Sitzung: 11.03.2021 Rat der Stadt Jever
Beschluss: Abstimmung: mehrheitlich abgelehnt:
Abstimmung: Ja: 9, Nein: 16, Enthaltung: 2, Befangen: 0
Vorlage: BV/1333/2016-2021
Die
Verwaltung erhält den Auftrag, in die Verkaufsbedingungen für Gewerbegrundstücke
eine Verpflichtung zur Installation von PV-Anlagen aufzunehmen und den Entwurf
dem Rat zur Beschlussfassung vorzulegen.
Ratsherr Albers nimmt Bezug auf die Fragestellungen des
Bürgers unter dem Tagesordnungspunkt 8 „Einwohnerfragestunde“ und führt aus,
mit dem Antrag der SWG-Fraktion zur Verpflichtung der Installation von
Photovoltaik-Anlagen beim Verkauf von Gewerbegrundstücken, könne angesichts des
Klimaschutzes vermehrt Ökostrom erzeugt und dem voranschreitenden Klimawandel
entgegengewirkt werden. Des Weiteren könne durch die Errichtung von
Photovoltaik-Anlagen auf gewerblich genutzten Gebäuden Flächen eingespart
werden, da diese nicht, ähnlich wie in der Stadt Wilhelmshaven, für Freiluft-Photovoltaik-Anlagen
verwendet werden müssten. Zudem könnten künftig mit der Errichtung von
Photovoltaik-Anlagen gegebenenfalls zusätzliche Windkraftanlagen verhindert
werden. Weiterhin erinnert Ratsherr Albers, dass vor ungefähr zehn
Jahren konkrete Planungen der Stadt Jever vorhanden gewesen seien, im Gewerbegebiet
eine Freiluft-Photovoltaik-Anlage zu errichten, um den städtischen Haushalt zu
entlasten und Einnahmen generieren zu können. Nunmehr sei das Gewerbegebiet
weitestgehend vermarktet, sodass durchaus überlegenswert sei, die
Verkaufsbedingungen für Gewerbegrundstücke dahingehend zu ergänzen, dass eine
Verpflichtung zur Installation von Photovoltaik-Anlagen aufgenommen werde. Die
Bedenken einzelner Ratsfraktionen, die Verpflichtung zur Installation von
Photovoltaik-Anlagen in die Verkaufsbedingungen für Gewerbegrundstücke
aufzunehmen, sei für potenzielle Interessenten unzumutbar, könne er nicht
nachvollziehen. Zwar sei ein geringer finanzieller Mehraufwand bei einer
entsprechenden Dachkonstruktion erforderlich, dennoch sei der spätere Nutzen
dieser Anlage höher, sodass eine solche Verpflichtung für die potenziellen
Gewerbetreibenden durchaus zumutbar sei. Er wirft außerdem ein, durch
gesetzliche Vorgaben, wie zum Beispiel das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), würden die Bürgerinnen und Bürger über die Stromkosten
einen finanziellen Mehraufwand leisten. Hinzu kommen unzählige weitere
Vorschriften, durch die die Bürger/-innen finanziell belastet würden. Zudem
gibt Ratsherr Albers zu bedenken, dass auch mit der künftigen Entstehung
eines ökologischen Baugebietes in Jever und damit einhergehender Vorgaben eine
gewisse Verpflichtung für Bürgerinnen und Bürger entstehe. Die Verpflichtung
zur Installation von Photovoltaik-Anlagen für Gewerbegrundstücke, durch die
zugleich Einnahmen generiert werden könnten, stelle dagegen eine geringfügige
Belastung dar. Er teilt mit, die CDU-Fraktion, FDP-Fraktion sowie die
SPD-Fraktion hätten sich zwar in den vorherigen Beratungen gegen die
Verpflichtung zur Installation von Photovoltaik-Anlagen ausgesprochen, bittet
jedoch darum, zu bedenken, dass insbesondere aufgrund der bundespolitischen
Entscheidungen der damaligen Bundesregierung bezüglich des Unglücks in
Fukushima und den damit beschlossenem Ausstieg aus der Atomenergie, alternative
Möglichkeiten eruiert werden müssen, um die Stromversorgung zu gewährleisten.
U.a. habe die SWG-Fraktion aus diesem Grund den vorliegenden Antrag gestellt.
Abschließend weist Ratsherr Albers darauf hin, dass das kürzlich
vorgestellte Wahlprogramm der Bundes-SPD eben diese Verpflichtung zur Installation
von Photovoltaik-Anlagen an allen öffentlichen Gebäuden beinhalte.
Zusammenfassend sei für ihn nicht verständlich, weshalb der Rat der Stadt Jever
diesem Antrag in den vorherigen Beratungen abgelehnt habe.
Ratsherr Harjes teilt mit, die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen werde
diesen Antrag der SWG-Fraktion hinsichtlich der Energiewende unterstützen,
bedauert jedoch zugleich, dass die SWG-Fraktion diesen Antrag gestellt habe und
nicht seine Fraktion. Weiterhin erklärt er, in Bayern würden bereits
Überlegungen angestellt, dass entsprechende Anlagen auch auf Wohnhäusern
verpflichtend installiert werden sollen und führt aus, die Photovoltaik-Anlagen
finanzierten sich weitestgehend selbst. Ratsherr Harjes macht zudem
deutlich, dass die Stadt Jever energiepolitisch nicht rückständig bleiben dürfe
und teilt abschließend mit, dass die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen dem
Beschlussvorschlag zustimmen werde.
Ratsherr Dr. Funk wirft ein, auch wenn das Bundesland Baden-Württemberg bereits entsprechende gesetzliche Regelungen getroffen habe, die die Installation von Photovoltaik-Anlagen vorschreiben würden, sollten diesbezüglich seitens des Staates keine Vorschriften erlassen werden. Vielmehr müsse den durch die Pandemie in finanzielle Not geratenen Bürgerinnen und Bürgern entsprechend des Prinzips der sozialen Marktwirtschaft Unterstützung angeboten werden. Insbesondere in der jetzigen Situation zusätzliche Vorschriften für Gewerbebetriebe, die zugleich Arbeitsplätze schaffen würden, festzusetzen, sei nicht nachvollziehbar und mit der damaligen DDR vergleichbar. Abschließend erinnert Ratsherr Dr. Funk, dass in der Vergangenheit die Möglichkeit bestanden habe, in Jever eine alternative Energiegewinnung zu erreichen, um angesichts der Katastrophe in Fukushima zugleich eine Abkehr von der atomaren Energiegewinnung zu signalisieren. Dies sei jedoch, insbesondere seitens der SWG-Fraktion und des mehrheitlichen Willens der Bürgerinnen und Bürger, abgelehnt und somit nicht umgesetzt worden.
Ratsherr Theemann führt aus, seiner Ansicht nach sei der
stetige Erlass von Anordnungen, Vorschriften und Verbote nicht mehr zeitgemäß
und teilt mit, jede Vorschrift, die nicht erlassen werde, sei ein Fortschritt. Er erklärt, der Klimaschutz sei ein
übergeordnetes Ziel aller politischen Parteien und Wählergruppen, ebenso die
Einhaltung des international vereinbarten Pariser Klimaabkommens. Diese
Zielvorgaben könnten jedoch lediglich mit Erfolg erreicht werden, wenn nicht
stets Anordnungen, Vorschriften, Richtlinien etc. einen Zwang auferlegten. Ratsherr Theemann betont,
Photovoltaik-Anlagen stellten kein Selbstzweck dar, sondern müssten
wirtschaftlich sein. In einzelnen Bereichen könne die Installation einer
solchen Anlage zwar dienlich sein, in anderen Bereichen wiederum belastend. Er macht deutlich, dass jede Maßnahme
im Bereich dieser Energie einen wirtschaftlichen Nutzen habe müsse. Dies sei
nicht pauschal anzunehmen. Des Weiteren führt er aus, energiepolitisch befinde sich Deutschland aufgrund der
unterschiedlichsten Anforderungen an die Energieversorgung in einem Dilemma.
Der Klimaschutz stehe zwar im Vordergrund, dennoch sei ebenso von Bedeutung,
dass ökologisch gehandelt werde. Für jede errichtete Anlage, wie zum Beispiel
eine Windkraftanlage, werde in die Natur eingegriffen. Die Politik müsse eine
Akzeptanz für ihre Maßnahmen innerhalb der Bevölkerung schaffen. Ratsherr Theemann erinnert an die
Diskussion um die Errichtung von Windkraftanlagen in Jevers Stadtgebiet vor
vier Jahren, die verdeutlicht habe, dass eine Vielzahl von Bürgerinnen und
Bürgern für die Energiewende noch nicht bereit sei und keine Akzeptanz
bestanden habe. Außerdem erklärt Ratsherr
Theemann, der Strom müsse der / dem Verbraucher/-in durchgehend zur
Verfügung stehen, zugleich müsse er bezahlbar sein. Er macht abschließend deutlich, insgesamt müssten Möglichkeiten
eruiert werden, die gleichermaßen ökologische und ökonomische Aspekte
berücksichtigten und hebt hervor, Verbote, Weisungen und Richtlinien seien
nicht zielführend, sodass die FDP-Fraktion dem Beschlussvorschlag nicht
zustimmen werde.
Ratsherr Janßen teilt mit, der Antrag, in Jever eine
Freiluft-Photovoltaik-Anlage im Gewerbegebiet zu errichten, sei von der
SPD-Fraktion gestellt worden. Mit einer solchen Anlage hätte die Stadt Jever
jährlich Einnahmen in Höhe von rund 50.000 € bis 60.000 € generieren können.
Bedauerlicherweise sei der Antrag seinerzeit mehrheitlich abgelehnt worden.
Weiterhin erklärt er, innerhalb der
SPD-Fraktion existierten angesichts dieser Thematik unterschiedliche Meinungen.
Die Mehrheit der SPD-Fraktion habe sich jedoch dafür ausgesprochen, diese
Entscheidung den Kaufinteressenten zu überlassen und auf Freiwilligkeit zu
setzen. Ratsherr Janßen gibt zu
bedenken, dass eine Installation von Photovoltaik-Anlagen zunächst sehr
kostenintensiv sei. Insbesondere für jüngere Unternehmerinnen und Unternehmer
sei dies zugleich hinsichtlich der derzeitigen Pandemiesituation gegebenenfalls
nicht finanzierbar. Die Zeit, bis zu der sich eine solche Anlage amortisiere,
belaufe sich auf circa 15 bis 20 Jahre. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass
sich unter Umständen der Beitrag zur Gebäudeversicherung (Brandkasse) erhöhe. Er führt für die SPD-Fraktion weiterhin
aus, dass vorrangig auf die Freiwilligkeit der Kaufinteressenten gesetzt werden
solle und keine zusätzlichen Hindernisse geschaffen werden sollten.
Abschließend zeigt sich Ratsherr Janßen überzeugt,
dass die Kaufinteressenten, sofern sie die Errichtung einer Photovoltaik-Anlage
anstrebten, durch die Verwaltung umfassend, auch hinsichtlich der
Refinanzierungsmöglichkeiten, aufgeklärt würden.
Der Rat der Stadt Jever beschließt sodann: