglich
der Ausweisung von Flächen für Windenergieanlagen, beantragen aber zusätzlich
die Einrichtung eines Bürgerforums kurz nach den Sommerferien. Sie betont in diesem Zusammenhang, dass
die Potenzialstudie erst den Anfang eines Prozesses darstelle und nicht den
endgültigen Beschluss, dass Windenergieanlagen in Jever gebaut würden. Wichtig
sei ihrer Fraktion jedoch die Bürgerbeteiligung. Daher läge ihnen die
Installation eines Bürgerforums mit einer externen Moderation sehr am Herzen.
Dieses Bürgerforum solle eingerichtet werden, bevor das Verfahren zur dritten
Änderung des Flächennutzungsplanes weiterbetrieben werde. So hätten alle
Bürger/-innen die Möglichkeit, zum weiteren Vorgehen in Sachen Windkraft
Stellung zu beziehen und die Argumente sachlich zu diskutieren. Es sei ihrer
Fraktion ein großes Anliegen, den Befürwortern als auch den Zweiflern ein Forum
anzubieten.
Ratsherr Cremer zeigt sich erfreut darüber, dass so viele
Bürger/-innen zu der Sitzung erschienen seien. Ihm sei aufgefallen, dass in der
ursprünglichen Planung in Sandelermöns sieben Windenergieanlagen eingezeichnet
seien, in der aktuellen Planung aber nur noch sechs Anlagen vorgesehen seien. Er habe sich diesbezüglich schlau
gemacht, und gehe davon aus, dass die Tendenz dahingehe, dass dort mittlerweile
200 Meter hohe Anlagen geplant seien.
Er kritisiert, dass bei der Ortsbegehung der
Flächen die Standorte schlecht gewählt worden seien. Seinem Vorschlag, direkt
in die Mitte nach Hoyerskamp zu fahren, um auch die Wohnbebauung zu sehen, sei
man leider nicht gefolgt.
Er teilt mit, dass die SWG-Fraktion in dieser
Woche eine Präsentation für die Bürger/-innen gehalten hätte, um sie über die
Situation in Jever zu informieren. Anschließend hätte sie bei einer weiteren
Präsentation den Blick auf ganz Deutschland gerichtet. Diese habe gezeigt, wie
chaotisch die Energiewende in Deutschland und der Welt verlaufe. Natürlich sei
die Energiewende gewollt, aber es sei leider vergessen worden, den Ausbau zu
limitieren. Deswegen sei es in Deutschland zu dem Wahnsinn gekommen, dass hier
viel mehr Strom produziert als überhaupt benötigt werde, und das ohne die
erforderlichen Leitungen oder irgendwelchen Speichermöglichkeiten. Im letzten
Jahr habe es über eine Milliarde Euro an Ausgleichzahlungen dafür gegeben, dass
Windkraftanlagen abgestellt worden seien. Es sei einmalig, dass die Betreiber
der Windenergieanlagen Geld für etwas bekämen, was sie nicht produzierten.
Er zeigt auf, dass im Landkreis Friesland
bereits 550 Hektar Flächen für Windenergieanlagen verbaut seien, welches sich
durch die neu geplanten Flächen sogar noch auf ca. 730 bis 750 Hektar erhöhen
würde. Er weist darauf hin, dass bei
einem Rückbau der Windenergieanlagen nur die ersten zwei Meter der insgesamt 15
bis 30 Meter tiefen Fundamente entsorgt werden müssten. Der Rest der Fundamente
würde für immer im Boden verbleiben, welches auch schädliche Auswirkungen auf
das Grundwasser haben könne.
Zum Thema Entwertung des Eigentums erklärt Ratsherr Cremer, dass dieses auch durch Studien z.B. vom Mieterbund
und vom deutschen Maklerbund belegt worden sei. In Dänemark sei eine Studie
über 10 Jahre lang gelaufen, in der 26.000 Häuser beurteilt worden seien, bei
denen eine deutliche Wertminderung festgestellt worden sei. Auch in Irland sei
heute ein entscheidendes Urteil getroffen worden. Da hätten sieben Familien
gegen die Firma Enercon auf Körperverletzung wegen Infraschall geklagt. Enercon
habe einem Vergleich zugestimmt, damit es kein Grundsatzurteil gebe.
Er erklärt, dass der Flächennutzungsplan ein
reines Verwaltungsinstrument sei, der keine Rechtsbedeutung habe. Nur durch die
Windkraftplanung bekomme er eine Rechtsbedeutung. In der Studie seien
Potenzialflächen entwickelt und betrachtet worden, was bedeute, dass alle
anderen Flächen Ausschlussflächen seien. Seine Fraktion habe ein Gutachten
eingeholt (siehe Anlage), aus welchem ganz klar hervorgehe, dass es für die
Stadt unmöglich sei, die Potenzialflächen, die als gut erachtet worden seien,
auszuschließen. Dieses wäre reine Willkür und somit rechtswidrig. Ein
Ausschluss könne nur durch Gutachten oder durch die Avi-Fauna-Studie, wenn
irgendwas dagegenspreche, erfolgen. Dieses hätte zur Folge, dass sich
Windkraftbetreiber in die Windkraftpotenzialflächen einklagen könnten. Bei
einer Änderung des Flächennutzungsplanes bestehe somit die Gefahr, dass
letztendlich alle 28 Windenergieanlagen in Jever gebaut würden.
Er hofft, dass der Rat sich an die
Eingangsworte des Ratsvorsitzenden Oltmanns halte und offen abstimmen werde.
Ratsherr Albers erklärt, dass der heutige
Beschlussvorschlag über die weitere Nutzung von Windenergie für die Stadt
Jever, sofern man den Außenbereich auch als Teil der Stadt anerkenne, von
enormer Tragweite sei und über Jahrzehnte hinweg das Bild der Stadt
beeinflussen und die betroffenen Bürger/-innen beeinträchtigen werde.
Um dieser Aussage Nachdruck zu verleihen, nennt er mehrere negative Auswirkungen der fast 30 möglichen
Windenergieanlagen in Jever. Mit diesem Beschluss würden u.a. die Weichen für
die Aufgabe der letzten freien Naturräume, für die Aufgabe der letzten
unverbauten Landschaften, für die Aufgabe der letzten freien
Sichtmöglichkeiten, für die Zerstörung der noch wenigen vorhandenen flora- und
faunareichen Gebieten, für eine massive Entwertung des betroffenen Eigentums
und für eine schlechtere Behandlung der Menschen im Außenbereich gestellt. Aus
einem Trinkwasserschutzgebiet, welches sich nahtlos an ein
Landschaftsschutzgebiet anschließe, werde eine Windkraftindustriefläche. Und
das alles sei der Profitgier einiger weniger geschuldet.
Die vom Kanzlerkandidaten angesprochene Gerechtigkeitsdebatte gelte
anscheinend nicht für die Menschen im Außenbereich. Wie Ratsherr Cremer weist auch er
daraufhin, dass der heute produzierte Strom aus dieser Region bereits keine
Abnehmer mehr finde. Täglich müsse die Stromproduktion bei voll bestehender
Einspeisevergütung gedrosselt werden. Es sei somit völlig absurd, noch weiteren
Windstrom zu produzieren. Der neue Ministerpräsident von Schleswig-Holstein
spreche bereits von Wegwerfstrom.
Für ihn gelte das Motto „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“. Der Fachausschuss
habe sich bisher noch in keinster Weise, in Anbetracht dieser
„Jahrhundertentscheidung“, angemessen über diese Thematik beraten.
Er hoffe, dass die Ratsmitglieder das ihnen
vor der Sitzung zur Verfügung gestellte Gutachten zur Kenntnis genommen hätten.
Darin werde nicht nur die Rechtsauffassung der Verwaltung, eine willkürliche
Flächenauswahl tätigen zu können, widerlegt, sondern auch die gewünschte
Höhenbeschränkung auf 150 Meter in Frage gestellt. Bevor mit dieser
Potenzialstudie die Änderung des Flächennutzungsplanes betrieben werden solle,
müssten die Zielvorstellungen präzise eingearbeitet werden.
Die SWG-Fraktion beantragt daher, die Potenzialstudie zur Kenntnis zu
nehmen und sie zur weiteren Beratung zurück in den Fachausschuss zu verweisen. Die
Änderung des Flächennutzungsplanes solle erst weiter betrieben werden, wenn der
Rat der Stadt Jever die Bedingungen für die weitere Entwicklung der Windenergie
rechtssicher formuliert habe.
Er stellt klar, dass die SWG-Fraktion sich
nicht grundsätzlich gegen die Nutzung von Windenergieanlagen ausspreche, aber
diese Nutzung sollte für Mensch und Natur verträglich sein. Ebenfalls sollten
wertvolle Landschaftsteile der Region von solchen massiven Eingriffen verschont
werden. Er bittet die Ratsmitglieder
nachdrücklich um Unterstützung ihres Antrages. Die SWG-Fraktion möchte
niemanden absprechen, auch nicht der Verwaltung, etwas Gutes für Jever tun zu
wollen. Es gelte aber, alle guten Absichten unter einen Hut zu bringen und das
könne mit dem heute vorliegenden Beschluss nicht erreicht werden.
Bürgermeister Albers bezieht sich auf die Aussagen von Ratsherr Cremer und Ratsherr Albers. Er erklärt, dass die wasserschutzrechtliche Frage im Rahmen des
Bauleitverfahrens abgeklärt werde, da der OOWV im Verfahren als Behörde
beteiligt werde. Gleiches gelte auch für die sonstigen Belange, die jetzt im
Verfahren zur Flächennutzungsplanänderung eingeholt würden. Deswegen befinde
man sich auch erst am Anfang des Verfahrens. Es sei nicht erforderlich, dass
sich der Rat bereits jetzt detailliert mit allen Einzelheiten und Fakten der
Potenzialstudie auseinandersetze. Diese Studie hätte dem Rat theoretisch auch
erst im Rahmen der Abwägung vorgelegt werden müssen. Der Rat könne im Rahmen
des Abwägungsprozesses noch alle Parameter hin- und herschieben.
Weiterhin nimmt Bürgermeister
Albers kurz Stellung zu dem Rechtsgutachten, welches ihm vor der Sitzung
von der SWG-Fraktion vorgelegt worden sei. Dieses Gutachten widerspreche der
Rechtsauffassung der Verwaltung und des städtischen Anwaltes nur in einem
Punkt, nämlich in der Frage, ob man im Verfahren noch eine Auswahl der Flächen
vornehmen könne. Bürgermeister Albers
erklärt, dass die Aussage des Anwaltes zu diesem Punkt rechtlich nicht
zutreffend sei, welches er auf fehlende Informationen zurückführe. Denn dem
Anwalt sei nicht das entscheidende Urteil zum alten Flächennutzungsplan
vorgelegt worden. Dieses Urteil mache den Flächennutzungsplan rechtssicher. Er stellt klar, dass die Stadt auch bei
Fehlern im Abwägungsprozess nur auf den alten Flächennutzungsplan zurückfallen
könne. Im Rahmen der Flächendarstellung der Potenzialstudie seien Unterschiede
zwischen den einzelnen Flächen manifestiert worden. Wenn man sich an diesen
Unterschieden orientiere, sei diese Auswahl nicht willkürlich.
Es sei richtig, dass es zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Festlegungen
auf eine Höhe von 150 Metern gebe. Diese Festlegung müsse der Rat im
Bauleitverfahren noch treffen. Nur wenn diese Entscheidung nicht getroffen
werde, könnten auch höhere Anlagen aufgestellt werden.
Ratsherr Albers fragt sich, wie Bürgermeister Albers es schaffe in nur so kurzer Zeit ein
vierseitiges Gutachten eines Fachanwaltes als fehlerhaft zu bezeichnen.
Ratsherr Dr. Bollmeyer erklärt, dass die CDU-Fraktion zum Thema
Windenergie keine einheitliche Fraktionsmeinung abgeben werde, da jedes
Mitglied nach seiner persönlichen Einschätzung und Überzeugung entscheiden
werde. Aber an diesem Punkt des Verfahrens würden alle Mitglieder für den
Verwaltungsvorschlag stimmen. Denn der CDU-Fraktion sei es wichtig, im weiteren
Verfahren die offenen Fragen der Studie ordentlich und rechtlich korrekt
abzuklären, bevor es dann möglicherweise zu konkreten Bauplanungen kommen
könne. Er betont, dass diese
Entscheidung noch nicht heute getroffen werde. Sie seien der Meinung, dass die
Klärung der offenen Fragen nur sinnvoll möglich sei, wenn heute ein positiver
Beschluss zur Änderung des Flächennutzungsplanes auf der Grundlage der
Potenzialstudie getroffen werde.
Sollten in Jever tatsächlich neue Windenergieanlagen entstehen, könnten
dadurch natürlich auch neue kommunale Einnahmen generiert werden, z.B. durch
Gewinne an einer eventuellen Beteiligung der Stadt oder durch Gewinne aus neuem
Gewerbesteueraufkommen. Die CDU-Fraktion könne dieser Art der Einnahmeverbesserung
eher zustimmen als einer allgemeinen Steuererhöhung oder der Streichung
einzelner städtischer Leistungen. Er
erinnert daran, dass der ursprüngliche Antrag der Fraktionen der SPD, SWG und
Bündnis 90 / Die Grünen vom 06.06.2013 explizit die Eckpunkte
Haushaltskonsolidierung durch Einnahmen aus Windenergieanlagen und auch
Standorte im jeverschen Bereich der Einflugschneise des ehemaligen Flugfeldes
in Upjever enthielte.
Bezüglich der in der Einwohnerfragestunde gestellten Frage nach dem Wohnen
erklärt Ratsherr Dr. Bollmeyer, dass
Windenergieanlagen im Außenbereich privilegiert, also durchaus vorgesehen
seien. Aber er betont, dass man im
Verfahren ja noch gar nicht so weit sei.
Er kritisiert die teilweise unverschämten und
unsachlichen Vorwürfe, die in der letzten Zeit gegen die Verwaltung und den
Bürgermeister erhoben worden seien. Dieser Zustand sei untragbar und müsse
schleunigst beendet werden.
Abschließend geht er noch auf
die Bedeutung des Demokratieverständnisses ein. Er betont dabei, dass es im
Entscheidungsprozess selbstverständlich sei, sich gegenseitig zuzuhören, sich
das Wort zu gewähren und durchaus auch Emotionen zuzulassen. Demokratie
bedeutete deswegen aber nicht, demjenigen, der am lautesteten rufe, seine
Wünsche zu erfüllen. Es müsse somit auch hier eine mehrheitsfähige
Entscheidung, ein Kompromiss, getroffen werden, mit denen auch die unterlegene
Seite leben müsse.
Ratsherr Theemann stellt sich die wichtige Frage nach der
Sinnhaftigkeit. Es mache für ihn eindeutig keinen Sinn, Strom zu produzieren
und nicht abzutransportieren. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) auf
Bundesebene habe vor Jahrzehnten sicherlich auch seine Berechtigung gehabt, sei
aber heute nicht mehr zeitgemäß. Der Rat habe auch die Aufgabe, dieses zu korrigieren.
Es könne nicht angehen, dass für eine Milliarde Euro Strom produziert und
weggeschmissen werde.
Er erklärt, dass er die Aussage von Ratsherr Dr. Bollmeyer, erst den
Beschlussvorschlag der Verwaltung zu akzeptierten und dann im Abwägungsprozess
korrigierend eingreifen zu können, nicht teile. Seiner Meinung nach müsse die
Potenzialstudie an dieser Stelle zurück in den Fachausschuss gegeben werden, um
sich dort erstmalig über wichtige Parameter einigen zu können. Oder man müsse
direkt die Entscheidung treffen, es ganz sein zulassen, da nach einer Abwägung
nicht mehr genügend Fläche für Windenergieanlagen übrigbleiben werde.
Er stellt klar, dass ihm die weichen Kriterien
aus der Potenzialstudie eindeutig zu weich seien. Es müsse auch diskutiert
werden, ob die einzelnen Parameter aus der Studie richtig gewichtet seien, das
habe bisher alles noch nicht stattgefunden. Wenn man aber jetzt dem
Beschlussvorschlag zustimme, habe man diese zunächst so akzeptiert wie sie auch
in der Studie vorgegeben seien. Der Rat müsse sich bei der Entscheidung mehr
Zeit lassen. Auch die Akzeptanz der Bürger/-innen sei ihm sehr wichtig.
Er appelliert an alle Ratsmitglieder, sich die
Frage nach dem Sinn zu stellen. Es sei noch nicht zu spät, die Potenzialstudie
zurück in den Fachausschuss zu geben.
Ratsherr Cremer kritisiert, dass das Verfahren jetzt mit
einer wahnsinnigen Geschwindigkeit betrieben werde, anstatt sich Zeit zu lassen
um sich zu orientieren, wo man eigentlich hin möchte. Es müsse jedem klar sein,
dass ein begonnenes Verfahren nicht mehr aufzuhalten sei.
Zudem gibt er zu bedenken,
dass das Stadtgebiet nicht sehr groß sei und der Bau von Windenergieanlagen
somit auch die Stadtentwicklung bezüglich der Wohnbebauung einschränken würde.
Durch den Bau der Windenergieanlagen im Westen von Jever sei eine
Weiterentwicklung in diese Richtung nicht mehr möglich. Da eine
Weiterentwicklung in die anderen Richtungen aufgrund des Gewerbegebietes, der
Umgehungsstraße, des Moorlandes etc. auch nicht mehr möglich sei, stellt er
sich die Frage, wo denn überhaupt noch eine Ausweitung der Wohnbebauung in
Frage käme.
Zudem betont er, dass sich
der Bau der Windenergieanlagen auch negativ auf den Tourismus in Jever
auswirken werde.
Im Hinblick auf mögliche wirtschaftliche Aspekte, die für den Bau von
Windenergieanlagen sprechen, erklärt Ratsherr
Theemann, dass es seiner Meinung nach keinen Sinn mache, dabei
wirtschaftliche Risiken einzugehen, die bei einem solchen Investment bestünden.
Durch die kommende Bundestags- und Landtagswahl sei nicht sicher, ob das EEG
unverändert bleibe. Er glaube nicht,
dass das EEG noch über einen längeren Zeitraum Bestand haben werde. Auch die
möglichen Gewerbesteuereinahmen würden der Stadt auch erst in den nächsten
Jahren helfen. In der jetzigen Haushaltslage sei es keine gute Idee auf solche
riskanten Einnahmequellen zurückzugreifen. Es sollten besser andere Ideen
entwickelt werden.
Ratsherr Harjes kann die Aussage von Ratsherr Theemann bezüglich der nächsten Bundestagswahl nicht
nachvollziehen. Dann könne man überhaupt keine Projekte mehr planen. Man
befinde sich außerdem erst am Anfang des Planungsprozesses, sodass es sich noch
hinziehen werde, bis die endgültigen Beschlüsse getroffen würden.
Ratsherr Theemann erklärt, dass man die Notbremse ziehen
müsse, da noch so viele Fragen ungeklärt seien. Er erklärt, dass die Energiewende keine nationale Angelegenheit
sei. Deutschland könne noch so viel CO² einsparen, im globalen Kontext nütze
das überhaupt nichts. Somit sei die Frage nach dem Bau von Windenergieanlagen
in Jever international gesehen wirkungslos. Man müsse sich überlegen, wie der
CO² Ausstoß global reduziert werden könne.
Ratsherr Dr. Bollmeyer weist im Hinblick auf die Ausführungen von Ratsherr Theemann darauf hin, dass der
Rat nur einen Grund habe die Thematik weiter zu untersuchen, wenn die
Potenzialstudie als Grundlage verwendet werden solle. Wenn diesem heute nicht
zugestimmt werde, wäre das Thema formal beendet und die Verwaltung hätte auch
keinen Auftrag mehr, noch einzelne offene Fragestellungen zu erörtern.
Weiterhin weist er darauf
hin, dass die Mitarbeiter vom Planungsbüro ausdrücklich erklärt hätten, dass
die Kriterien, die sie für die Bewertung angesetzt hätten, in der Hand des
Rates lägen und auch entsprechend verändert werden könnten.
Ratsherr Waculik erklärt, dass er auch gleichzeitig die
Bürger/-innen durch den Bürgerverein vertrete. Er höre sich deren Anliegen an
und sei bereits von vielen Bürger/-innen darum gebeten worden, dafür zu sorgen,
dass in Jever keine neuen Windenergieanlagen gebaut würden. Diese schönen
Gebiete sollten erhalten bleiben und nicht durch Windenergieanlagen verspargelt
werden.
Ratsherr Albers merkt an, dass sich jeder, der durch die
Windenergieanlagen Steuereinahmen generieren möchte, klar darüber sein sollte,
dass dieses zu Lasten der Menschen, der Natur und der Landschaft geschehe. Er weist darauf hin, dass die
Einspeisevergütung gekippt worden sei. Der Strom müsse verkauft werden, aber zu
welchem Preis der Strom verkauft werden könne, wisse zurzeit noch keiner.
Bezüglich der Aussage von Ratsherr
Harjes betont Ratsherr Cremer
noch einmal ausdrücklich, dass man sich nicht am Anfang des Verfahrens befinde,
sondern mitten drinstecke. Er weist
daraufhin, dass im Bundestag Gesetze in der Vorbereitung seien, durch die eine
Privilegierung der Windkraftanlagen in den Außenbereichen in den nächsten
Jahren aufgehoben werden solle.
Er gibt eine ausführliche Erklärung zum Thema
CO². Wie Ratsherr Theemann bereits
zum Ausdruck gebracht habe, hat Deutschland mit nur 2,5 Prozent nur einen sehr
geringen Anteil am weltweiten CO²-Ausstoß. China habe mit über 29 Prozent einen
weitaus größeren Anteil daran. China baue schon lange keine Windkraftanlagen
mehr. Sie bauten dafür jetzt neue Kohlekraftwerke mit einer hervorragenden
Filtertechnik.
Nach der Diskussion stellt der Ratsvorsitzende
Oltmanns fest, dass insgesamt 4 Anträge vorliegen. Er unterbricht die Sitzung um 21.13 Uhr für ein paar Minuten, um
die Reihenfolge der Anträge für die Abstimmung festzulegen.
Nachdem er die Sitzung wiedereröffnet hat, teilt er mit, in welcher
Reihenfolge über die Anträge abgestimmt werde. Als erstes werde über den Antrag
der SWG und FDP-Fraktion auf Aussetzung des Verfahrens und Beauftragung des
Ausschusses mit der Vorbereitung des Antrages auf Durchführung einer
Einwohnerbefragung abgestimmt. Die zweite Abstimmung erfolge über den Antrag
der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, also über den Beschlussvorschlag der
Verwaltung mit der zusätzlichen Maßgabe ein Bürgerforum einzurichten. Als
drittes werde der Beschlussvorschlag der Verwaltung zur Abstimmung gestellt,
und als letztes werde dann der Antrag der SWG-Fraktion, die Potenzialstudie zur
Kenntnis zu nehmen und sie zur weiteren Beratung zurück in den Fachausschuss zu
verweisen, abgestimmt.
Ratsherr Albers erhebt Einspruch gegen die Reihenfolge der
Abstimmung. Seiner Meinung nach müsste über den Antrag der SWG-Fraktion
„Kenntnisnahme der Potenzialstudie“ als erstes abgestimmt werden.
Bürgermeister Albers erklärt, dass die Reihenfolge
verfahrensmäßig vorgegeben sei. Es werde immer zuerst über den weitergehenden
Antrag abgestimmt. Er erläutert sodann noch einmal ausführlich die vier
Anträge.
Zudem weist er erneut
ausdrücklich darauf hin, dass wenn heute der Beschluss getroffen werde, die
Potenzialstudie als Grundlage für das weitere Verfahren zu nehmen, dieses nicht
bedeute, dass die einzelnen Parameter der Studie endgültig feststünden, sie
könnten im Verfahren noch abgeändert werden.
Ratsherr Albers erwidert, dass es für ihn eine
Auslegungssache sei. Er werte den
Beschlussvorschlag der Verwaltung als finalen Vorschlag, sodass nach seiner
Rechtsauffassung der Antrag der SWG-Fraktion auf jeden Fall vor dem
Verwaltungsvorschlag zur Abstimmung gestellt werden müsse.
Der Ratsvorsitzende unterbricht die Sitzung um 21.25 Uhr erneut
für ein paar Minuten, um sich mit den Fraktionsvorsitzenden über die
Reihenfolge der Anträge abschließend zu beraten. Nach der Beratung teilt er mit, dass es bei der vorgestellten
Reihenfolge bleibe.
Er lässt dann über den Antrag der der SWG und
FDP-Fraktion abstimmen,
das
Verfahren zunächst auszusetzen und eine Einwohnerbefragung durchzuführen, bevor
die Potenzialstudie abschließend zur Kenntnis genommen und eventuell als Grundlage
für weitere Planungen herangezogen wird.
Abstimmung: mehrheitlich abgelehnt
Ja 9 Nein 20 Enthaltung 0
Da dieser Antrag abgelehnt wurde, lässt der Ratsvorsitzende über den
Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen abstimmen:
Die Windkraftpotenzialstudie des Planungsbüros Diekmann und Mosebach
soll als Grundlage für die Ausweitung weiterer Flächen für Windkraft im
Stadtgebiet herangezogen werden.
Das Verfahren zur 3. Änderung des Flächennutzungsplanes soll weiter
betrieben werden mit der Maßgabe, dass der sich ergebende Umsetzungsvorschlag
in einem moderierten Bürgerforum vorgestellt und diskutiert wird, bevor er in
das offizielle Verfahren eingebracht wird.
Abstimmung: mehrheitlich beschlossen
Ja 19 Nein 8 Enthaltung 2
Da diesem Antrag zugestimmt wurde, entfällt eine Abstimmung über die
verbleibenden zwei Anträge.
Anschließend unterbricht der
Ratsvorsitzende die Sitzung um 21.35 Uhr erneut für ein paar Minuten, um
den anwesenden Gästen die Gelegenheit zu geben, die Sitzung zu verlassen.