Beschluss: Abstimmung: mehrheitlich beschlossen:

Abstimmung: Ja: 16, Nein: 14, Enthaltungen: 0

Der Grundsatzbeschluss über die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrages in der Stadt Jever vom 13. Dezember 2013 wird aufgehoben.

 

Zu diesem Zweck erlässt die Stadt Jever eine Aufhebungssatzung.“

 


Bürgermeister Albers weist darauf hin, dass der Rat seitens der Verwaltung über die finanzielle Situation der Stadt insgesamt aufgeklärt und in diesem Zusammenhang auch auf mögliche Alternativen zu einem Fremdenverkehrsbeitrag hingewiesen worden sei, sodass der Rat alle Informationen habe, die er für eine politische Abwägung benötige.

 

Er stellt klar, dass die Verhandlungen mit den Klägern über eine Anpassung der Fremdenverkehrsbeitragssatzung auf ein Maß, das erneute Klagen verhindern könne, gescheitert sei. Somit stehe der Rat heute erneut vor einer politischen Grundsatzentscheidung zum Thema Fremdenverkehrsbeitrag. Für ihn stelle der Abschluss des Normenkontrollverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg eine Zäsur dar. Durch das gesamte Verfahren sehe er sich im Ergebnis in seinen grundsätzlichen Bedenken gegen den Fremdenverkehrsbeitrag bestätigt.

 

Er verdeutlicht, dass der Rat und die Verwaltung erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand betrieben hätten, um die Fremdenverkehrsbeitragssatzung gerichtsfest zu machen und die Akzeptanz für den Fremdenverkehrsbeitrag zu steigern. Aber leider sei festzustellen, dass beides nicht gelungen sei. Vielmehr hätten sich die von den Kritikern angeführten Risiken verwirklicht. Auch der Unmut der Beitragspflichtigen sei noch genau so groß wie bei der Einführung.

 

Für ihn habe der Fremdenverkehrsbeitrag in Jever keine Zukunft. Nach seiner Ansicht könnten und müssten die notwendigen Einnahmen zur Finanzierung der freiwilligen Leistung Tourismus auf eine andere Art und Weise, z.B. durch eine Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer um zehn Punkte, generiert werden. Er weist darauf hin, dass bei einer entsprechenden Steuererhöhung die privaten und gewerblichen Profiteure des Tourismus genauso gerecht an den Kosten beteiligt würden, wie durch den Fremdenverkehrsbeitrag. Er betont, dass letztendlich alle Bürger/-innen der Stadt Jever vom Tourismus profitierten.

 

Zudem macht er deutlich, dass mit der Erhöhung der Realsteuern um zehn Punkte etwa 130.000 Euro pro Jahr ohne zusätzlichen Personalaufwand erzielt werden könnten. Diese Einnahmequelle hätte zudem den entscheidenden Vorteil, dass die rechtlichen Risiken sehr gering seien. Nach den gemachten Erfahrungen gebiete es die Vernunft, nun eine risikolose Alternative zu wählen. Denn es mache für ihn keinen Sinn, unnötig Steuergelder in Form von Gerichts- und Beratungskosten zu riskieren, wenn es auch eine kostengünstigere, risikolose und gleichermaßen gerechte Alternative gebe.

 

Weitern stellt er klar, dass die Stadt mit der Aufhebung des Fremdenverkehrsbeitrages auch nicht gegen die Vorgaben der Kommunalaufsicht verstoßen würde. Diese habe der Stadt zu keinem Zeitpunkt über die Haushaltsgenehmigung die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrages auferlegt. Demgegenüber habe sie der Stadt in den Haushaltsgenehmigungen 2016 und 2017 ausdrücklich die Erhöhung der Steuern ins Stammbuch geschrieben.

 

Unabhängig von der heutigen Entscheidung erinnert Bürgermeister Albers die Ratsmitglieder abschließend an ihre Gesamtverantwortung für die Finanzlage der Stadt. Dieser würden sie nicht gerecht werden, wenn sie sich einer Bekämpfung des strukturellen Defizits komplett verweigern würden.

 

Ratsherr Janßen erklärt, dass die SPD-Fraktion diese Meinung nicht teilen könne. Die Einführung des Fremdenverkehrsbeitrages sei damals aus guten Gründen beschlossen worden. Sie seien nach wie vor für eine Beibehaltung des Fremdenverkehrsbeitrages. Einer der wichtigsten Gründe für die Beibehaltung des Beitrages sei das jährliche strukturelle Defizit von über 1 Mio. Euro. Aufgrund der Haushaltslage müsse die Stadt ihre Einnahmen verbessern und nicht auf Einnahmen verzichten.

 

Ratsherr Janßen beschreibt noch einmal ausführlich den Werdegang des Fremdenverkehrsbeitrages seit dem Grundsatzbeschluss am 13.12.2012. Es sei festzuhalten, dass das Gericht nicht den Fremdenverkehrsbeitrag an sich in Frage gestellt habe, sodass die SPD-Fraktion heute immer noch die Meinung vertrete, dass die Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrages zulässig sei. Dieser werde schließlich auch in anderen Kommunen erhoben.

 

Der Beitrag helfe dabei, den Tourismusstandort Jever zu erhalten und zu verbessern. Er betont, dass diejenigen, die vom Tourismus profitierten, je nach ihrer Leistungsfähigkeit auch an den entstehenden Kosten beteiligt werden müssten. Er weist daraufhin, dass die Geschäftsleute in Jever viel Geld mit dem Tourismus verdienten. Es könne nicht angehen, dass die Allgemeinheit durch Steuererhöhungen als Ersatz für den Fremdenverkehrsbeitrag letztendlich die Kosten tragen müsse. Diese Ungerechtigkeit werde die SPD-Fraktion nicht mitmachen. Es gebe in Jever auch viele Bürger/-innen, die nicht vom Tourismus profitierten. Im Übrigen sei zu bedenken, dass etwa die Hälfte der Beitragspflichtigen lediglich 100 Euro jährlich zahlen müssten.

 

Die Absicht der Gewerbetreibenden, auf freiwilliger Basis 20.000 bis 30.000 Euro jährlich für die Dauer von drei Jahren zur Verfügung zu stellen, sei keine wirkliche Alternative. Diese Summe stelle nur einen Bruchteil der Einnahmen aus dem Fremdenverkehrsbeitrag dar, welche durch die Stadt jährlich und vor allem auch langfristig eingenommen werden könne. Abgesehen davon, würde eine freiwillige Abgabe noch viele offene Fragen aufwerfen und einen hohen Verwaltungsaufwand mit sich bringen. Er stellt klar, dass es keine ausreichende und zuverlässige Kompensation für einen Fremdenverkehrsbeitrag gebe.

 

Es sei auch zu bedenken, dass eine Abschaffung des Fremdenverkehrsbeitrages für die offiziellen Vertreter der Gastronomie- und Gewerbebetriebe automatisch zur Folge habe, dass das eingeräumte Mitspracherecht bei der Verwendung der zweckgebundenen Einnahmen für touristische Zwecke entfalle.

 

Abschließend stellt er fest, dass diejenigen, die sich heute für die Aufhebung des Fremdenverkehrsbeitrages aussprächen, letztendlich für Steuererhöhungen stimmen müssten. Eine Erhöhung der Gewerbesteuer könne auch dazu führen, dass die Gewerbetreibenden am Ende mehr zahlen müssten, als bei der Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrages.

 

Ratsherr Schönbohm betont, dass sich die SWG-Fraktion durchaus den Problemen und Verunsicherungen im Zusammenhang mit dem bestehenden Fremdenverkehrsbeitrag bewusst sei. Deswegen hätten sie auch zu Beginn des Jahres im Zuge der Haushaltsberatungen dafür gestimmt, die Einnahmen aus dem Fremdenverkehrsbeitrag zunächst im Haushalt zu belassen und die Zeit zu nutzen, um sich Alternativen für den Fremdenverkehrsbeitrag zu überlegen. Er bedauert, dass diese nicht passiert sei. Sie hätten zwar viele Informationen zum Thema Haushalt etc. bekommen, aber dieses Thema sei nicht angesprochen worden. Er vermisse Vorschläge zur Einsparung wie z.B. eine Privatisierung der Tourist-Information, eine Zusammenarbeit mit anderen Kommunen etc.. Es gehe dabei nicht nur ums Geld, sondern auch um eine Neuausrichtung im Bereich Tourismus.

 

Auch er ist der Meinung, dass die Entscheidung unmittelbar in Zusammenhang mit dem Haushalt für 2018 stehe. Er gibt zu bedenken, dass bei einem Wegfall des Fremdenverkehrsbeitrages als Ausgleich nur Steuererhöhungen oder eine Verringerung von freiwilligen Ausgaben in Frage kämen. Vor allem eine ausschließliche Erhöhung der Grundsteuer sei ungerecht, da diese den falschen Personenkreis treffen werde. Zudem werde eine Steuererhöhung von 10 Punkten nicht ausreichen, um das strukturelle Defizit auszugleichen.

 

Ratsherr Schönbohm stellt den Antrag, den Beschlussvorschlag dahingehend zu erweitern, dass die Gewerbe- und Grundsteuer zur Kompensation um 10 Punkte erhöht werde.

 

Ratsherr Janßen zeigt auf, dass eine Steuererhöhung aller drei Steuerarten um 10 Punkte insgesamt etwa 131.000 Euro Einnahmen einbringen werde. Er stellt klar, dass für die SPD-Fraktion eine Steuererhöhung überhaupt nur in Frage käme, wenn der Fremdenverkehrsbeitrag beibehalten und die Einführung einer Zweitwohnungssteuer geprüft werde.

 

Bürgermeister Albers merkt an, dass diese Erweiterung des Beschlussvorschlages formell nicht richtig sei, da alle Beschlüsse grundsätzlich im Verwaltungsausschuss vorberaten werden müssten.

 

Der Ratsvorsitzende unterbricht die Sitzung um 19.45 Uhr für fünf Minuten um den Antrag der SWG-Fraktion zu prüfen.

 

Nach Wiedereröffnung der Sitzung teilt er mit, dass für eine Erhöhung der Hebesteuer zwingend eine Haushaltssatzung verabschiedet werden müsse. Diese müsse wiederum vorab im Fachausschuss oder Verwaltungsausschuss vorberaten werden. Bei einer Abstimmung über den Antrag müsse dieser abgelehnt werden.

 

Ratsherr Schönbohm zieht somit gezwungenermaßen den gestellten Antrag der SWG-Fraktion zurück.

 

Ratsherr Dr. Bollmeyer erklärt, dass die CDU-Fraktion den Fremdenverkehrsbeitrag von Anfang an mit Skepsis betrachtet habe und nun erleichtert sei, wenn der jahrelange Rechtsstreit endlich zu einem Ende komme. Die Möglichkeit, die Fremdenverkehrsbeitragssatzung zu korrigieren und rechtsfest zu machen, verbiete sich seiner Ansicht nach aus zwei Gründen. Zum einen sei von juristisch versierten Personen bereits festgestellt worden, dass auch eine neue Satzung in einigen Punkten wieder angreifbar wäre. Zum anderen sprächen auch die über Jahre hinweg andauernden grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten über die Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrages dagegen.

 

Für die CDU-Fraktion sei das Beitragskonzept gescheitert. Seine Fraktion erwarte sich von einem verbindlichen Kompromiss mit den Gewerbetreibenden wesentlich bessere Ergebnisse als von einem jahrelangen Streit um den Fremdenverkehrsbeitrag.

 

Ratsfrau Zielke erklärt, dass die Fraktion Bündnis 90 / die Grünen selbstverständlich an dem gestellten Antrag zur Aufhebung des Fremdenverkehrsbeitrages festhielten. Dabei ginge es ihnen vor allem um den Unmut der Gewerbetreibenden. Ratsfrau Zielke appelliert allerdings ausdrücklich an die Freiwilligkeit der Gewerbetreibenden und an deren Kreativität. Sie hoffe, dass dadurch in den nächsten zwei bis drei Jahren mehr als 20.000 bis 40.000 Euro eingenommen werden könnten.

 

Ratsherr Theemann erklärt, dass die FDP-Fraktion sich ebenfalls für den Antrag ausspreche. Es sei festzustellen, dass es in der Stadt keine Akzeptanz für den Fremdenverkehrsbeitrag gebe. Man wolle den Tourismus voranbringen und das könne nur gemeinsam mit den Gewerbetreibenden geschehen und dazu könne man einen spaltenden Fremdenverkehrsbeitrag überhaupt nicht gebrauchen. Es sei wichtig, den Gewerbetreibenden durch die Abschaffung des Fremdenverkehrsbeitrages ein positives Signal zu setzen.

 

Er gibt zu bedenken, dass nach wie vor viele Punkte ungeklärt seien und das Risiko, dass die Heilung der Satzung nicht gelinge und die Gewerbetreibenden weiter klagten, zu hoch sei. Außerdem sei der Fremdenverkehrsbeitrag mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden. Wenn man von der geplanten Einnahme am Ende den Verwaltungsaufwand und einen Risikozuschlag abziehe, werde nicht mehr viel übrigbleiben.

 

Der Rat beschließt: