Beschluss: Abstimmung: mehrheitlich abgelehnt:

Abstimmung: Ja: 2, Nein: 4, Enthaltungen: 1

Beschlussvorschlag:

 

Der Verwaltungsausschuss beschließt, das Verfahren für die 1. vorhabenbezogene Änderung eines Teilbereiches des Bebauungsplanes Nr. 100 „Sondergebiet Biogasanlage“ mit örtlichen Bauvorschriften einzuleiten.

 

Der Geltungsbereich ist der dieser Beschlussvorlage beigefügten Übersichtskarte zu entnehmen.

 

Die Verwaltung wird beauftragt, nachdem der Antragsteller eine Anliegerversammlung durchgeführt hat, die notwendigen Schritte für die Durchführung dieses Bebauungsplanänderungsverfahrens einzuleiten.

 


Herr Lorenz führt zur Beschlussvorlage aus.

 

Herr Harjes erklärt, dass er darauf angesprochen worden sei, ob die für die Biogasanlage genutzten Flächen wieder der Lebensmittelproduktion dienen werden und ob man sicherstellen könne, dass diese nicht für andere Biogasanlagen genutzt werden. Herr Lorenz erwidert, dass man dieses über einen städtebaulichen Vertrag regeln könne. Der Antragsteller müsse aber mitspielen.

 

Herr Udo Albers führt aus, dass der geplante Anlagentyp grundsätzlich zu begrüßen sei, da Abfälle verwertet werden sollen. Dennoch lehne die SWG-Fraktion die Beschlussempfehlung der Verwaltung ab, da die gestellten Fragen zu dürftig beantwortet worden seien. Man habe dem Anschein nach streng vertrauliche Unterlagen bekommen und hätte daher nicht nachforschen können. Er stellt fest, dass die Behörden wie das Gewerbeaufsichtsamt den alten Zustand zu verantworten hatten, aufgrund dessen der jetzt bestehende Bebauungsplan aufgestellt worden sei, um dieses zu heilen. Daher sei eine gewisse Skepsis gegenüber diesen Behörden angebracht. Die Verringerung der Transporte werde in Zweifel gezogen, da man wisse, das faserreiche Abfälle wesentlich weniger energieträchtig seien sollen, als die bisher genutzten Inputstoffe. Außerdem würden die jetzt für die Biogas genutzten Flächen weiter genutzt, so dass das Erntegeschehen mit seinen Transporten beibehalten  werde. Auch sei der Import von Stoffen nicht berücksichtigt worden. Es solle Mist aus anderen Regionen angefahren werden. Dieses sei aus seiner Sicht unökologisch. Herr Albers schlägt vor, eine Ökobilanz einzuführen, die alle Umstände berücksichtige. Seine Fraktion sehe keinen Vorteil für die Umwelt. Sie stelle sich die Frage, warum die Produzenten der Gülle nicht selbst auf die Idee gekommen seien und selbst solche Anlagen errichten. Da es sich um eine Pilotanlage handeln solle, wisse man nicht, ob diese betriebssicher sei. Auch stelle sich die Frage, wie die Anlieger durch eine solche Anlage belastet werden. Er erinnert an die Biogasanlage in Isums, wo es vor Jahrzehnten enorme Geruchsbelästigungen gegeben habe. Die Aussagen bezüglich der Antibiotikazersetzung seien zweifelhaft. Diese seien nicht von der Verwaltung hinterfragt worden. Diese Aussagen müssten fachmännisch überprüft werden. Die SWG-Fraktion habe sich viele Gedanken zu diesem Thema gemacht, wobei es sich um eine hochkomplexe Materie handele. Seine Fraktion habe mit Kennern der Szene über solche Anlagen gesprochen. Diese hätten große Skepsis geäußert und hätten vor einer solchen Anlage gewarnt.

 

Herr Harjes erklärt, dass, wie Herr Albers bereits ausgeführt habe, viele Fragen noch offen seien. Er gehe davon aus, dass diese im Rahmen des Bauleitplanverfahrens beantwortet werden. Herr Harjes lobt die Verwaltung, dass diese im Vorfeld eine Antragskonferenz der zuständigen Behörden initiiert habe. Seine Fraktion sei sich zwar noch unschlüssig und wolle wissen, wie diese Anlage funktioniere. Sie wolle aber den Prozess mit dem Aufstellungsbeschluss starten.

 

Herr Udo Albers erklärt, dass in der Beschlussempfehlung eine Bürgerbeteiligung empfohlen werde. Er wirft die Frage, warum diese nicht vorher durchgeführt werde, damit die Politik daraus ihre Schlüsse ziehen könne. Der Vorsitzende stellt richtig, dass in der Beschlussempfehlung vorgeschlagen werde, dass die Verwaltung erst die notwendigen Schritte für die Durchführung des Bebauungsplanänderungsverfahrens einleitet, wenn der Antragsteller eine Anliegerversammlung durchgeführt hat.

 

Herr Oltmanns führt aus, dass auch seine Fraktion noch viele unbeantwortete Fragen habe. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Aussage, dass Antibiotika durch schwefelige Säure aufgelöst werde. Er habe dazu Fachleute befragt, die dieses für unmöglich halten. Außerdem solle lt. der Niederschrift die Anlage nach Störfallrecht beurteilt werden. Man wisse gar nicht, was für eine Anlage man sich damit ins Stadtgebiet hole. Nach seinen Recherchen habe die Stadt Lingen einen ähnlichen Antrag abgelehnt und zwar nicht wegen technischer Fragen sondern wegen dem Transport der Inputstoffe. Herr Oltmanns stellt fest, dass das Gewerbeaufsichtsamt die geplante Anlage nur aus technischer Sicht betrachte. Die Stadt Jever müsse sich fragen, ob für die Anlage Dinge aus der Cloppenburger Gegend importiert werden sollen, die man vorher nicht hatte. Mit der Änderung werde die Anlage zu einer industriellen Abfallentsorgungsanlage. Außerdem müsse sich die Stadt die Frage stellen, wo der Vorteil bei dieser Anlage für sie liege. Aufgrund der steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten werde es in den ersten Jahren keine Gewerbesteuer geben. Seiner Ansicht nach werden dort nicht mehr Arbeitskräfte eingesetzt, als jetzt schon. Die Windenergie sei damals abgelehnt worden, obwohl mit nicht unerheblichen Einnahmen gerechnet worden sei. Er weist darauf hin, dass es sich bei der Anlage um einen Prototypen handeln soll. Er habe recherchiert, dass der Erfinder dieses Prototypen bereits 2 Anlagen gebaut habe. Davon sei eine in Chemnitz wegen Mängel stillgelegt und die andere in Leipzig in Insolvenz gegangen. Aus den vielen Leserbriefen und der heutigen Teilnahme vieler Einwohner sei zu schließen, dass viele Bürger sich von diesem Vorhaben betroffen sehen. Dieses Verfahren solle daher in die von der Stadt Jever angestrebten Bürgerbeteiligung mit aufgenommen werden.

Herr Oltmanns beantragt, in der Beschlussempfehlung die Absätze 1 und 2 zu streichen und vor Absatz 3 die verpflichtende Bürgerbeteiligung zu setzen.   

 

Bürgermeister Albers weist die Anwürfe gegen die Verwaltung zurück. Diese habe 2 Dinge gemacht, die in einem solchen Verfahren unüblich seien, angesichts der Tatsache, dass die Stadt Jever etwas nicht bauplanungsrechtlich ermöglich wolle, was eine Totgeburt sein könne. Im Normalfall warte das Gewerbeaufsichtsamt ab, bis die Stadt Jever ihre Bauleitplanung abgeschlossen habe. Dann müsse vom Vorhabenträger ein Antrag beim Gewerbeaufsichtsamt gestellt werden, der dann geprüft werden und erst nach der Genehmigung dürfe die neue Anlage realisiert werden. Die Verwaltung habe aufgrund der vorher bestehenden Bedenken vorgeschlagen, im Vorfeld, vor Einleitung des Bebauungsplanänderungsverfahrens, das Gewerbeaufsichtsamt zu veranlassen, eine Antragskonferenz durchzuführen, um auch die Antibiotikaproblematik zu klären. Im Rahmen der Antragskonferenz habe die beteiligten Fachbehörden erklärt, dass es keine Probleme damit geben werde, da kein Wasser austritt und das Antibiotika aufgelöst werde. Da das Verfahren aber offiziell noch nicht angefangen habe, müssen die Aussagen noch durch Gutachten belegt werden. Bürgermeister Albers stellt fest, dass es offenkundig sei, dass in der weiteren Nachbarschaft Angst bezüglich der geplanten Anlage bestehe. Das Bauleitplanverfahren sehe dafür 2 Öffentlichkeitsbeteiligungsschritte vor, damit die Betroffenen zum jeweiligen Vorhaben schriftliche Stellungnahmen abgeben und damit ihre Bedenken äußern können. Aus seiner Sicht stelle der Vorschlag von Herrn Oltmanns eine Alternative dar. Er favorisiere diesen aber nicht. Wenn das Vorhaben nicht gewollt sei, dann müsse die Politik den Aufstellungsbeschluss nicht fassen. Die Verwaltung benötige ein klares Signal, ob sie weiter arbeiten solle oder nicht. Er bittet darum, heute eine Entscheidung zu treffen, ob man das Vorhaben grundsätzlich wolle und, wenn ja, ob eine weitere Bürgerbeteiligung erfolgen solle.

 

Herr Wolken erklärt für die SPD-Fraktion, dass diese grundsätzlich so agiere, erst einmal ein Bebauungsplanverfahren einzuleiten, um weitere Informationen zu erhalten und dann zu entscheiden, ob man das Verfahren zu Ende führen wolle. Aufgrund der vielen Fragen habe man in der letzten Fraktionssitzung die Fraktionsmitglieder befragt, ob diese sich für dieses Vorhaben aussprechen. Es habe sich herausgestellt, dass kein Fraktionsmitglied für das Vorhaben seine bzw. ihre Stimme habe geben wollen. Der Standort sei aus Sicht seiner Fraktion falsch. Hier sei eine Abwägung zwischen den Belangen der Nachbarschaft und denen des Vorhabenträgers zu treffen gewesen. Hier seien die Belange der Nachbarschaft höher gewichtet worden. Aus diesem Grunde sei es nur fair, hier das Verfahren abzubrechen. Wenn ein anderer Standort in Betracht komme, könne der Vorhabenträger sich gerne wieder melden.

 

Herr Dr. Funk führt aus, dass sich die CDU-Fraktion den Ausführungen von Herrn Harjes anschließen könne und das Verfahren gerne anschieben würde. Sie würde es bedauern, wenn das Vorhaben nicht weiter betrieben werde.

 

Nach dem Hinweis des Vorsitzenden, dass bei der abzusehenden Ablehnung der Beschlussempfehlung der Antrag von Herrn Oltmanns hinfällig sei, zieht dieser seinen Antrag zurück.

 

Sodann lässt der Vorsitzende über die Beschlussempfehlung abstimmen.