Beschluss: Abstimmung: mehrheitlich beschlossen:

Abstimmung: Ja: 23, Nein: 2, Enthaltungen: 1, Befangen: 0

  1. Der Rat der Stadt Jever beschließt über die diesem Beschluss beigefügten Abwägungsvorschläge zu den während der Auslegung nach § 3 Abs. 2 und  Behördenbeteiligung nach § 4 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) eingegangenen Anregungen und Hinweisen.

 

  1. Der Rat der Stadt Jever beschließt die 1. Vorhabenbezogene Änderung des Bebauungsplanes Nr. 80 „Sondergebiet Verbrauchermarkt Bahnhofstraße/Adolf-Ahlers-Straße nach § 13 a BauGB nebst Begründung gemäß § 10 Absatz 1 BauGB als Satzung. Dem Bebauungsplan wird die beigefügte Begründung beigegeben.

 

 

 


Ratsherr Janßen erklärt, mit dem bevorstehenden Satzungsbeschluss könne nach langem Stillstand mit der Umsetzung des Vorhabens begonnen werden. Er führt weiterhin aus, das jetzige Gebäude der „Alten Molkerei“ stelle einen städtebaulichen Missstand dar, den es zu beseitigen bedürfe. Ratsherr Janßen bemängelt zudem, dass die Postfiliale im EDEKA-Markt auf einer relativ kleinen Fläche vorhanden sei und betont, in einer Kreisstadt müssten optimalere Bedingungen für eine Postfiliale geschaffen werden. Diese würden mit dem geplanten Vorhaben und der Erweiterung des EDEKA-Marktes geschaffen, die Postfiliale werde aufgewertet. Er befürwortet außerdem den Erhalt des Kinos in Jever und hebt den Einsatz der Kinobetreiber und des Fördervereins „Kino-Freunde Friesland e.V.“ lobend hervor. Das Kino trage einen erheblichen Anteil zur Steigerung der Aufenthaltsqualität Jevers bei. Auch teilt er mit, dass viele Kompromisse bezüglich dieses Bauvorhabens erzielt worden seien, um den städtebaulichen Missstand zu beseitigen. Als Beispiel nennt Ratsherr Janßen die Größe des Marktes sowie die Errichtung eines zusätzlichen Getränkemarktes. Des Weiteren erklärt Ratsherr Janßen für die SPD-Fraktion, dass sie die Bedenken der FDP-Fraktion, die eine Schädigung des Versorgungsbereichs der Innenstadt durch die Erweiterung des Verbrauchermarktes befürchte, nicht teilen könne. Abschließend zeigt er sich zuversichtlich, dass dieser Missstand zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Jever schnellstmöglich beseitigt und das geplante Bauvorhaben zügig umgesetzt werde.

 

Ratsherr Theemann teilt für die FDP-Fraktion mit, grundsätzlich begrüße sie dieses Vorhaben, da mit diesem das Areal eine deutliche Aufwertung erfahre. Allerdings merkt er an, dass dieses Bauvorhaben zu einer Schwächung des Einzelhandels im Innenstadtbereich führen könne. Aus diesem Grund schlägt er für die FDP-Fraktion vor, die geplanten Erweiterungsflächen zu reduzieren, da eine Ausdehnung des EDEKA-Marktes um die in den Planungen aufgeführten 600 m², u.a. für die Schaffung eines Getränkemarktes und eines Blumenhandels, zu einer Verminderung der Umsätze der Einzelhandelsgeschäfte beitrage. Ratsherr Theemann appelliert, zusätzliche Leerstände in der Innenstadt müssten verhindert werden. Zudem weist er darauf hin, dass insbesondere die „Corona-Krise“ aufgrund persönlicher Einschränkungen und Verlagerung der Einkäufe über das Internet zu einem erheblichen Rückgang der Umsätze der Einzelhandelsgeschäfte geführt habe. Die angedachte Erweiterung der Verkaufsfläche des EDEKA-Marktes schwäche den Einzelhandel zusätzlich, wodurch eine Umverteilung der Umsätze in Jever von voraussichtlich circa 2,5 Millionen Euro entstehe. Ratsherr Theemann gibt zu bedenken, mit einer Einnahme zusätzlicher Umsätze sei nicht zu rechnen. Hinsichtlich der seitens des Ratsherrn Dr. Funk in der Fachausschusssitzung vom 27. Mai 2020 vorgetragenen Ausführungen, dass er nicht hoffe, dass die Annahmen der FDP-Fraktion bezüglich der Umsatzverteilungen zu Lasten der Innenstadt eintreffen würden und mit einer Vergrößerung des jetzigen Verbrauchermarktes eine Gleichstellung der Stadt Jever mit anderen Kommunen erzielt werde, entgegnet Ratsherr Theemann, die Stadt Wittmund habe beispielsweise eine optimale Versorgungslage mit guten Märkten in den Außenbereichen, jedoch sei die Situation in der Innenstadt Wittmunds verheerend. Er mahnt an, sofern einer Erweiterung des EDEKA-Verbrauchermarktes zugestimmt werde, würden längerfristig ähnliche Verhältnisse wie in der Stadt Wittmund auch in Jever geschaffen. Ratsherr Theemann erklärt weiterhin, dass derzeit noch die Möglichkeit bestehe, eine Anpassung hinsichtlich der Erweiterung der Verkaufsfläche vorzunehmen, um u.a. die Vielfalt des Einzelhandels in Jever aufrechtzuerhalten und den Einzelhandel in der Innenstadt zu schützen. Abschließend stellt Ratsherr Theemann für die FDP-Fraktion den Antrag, den Bebauungsplan dahingehend zu überarbeiten, dass die geplante Erweiterung der Verkaufsfläche für den Verbrauchermarkt in Verbindung mit dem Getränkemarkt deutlich reduziert und die Verwaltung mit entsprechenden Nachverhandlungen mit dem Vorhabenträger beauftragt werde.

 

Ratsherr Werber teilt für die FDP-Fraktion mit, sie begrüße das Vorhaben und dankt der Verwaltung für die geführten Verhandlungen mit dem Investor. Er gibt jedoch zu bedenken, ob eine Erweiterung der Verkaufsfläche um 600 m² erforderlich sei. Zudem stellt Ratsherr Werber die Errichtung eines Blumenhandels in diesem Areal in Frage und merkt an, in unmittelbarer Nähe befinde sich in der Bahnhofstraße bereits ein Blumenhandel. Ebenfalls existierten in der Innenstadt zwei weitere Floristikunternehmen. Er betont, die Innenstadt sei belebt und die dortigen Einzelhändler verfügten über ein vielfältiges Angebot. Durch die geplante Erweiterung der Verkaufsfläche des EDEKA-Marktes werde der Einzelhandel in der Innenstadt erheblich geschwächt. Ratsherr Werber gibt weiterhin zu bedenken, dass mittelfristig zusätzliche Leerstände geschaffen würden, die es zu verhindern gelte. Des Weiteren verweist Ratsherr Werber auf die im Rahmen des Bauleitverfahrens zum Vorhaben eingegangenen Abwägungen der Industrie- und Handelskammer Oldenburg und erklärt, diese gehe ebenfalls davon aus, dass insbesondere der EDEKA-Verbrauchermarkt in der Lindenbaumstraße Umsatzeinbußen verzeichnen werde. Er betont erneut, der Schutz des Einzelhandels in der Innenstadt müsse vorrangiges Ziel der Stadt Jever sein. Bereits bei Beschlussfassung des Einzelhandelskonzeptes der Stadt Jever sei angemahnt worden, ein Abwandern innenstadtrelevanter Sortimente in die Außenbereiche zu verhindern. Auch die Gutachterin, die das Einzelhandelskonzept entwickelt habe, habe ausdrücklich davor gewarnt, bei Nachnutzung des Gebäudes „Alte Molkerei“ zentrenrelevante Sortimente zuzulassen. Ratsherr Werber unterstützt die Ausführungen des Ratsherrn Janßen, dass mit diesem Bauvorhaben ein städtebaulicher Missstand beseitigt werde, merkt jedoch an, der Einzelhandel in der Innenstadt werde geschwächt, da eine Umsatzverteilung zu Lasten der Innenstadt eintreten werde. Aus diesem Grund beantragt Ratsherr Werber für die FDP-Fraktion,   den Bebauungsplan dahingehend zu überarbeiten, dass die geplante Erweiterung der Verkaufsfläche für den Verbrauchermarkt in Verbindung mit dem Getränkemarkt um mindestens 50 % reduziert und die Verwaltung mit entsprechenden Nachverhandlungen mit dem Vorhabenträger beauftragt werde.

 

Ratsherr Albers erklärt für die SWG-Fraktion, sie begrüße das geplante Vorhaben und die damit einhergehende Beseitigung des städtebaulichen Missstandes. Bezüglich der Dauer bis zum voraussichtlich heutigen Abschluss des Verfahrens führt er aus, es sei einige Zeit vergangen und betont, dies sei durchaus ein Vorteil gewesen, da nun ein akzeptables Ergebnis zustande gekommen sei. Ratsherr Albers bedauert jedoch, die Verkehrssituation im Bereich der „Bahnhofstraße / Adolf-Ahlers-Straße“ sei nicht hinreichend berücksichtigt worden. Diese könne sich mit der Durchführung des geplanten Vorhabens verschärfen. Ratsherr Albers hebt zudem hervor, insbesondere der Schulweg und die in dem Kreuzungsbereich vorhandenen sowie dürftig ausgeleuchteten Querungshilfen seien unberücksichtigt geblieben. Die Möglichkeit eines Tauschs der Grundstücksflächen, um zukünftig bei einer Zunahme des Verkehrsrisikos handlungsfähig zu bleiben, habe der Rat jedoch in seiner vergangenen Sitzung mehrheitlich abgelehnt. Weiterhin teilt er mit, die SWG-Fraktion teile die Bedenken der FDP-Fraktion nicht und erklärt, die Erweiterung der Verkaufsfläche des EDEKA-Marktes diene vorrangig der besseren Begehbarkeit sowie der Attraktivitätssteigerung des Marktes. Abschließend merkt Ratsherr Albers an, eine stärkere Konkurrenz führe zugleich zu einer Belebung des Geschäftes.

 

Ratsherr Janßen entgegnet, sofern der Rat in seiner heutigen Sitzung keinen Beschluss für das Vorhaben fasse, werde der städtebauliche Missstand weiterhin bestehen bleiben. Er erklärt, die SPD-Fraktion werde aus diesem Grund den Änderungsantrag der FDP-Fraktion ablehnen. Zudem sei für ihn der Vergleich mit der Stadt Wittmund nicht nachvollziehbar, da sich der EDEKA-Markt in der Adolf-Ahlers-Straße in zentraler Lage befinde. Ratsherr Janßen betont, nicht die Erweiterung der Verkaufsfläche führe zu einer Schwächung des Einzelhandels in der Innenstadt, sondern die Versandhandelsunternehmen. Diese würden zu vermehrten Leerständen nicht nur in Jever beitragen. Ratsherr Janßen weist außerdem darauf hin, dass der EDEKA-Markt ebenfalls Blumen zum Kauf anbiete und es bei der Erweiterung der Verkaufsfläche nicht um eine Erweiterung des Sortiments handele, sondern hauptsächlich ein Getränkemarkt geschaffen werden solle. Abschließend zeigt er sich zuversichtlich, dass die Mehrheit des Rates dem Beschlussvorschlag folgen werde und der städtebauliche Missstand schnellstmöglich beseitigt werden könne.

 

Ratsherr Zillmer teilt mit, das Bauleitverfahren sei nicht langwierig gewesen, stattdessen sei eine intensive und gründliche Beratung bezüglich dieses Vorhabens erfolgt. Er erklärt weiterhin für die CDU-Fraktion, dass sie dem Beschlussvorschlag der Verwaltung zustimmen und jegliche Änderungen ablehnen werde.

 

Ratsherr Dr. Funk unterstützt die Ausführungen des Ratsherrn Janßen, dass die Stadt Jever nicht mit der Stadt Wittmund vergleichbar sei.

 

Ratsherr Waculik zeigt sich sehr erfreut darüber, dass das Vorhaben nun nach langer Zeit des Stillstandes umgesetzt werden könne und der städtebauliche Missstand beseitigt werde.

 

Ratsherr Werber stimmt dem Ratsherrn Janßen dahingehend zu, dass die Versandhandelsunternehmen den lokalen und regionalen Einzelhandel gefährdeten. Er merkt jedoch an, aus diesem Grund müsse der Einzelhandel besonders geschützt werden, zumal dieser derzeit zusätzlich durch das „Coronavirus“ geschwächt werde.

 

Bürgermeister Albers bittet um Einhaltung der Geschäftsordnung des Rates und seiner Ausschüsse und weist darauf hin, gemäß § 10 Abs. 6 Buchst. e der Geschäftsordnung stehe grundsätzlich nur der oder dem Fraktionsvorsitzenden einer Partei oder Gruppe das Recht zu, zu einer Thematik mehrmals zu sprechen. Weiterhin erkundigt er sich danach, über welchen Änderungsantrag der FDP-Fraktion der Rat der Stadt Jever abstimmen solle, da zwei nahezu identische Änderungsanträge vorliegen würden, der des Ratsherrn Werber jedoch konkreter gestellt worden sei. Abschließend weist der Bürgermeister darauf hin, die Firma, bei der die Gutachterin, die das Einzelhandelskonzept entwickelt habe, angestellt sei, habe ebenfalls die Verträglichkeitsanalyse bezüglich der Planungen dieses Vorhabens durchgeführt. Im Ergebnis sei festgestellt worden, dass das Vorhaben mit dem Einzelhandelskonzept verträglich sei. Seiner Ansicht nach habe die Stadt ein optimales, nachvollziehbares Verfahren durchgeführt.

 

Ratsherr Theemann teilt für die FDP-Fraktion mit, dass über den von ihm gestellten Antrag für die FDP-Fraktion abgestimmt werden solle. Hinsichtlich dieser Analyse führt er aus, dass das Ergebnis dieser nicht ohne jeglichen Widerspruch zur Kenntnis genommen worden sei. In dieser sehr formalistischen Analyse sei mit bundesdurchschnittlichen Kriterien gearbeitet worden, für diesen Bereich müsse jedoch die spezifische Situation bedacht werden. Ratsherr Theemann betont außerdem, die Stadt Jever verfüge bereits über eine überdurchschnittliche Anzahl von Einzelhandelsflächen, bei denen die Kriterien des Bundes nicht zwangsläufig angewandt werden könnten. Auch die Vorgehensweise der Umsatzberechnung in der Verträglichkeitsanalyse sei für ihn nicht nachvollziehbar und müsse kritisch hinterfragt werde. Weiterhin stellt er fest, dass der EDEKA-Verbrauchermarkt bereits über ein Getränkesortiment verfüge und dieses ebenfalls zum Kauf anbiete. Dies werde in der Verträglichkeitsanalyse nicht bedacht, sodass fälschlicherweise von fehlerhaften Umsatzberechnungen ausgegangen werde. Er erklärt abschließend, es müsse eine Abwägung zwischen der Beseitigung des städtebaulichen Missstandes einerseits und andererseits dem Risiko für die Einzelhändler der Stadt Jever stattfinden.

 

Sodann lässt der Ratsvorsitzende zunächst über den von Ratsherrn Theemann für die FDP-Fraktion gestellten Antrag, den Bebauungsplan dahingehend zu überarbeiten, dass die geplante Erweiterung der Verkaufsfläche für den Verbrauchermarkt in Verbindung mit dem Getränkemarkt deutlich reduziert und die Verwaltung mit entsprechenden Nachverhandlungen mit dem Vorhabenträger beauftragt werde, abstimmen. 

 

Abstimmung: mehrheitlich abgelehnt: Ja 2  Nein 23  Enthaltung 1 

 

Der Rat der Stadt Jever beschließt sodann: