Sitzung: 06.05.2021 Rat der Stadt Jever
Beschluss: Abstimmung: mehrheitlich beschlossen:
Abstimmung: Ja: 13, Nein: 11, Enthaltungen: 5, Befangen: 0
Vorlage: BV/1401/2016-2021
Der
anliegenden Resolution für die Unterzeichnung des Vertrages für ein
Atomwaffenverbot durch die Bundesregierung Deutschland wird zugestimmt.
Ratsherr Zillmer nimmt an der Abstimmung zu diesem Tagesordnungspunkt
nicht teil.
Ratsfrau Thomßen teilt für die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen mit, dass sie sehr erfreut sei, dass der Rat der Stadt Jever in seiner heutigen Sitzung voraussichtlich eine entsprechende Resolution zur Ächtung von Atomwaffen beschließen werde. Sie führt aus, Bürgermeister Albers sei bereits seit einigen Jahren ein „Mayor for Peace“. Mit einem möglichen Beschluss zur Resolution werde sein Engagement für den Frieden unterstützt. Ratsfrau Thomßen zitiert im weiteren Verlauf der Sitzung aus einer Presseerklärung, in der der Bürgermeister darauf aufmerksam gemacht habe, dass durch die Nähe Jevers zur Stadt Wilhelmshaven, dem größten und bedeutendsten Marinestandort Deutschlands, die Region Friesland im Falle eines atomaren Angriffs voraussichtlich eines der herausgehobene Ziele sei. Die weltpolitische Situation habe sich zwar verändert, dennoch würden sich noch immer rund 13.400 Atomwaffen im Besitz der Atomwaffenstaaten befinden. Sie macht weiterhin deutlich, die Stadt Jever sei eine Friedensstadt und erinnert an die Kapitulation Jevers gegen Ende des Zweiten Weltkrieges am 03. Mai 1945. Durch das Hissen einer weißen Flagge sei der Krieg in Jever beendet worden. Außerdem erinnert Ratsfrau Thomßen an die Friedensaktivistin Elisa Kauffeld, die im Jahre 1970 eine Friedensinitiative gegründet und sich jahrzehntelang für die Abschaffung von Atomwaffen eingesetzt habe. Viele Einwohnerinnen und Einwohner hätten sich dieser Friedensinitiative angeschlossen. Im Jahr 1980 habe Elisa Kauffeld einen Appell unterzeichnet, mit dem sie keine neuen Atomraketen für Deutschland forderte. Aufgrund ihres jahrelangen Einsatzes für den Frieden und gegen Atomwaffen sei sogar die hiesige Oberschule nach ihr benannt worden. Abschließend zitiert sie Albert Einstein, der seinerzeit geäußert habe, dass der Mensch die Atombombe erfunden habe, aber keine Maus jemals eine Mausefalle konstruieren würde und appelliert, dass der Rat der Stadt Jever in seiner heutigen Sitzung ein eindeutiges Signal gegen Atomwaffen setzen und diese Resolution beschließen sollte.
Ratsherr
Werber
erklärt, nukleare Vernichtungswaffen seien der Albtraum der Menschheit. Ein
Einsatz solcher Waffen würde zerstörerische Auswirkungen nach sich ziehen. Er macht deutlich, mit hoher
Wahrscheinlichkeit würde jeder Mensch für die Abschaffung nuklearer Waffen
eintreten, auch er persönlich. Dennoch halte er den Beschluss einer solchen
Resolution für nicht zielführend, da eine entsprechende Resolution wenig
Wirkung erziele. Bedauerlicherweise würden durch einen solchen Appell seitens
der Stadt Jever keinerlei atomare Waffen abgeschafft. Ratsherr Werber erklärt weiterhin, dass reine Friedensresolutionen
bedauerlicherweise keine Änderungen der machtpolitischen Realitäten
herbeiführten. Zudem sei die Bunderepublik Deutschland seinerzeit
bündnispolitische, internationale Verpflichtungen eingegangen, deren Einhaltung
geboten sei. Seit 75 Jahren lebe die Bevölkerung Deutschlands in Frieden. Er betont, dass Deutschland seit der
Zeit des Kalten Krieges zu keinem Zeitpunkt in der Lage gewesen sei,
eigenständig vollumfänglich für die Verteidigung seiner Bevölkerung zu sorgen.
Diese Aufgabe nehme die NATO durch ihre 30 Mitgliedsstaaten wahr. Die NATO
verhindere durch ihr Bündnis zur atomaren Teilhabe die Verbreitung etwaiger
Atomwaffen. Sofern die Bundesrepublik Deutschland nunmehr einseitig aus dem
Bündnis austrete, würde die Welt dennoch nicht sicherer werden. Auch würden
keine Atomwaffen durch einen Austritt Deutschlands aus der NATO verschwinden. Ratsherr Werber informiert, dass bisher
keiner der atomaren Waffenbesitzer den Vertrag zum Atomwaffenverbot unterzeichnet
habe. Diese würden diesen Vertrag auch sicherlich nicht unterzeichnen. 54
Staaten hätten diesen Vertrag ratifiziert, hiervon jedoch kein Staat mit
wirtschaftlicher oder militärischer Macht. Die Bundesregierung Deutschland
setze sich derzeit international dafür ein, die Atommächte mit internationalem
Druck dazu zu bewegen, dass diese umdenken würden. Er führt abschließend aus, inhaltlich und moralisch sei diese
Resolution zu befürworten, dennoch sei sie realitätsfern. Die FDP-Fraktion
werde dieser Resolution u.a. aufgrund der vertraglichen Verpflichtungen der
Bundesrepublik Deutschland in dieser Form nicht zustimmen. Die Welt könne
ausschließlich durch Realpolitik verändert werden.
Ratsherr
Theemann
merkt an, das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) regele die
Zuständigkeiten des Rates. Diese Zuständigkeit erstrecke sich für Jever
ausschließlich auf das eigene Stadtgebiet. Der Rat habe die Interessen der
Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt zu vertreten. Eine Resolution zur Ächtung
von Atomwaffen falle eindeutig nicht in die Zuständigkeit des Rates der Stadt
Jever. Auch seien die einzelnen Ratsmitglieder nicht gewählt worden, um
sicherheitspolitische Fragen zu diskutieren. Er teilt mit, jeder Bürgerin und jedem Bürger stehe die Unterzeichnung
einer entsprechenden Resolution frei. Dass sich nunmehr der Rat der Stadt Jever
als sachlich nicht zuständiges Gremium mit dieser Resolution befasse, sei nicht
akzeptabel.
Ratsherr
Albers
teilt mit, grundsätzlich sei eine Resolution zur Ächtung von Atomwaffen zu
begrüßen und sollte vielmehr um biologische und chemische Waffen ergänzt
werden. Diese Art von Waffen werde nicht benötigt. Dennoch sei die gänzliche
Abschaffung solcher Waffen eher wenig realistisch. Auch werde voraussichtlich
keine Wirkung mit einer solchen Resolution erzielt. Durch diese Resolution
werde maximal ein kleines Zeichen gesetzt. Er
erklärt des Weiteren, dass gerade diese Waffen möglicherweise die Werte
verteidigt hätten, für die sich jahrelang eingesetzt worden sei. Viele Staaten
seien im Besitz solcher Atomwaffen oder strebten gar nach diesen Waffen, sodass
fraglich sei, ob ein Verzicht auf Atomwaffen generell sinnbringend sei.
Abschließend führt Ratsherr Albers aus,
dass seit geraumer Zeit ein Umbruch in Deutschland stattfinde, der viel
tiefgründiger sei und merkt an, in Deutschland sei es mittlerweile nicht mehr
gestattet, bestimmte Begrifflichkeiten, die in der Vergangenheit im üblichen
Sprachgebrauch verwendet worden seien, zu nutzen, da sie nunmehr politisch
inkorrekt seien. Es werde sich heutzutage in Deutschland immer mehr mit
Banalitäten beschäftigt. Diese Resolution sei ein Beispiel für eine solche
Banalität. Die SWG-Fraktion werde dieser Resolution daher nicht zustimmen.
Ratsherr
Janßen
teilt mit, seitens der SPD-Fraktion erfolge eine persönliche Abstimmung der
einzelnen Fraktionsmitglieder. Er persönlich halte Atomwaffen für unnötig. Auch
in Deutschland würden Atomwaffen gelagert. Dies sei mit Gefahren verbunden. Er macht deutlich, die Geschichte
Deutschlands sollte lehren, dass diese Art von Waffen nicht benötigt werde,
auch nicht auf deutschem Boden. Diese Resolution stelle seiner Meinung nach ein
richtiges, wenn auch ein kleines Zeichen dar. Ratsherr Janßen erklärt, auch mittels kleinen Signalen könne eine Wirkung
erzielt werden. In diesem Zusammenhang verweist er auf die Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg, durch deren
Handeln eine Weltbewegung entstanden sei. Auch die Stadt Jever könne ein
kleines Zeichen setzen. Er selbst werde dieser Resolution zustimmen.
Ratsherr
Werber
erwidert, es sei zwar wünschenswert, dass Deutschland über keinerlei Atomwaffen
mehr verfüge, mahnt jedoch zugleich an, dass die Bundesrepublik Deutschland mit
der Unterzeichnung dieses Vertrages die bündnispolitischen Verpflichtungen verletzen
würde. Zudem würde Deutschland die bündnispolitischen Partner, die das Land
über viele Jahre verteidigt hätten, verlieren.
Der Rat der Stadt Jever beschließt sodann: