Beschluss: Abstimmung: mehrheitlich abgelehnt:

Abstimmung: Ja: 9, Nein: 16, Enthaltungen: 2, Befangen: 0

Die Verwaltung erhält den Auftrag, in die Verkaufsbedingungen für Gewerbegrundstücke eine Verpflichtung zur Installation von PV-Anlagen aufzunehmen und den Entwurf dem Rat zur Beschlussfassung vorzulegen.

 

 


Ratsherr Albers nimmt Bezug auf die Fragestellungen des Bürgers unter dem Tagesordnungspunkt 8 „Einwohnerfragestunde“ und führt aus, mit dem Antrag der SWG-Fraktion zur Verpflichtung der Installation von Photovoltaik-Anlagen beim Verkauf von Gewerbegrundstücken, könne angesichts des Klimaschutzes vermehrt Ökostrom erzeugt und dem voranschreitenden Klimawandel entgegengewirkt werden. Des Weiteren könne durch die Errichtung von Photovoltaik-Anlagen auf gewerblich genutzten Gebäuden Flächen eingespart werden, da diese nicht, ähnlich wie in der Stadt Wilhelmshaven, für Freiluft-Photovoltaik-Anlagen verwendet werden müssten. Zudem könnten künftig mit der Errichtung von Photovoltaik-Anlagen gegebenenfalls zusätzliche Windkraftanlagen verhindert werden. Weiterhin erinnert Ratsherr Albers, dass vor ungefähr zehn Jahren konkrete Planungen der Stadt Jever vorhanden gewesen seien, im Gewerbegebiet eine Freiluft-Photovoltaik-Anlage zu errichten, um den städtischen Haushalt zu entlasten und Einnahmen generieren zu können. Nunmehr sei das Gewerbegebiet weitestgehend vermarktet, sodass durchaus überlegenswert sei, die Verkaufsbedingungen für Gewerbegrundstücke dahingehend zu ergänzen, dass eine Verpflichtung zur Installation von Photovoltaik-Anlagen aufgenommen werde. Die Bedenken einzelner Ratsfraktionen, die Verpflichtung zur Installation von Photovoltaik-Anlagen in die Verkaufsbedingungen für Gewerbegrundstücke aufzunehmen, sei für potenzielle Interessenten unzumutbar, könne er nicht nachvollziehen. Zwar sei ein geringer finanzieller Mehraufwand bei einer entsprechenden Dachkonstruktion erforderlich, dennoch sei der spätere Nutzen dieser Anlage höher, sodass eine solche Verpflichtung für die potenziellen Gewerbetreibenden durchaus zumutbar sei. Er wirft außerdem ein, durch gesetzliche Vorgaben, wie zum Beispiel das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), würden die Bürgerinnen und Bürger über die Stromkosten einen finanziellen Mehraufwand leisten. Hinzu kommen unzählige weitere Vorschriften, durch die die Bürger/-innen finanziell belastet würden. Zudem gibt Ratsherr Albers zu bedenken, dass auch mit der künftigen Entstehung eines ökologischen Baugebietes in Jever und damit einhergehender Vorgaben eine gewisse Verpflichtung für Bürgerinnen und Bürger entstehe. Die Verpflichtung zur Installation von Photovoltaik-Anlagen für Gewerbegrundstücke, durch die zugleich Einnahmen generiert werden könnten, stelle dagegen eine geringfügige Belastung dar. Er teilt mit, die CDU-Fraktion, FDP-Fraktion sowie die SPD-Fraktion hätten sich zwar in den vorherigen Beratungen gegen die Verpflichtung zur Installation von Photovoltaik-Anlagen ausgesprochen, bittet jedoch darum, zu bedenken, dass insbesondere aufgrund der bundespolitischen Entscheidungen der damaligen Bundesregierung bezüglich des Unglücks in Fukushima und den damit beschlossenem Ausstieg aus der Atomenergie, alternative Möglichkeiten eruiert werden müssen, um die Stromversorgung zu gewährleisten. U.a. habe die SWG-Fraktion aus diesem Grund den vorliegenden Antrag gestellt. Abschließend weist Ratsherr Albers darauf hin, dass das kürzlich vorgestellte Wahlprogramm der Bundes-SPD eben diese Verpflichtung zur Installation von Photovoltaik-Anlagen an allen öffentlichen Gebäuden beinhalte. Zusammenfassend sei für ihn nicht verständlich, weshalb der Rat der Stadt Jever diesem Antrag in den vorherigen Beratungen abgelehnt habe.  

 

Ratsherr Harjes teilt mit, die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen werde diesen Antrag der SWG-Fraktion hinsichtlich der Energiewende unterstützen, bedauert jedoch zugleich, dass die SWG-Fraktion diesen Antrag gestellt habe und nicht seine Fraktion. Weiterhin erklärt er, in Bayern würden bereits Überlegungen angestellt, dass entsprechende Anlagen auch auf Wohnhäusern verpflichtend installiert werden sollen und führt aus, die Photovoltaik-Anlagen finanzierten sich weitestgehend selbst. Ratsherr Harjes macht zudem deutlich, dass die Stadt Jever energiepolitisch nicht rückständig bleiben dürfe und teilt abschließend mit, dass die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen dem Beschlussvorschlag zustimmen werde. 

 

Ratsherr Dr. Funk wirft ein, auch wenn das Bundesland Baden-Württemberg bereits entsprechende gesetzliche Regelungen getroffen habe, die die Installation von Photovoltaik-Anlagen vorschreiben würden, sollten diesbezüglich seitens des Staates keine Vorschriften erlassen werden. Vielmehr müsse den durch die Pandemie in finanzielle Not geratenen Bürgerinnen und Bürgern entsprechend des Prinzips der sozialen Marktwirtschaft Unterstützung angeboten werden. Insbesondere in der jetzigen Situation zusätzliche Vorschriften für Gewerbebetriebe, die zugleich Arbeitsplätze schaffen würden, festzusetzen, sei nicht nachvollziehbar und mit der damaligen DDR vergleichbar. Abschließend erinnert Ratsherr Dr. Funk, dass in der Vergangenheit die Möglichkeit bestanden habe, in Jever eine alternative Energiegewinnung zu erreichen, um angesichts der Katastrophe in Fukushima zugleich eine Abkehr von der atomaren Energiegewinnung zu signalisieren. Dies sei jedoch, insbesondere seitens der SWG-Fraktion und des mehrheitlichen Willens der Bürgerinnen und Bürger, abgelehnt und somit nicht umgesetzt worden.

 

Ratsherr Theemann führt aus, seiner Ansicht nach sei der stetige Erlass von Anordnungen, Vorschriften und Verbote nicht mehr zeitgemäß und teilt mit, jede Vorschrift, die nicht erlassen werde, sei ein Fortschritt. Er erklärt, der Klimaschutz sei ein übergeordnetes Ziel aller politischen Parteien und Wählergruppen, ebenso die Einhaltung des international vereinbarten Pariser Klimaabkommens. Diese Zielvorgaben könnten jedoch lediglich mit Erfolg erreicht werden, wenn nicht stets Anordnungen, Vorschriften, Richtlinien etc. einen Zwang auferlegten. Ratsherr Theemann betont, Photovoltaik-Anlagen stellten kein Selbstzweck dar, sondern müssten wirtschaftlich sein. In einzelnen Bereichen könne die Installation einer solchen Anlage zwar dienlich sein, in anderen Bereichen wiederum belastend. Er macht deutlich, dass jede Maßnahme im Bereich dieser Energie einen wirtschaftlichen Nutzen habe müsse. Dies sei nicht pauschal anzunehmen. Des Weiteren führt er aus, energiepolitisch befinde sich Deutschland aufgrund der unterschiedlichsten Anforderungen an die Energieversorgung in einem Dilemma. Der Klimaschutz stehe zwar im Vordergrund, dennoch sei ebenso von Bedeutung, dass ökologisch gehandelt werde. Für jede errichtete Anlage, wie zum Beispiel eine Windkraftanlage, werde in die Natur eingegriffen. Die Politik müsse eine Akzeptanz für ihre Maßnahmen innerhalb der Bevölkerung schaffen. Ratsherr Theemann erinnert an die Diskussion um die Errichtung von Windkraftanlagen in Jevers Stadtgebiet vor vier Jahren, die verdeutlicht habe, dass eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern für die Energiewende noch nicht bereit sei und keine Akzeptanz bestanden habe. Außerdem erklärt Ratsherr Theemann, der Strom müsse der / dem Verbraucher/-in durchgehend zur Verfügung stehen, zugleich müsse er bezahlbar sein. Er macht abschließend deutlich, insgesamt müssten Möglichkeiten eruiert werden, die gleichermaßen ökologische und ökonomische Aspekte berücksichtigten und hebt hervor, Verbote, Weisungen und Richtlinien seien nicht zielführend, sodass die FDP-Fraktion dem Beschlussvorschlag nicht zustimmen werde.  

 

Ratsherr Janßen teilt mit, der Antrag, in Jever eine Freiluft-Photovoltaik-Anlage im Gewerbegebiet zu errichten, sei von der SPD-Fraktion gestellt worden. Mit einer solchen Anlage hätte die Stadt Jever jährlich Einnahmen in Höhe von rund 50.000 € bis 60.000 € generieren können. Bedauerlicherweise sei der Antrag seinerzeit mehrheitlich abgelehnt worden. Weiterhin erklärt er, innerhalb der SPD-Fraktion existierten angesichts dieser Thematik unterschiedliche Meinungen. Die Mehrheit der SPD-Fraktion habe sich jedoch dafür ausgesprochen, diese Entscheidung den Kaufinteressenten zu überlassen und auf Freiwilligkeit zu setzen. Ratsherr Janßen gibt zu bedenken, dass eine Installation von Photovoltaik-Anlagen zunächst sehr kostenintensiv sei. Insbesondere für jüngere Unternehmerinnen und Unternehmer sei dies zugleich hinsichtlich der derzeitigen Pandemiesituation gegebenenfalls nicht finanzierbar. Die Zeit, bis zu der sich eine solche Anlage amortisiere, belaufe sich auf circa 15 bis 20 Jahre. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass sich unter Umständen der Beitrag zur Gebäudeversicherung (Brandkasse) erhöhe. Er führt für die SPD-Fraktion weiterhin aus, dass vorrangig auf die Freiwilligkeit der Kaufinteressenten gesetzt werden solle und keine zusätzlichen Hindernisse geschaffen werden sollten. Abschließend zeigt sich Ratsherr Janßen überzeugt, dass die Kaufinteressenten, sofern sie die Errichtung einer Photovoltaik-Anlage anstrebten, durch die Verwaltung umfassend, auch hinsichtlich der Refinanzierungsmöglichkeiten, aufgeklärt würden.

 

Der Rat der Stadt Jever beschließt sodann: