Beschluss: Abstimmung: mehrheitlich beschlossen:

Abstimmung: Ja: 4, Nein: 3

Beschlussvorschlag:

 

Die Stadt Jever tritt der Entwicklungszone für das Biosphärenreservat „Wattenmeer“ bei.

 


Die Vorsitzende berichtet, dass es am 07.02.2022 bereits eine Informationsveranstaltung per Videokonferenz für alle Ratsmitglieder zum Thema Biosphärenreservat gegeben habe. Mithilfe dieser Videokonferenz, der gut vorbereiteten Vorlage und dem angefertigten Protokoll mit Anlage der Präsentation haben sich alle Ratsmitglieder umfassend über das Thema informieren können. Sie begrüßt zu dem Tagespunkt Herrn Carius und Herrn Oltmanns von der Nationalparkverwaltung Wattenmeer und Herrn Seetzen als Vorsitzenden des Kreislandvolks.

 

Herr Carius bedankt sich für die Einladung und erläutert anhand der dieser Niederschrift beigefügten Präsentation, was ein Biosphärenreservat ist und wie die Stadt Jever Teil dessen werden könne. Er betont dabei, dass das Konzept seitens der UNESCO seit 1992 weiterentwickelt wurde. Es müsse zwischen dem allgemein bekannten Biosphärenreservat und der hier gemeinten Biosphärenregion als Modellregion für nachhaltige Entwicklung unterschieden werden. Es werde eine konzeptionelle Neuaufstellung mit den Kommunen für einen institutionellen Rahmen für nachhaltige Entwicklung angestrebt. Herr Carius betont, dass die Entscheidung über den Beitritt bei den kommunalen Gremien liege und es sich seitens der Nationalverwaltung lediglich um ein Angebot handele. Mit jeder Kommune würde ein Kooperationsvertrag geschlossen werden. Darüber hinaus zeigt er die Fördermöglichkeiten auf. Außerdem wird erneut erklärt, dass es sich bei der Entwicklungszone nicht um das Biosphärenreservat im Sinne des § 25 BNatSchG handele. Es seien keine Einschränkungen absehbar und den Kommunen werde nicht in ihre hoheitlichen Befugnisse eingegriffen. Ferner berichtet er von den Austrittsmöglichkeiten.

 

Die Vorsitzende bedankt sich für den Vortrag und gibt das Wort weiter an Herrn Seetzen, da seitens des Ausschusses keine Fragen zum Vortrag von Herrn Carius vorliegen.

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Herr Seetzen führt aus, dass auch die Ängste der Landwirtschaft angehört werden müssten. Die Sorgen kämen aus den Erfahrungen der letzten Jahre. Auch bei dem Konzept bezüglich der Vogelschutzgebiete aus dem Jahr 1992 sei gesagt worden, dass keine Einschränkungen auf die Landwirte zukämen. Es sei 15 Jahre lang ruhig gewesen, bis die EU neue Gesetze erlassen habe, die zu Nachteilen für die Landwirtschaft geführt hätten. Dies konnte man zwar seinerzeit gut mit dem Landkreis regeln; Landschaftsschutzgebiete seien aber trotzdem entstanden. Aufgrund der Einschränkung von Pflanzenschutzmitteln seien viele Flächen ruiniert und er frage sich, was folglich mit den Flächen passieren solle. Über den Link am Ende des Informationsflyers habe er den Informationen entnehmen können, dass die Kommune zukünftig außerdem eine halbe Stelle für einen Klimaschutzbeauftragten schaffen solle. Dies sehe er als erstes Zeichen an, dass die Folgen des Beitritts nicht freiwillig, sondern vorgeschrieben seien. Außerdem sei zu entnehmen, dass Entwicklungszonen gesichert werden sollen, woraus Herr Seetzen schließt, dass neue oder geänderte Gesetze durch die Region entwickelt werden. Er hofft, dass nun verständlich sei, warum die Landwirte starke Bedenken haben.

 

Herr Carius betont, dass die Sorgen der Landwirte ernst genommen werden und Erfahrungen der letzten Jahre nicht weg zu diskutieren seien. In Deutschland herrsche eine föderale Verfassung, welche die hoheitliche Sicherung für Schutzgebiete in die Kompetenz der Länder gebe. In Bayern gebe es auch schon Regionen, welche nicht durch das BNatSchG gesichert seien. Bund und Land seien sich hier einig, dass die Sicherung durch die bestehenden Gesetze ausreiche. Die Kooperationsvereinbarung werde vom Bürgermeister unterschrieben und werde an die UNESCO gesandt, welche diese auch anerkenne. Das Thema Nachhaltigkeit sei nicht neu, weshalb der Aspekt bzgl. der halben Stelle oft bereits umgesetzt sei. Klimaschutzbeauftragte seien grundsätzlich sinnvoll, auch ohne Koppelung an das Reservat. Außerdem müsse beim Thema Pflanzenschutz stark zwischen der Kern- und Entwicklungszone differenziert werden. Diese Unterscheidung sei auf Bundesebene bekannt.

 

Die Vorsitzende unterbricht die Sitzung um 17:19 Uhr.

 

Den Landwirten Holger Helmerichs, Bernd Melchers und Hilmar Beenken wird ebenfalls die Möglichkeit gegeben ihre Bedenken zu äußern.

 

Die Vorsitzende eröffnet die Sitzung wieder um 17:28 Uhr und erteilt das Wort den Ausschussmitgliedern.

 

Herr Udo Albers teilt mit, dass die SWG den möglichen Beitritt kritisch betrachte. Der Sinn und Zweck sei unklar und ein Beitritt werde als Einstieg für weitere Einschränkungen für die Landwirtschaft gesehen. Die Entwicklung der Stadt solle durch solche Projekte nicht weiter eingeschränkt werden. Der Beitritt habe einen Charakter, weshalb diese wichtige weitreichende Entscheidung nicht übereilt werden sollte. Die Stadt Jever gehöre bereits der Initiative „Echt Grün“ an und sollte sich daher für die Landwirtschaft einsetzen. In diesem Zusammenhang passe es nicht zusammen, nun der Erweiterungszone des Biosphärenreservats beizutreten. Die Argumente der Landwirte sollten ernst genommen und ausführlich besprochen werden. Große Projekte im Wangerland zeigen laut Herrn Udo Albers auf, dass Investoren im Bereich Tourismus viel genehmigt, den einzelnen Landwirten in ihren Vorhaben jedoch weitere Steine in den Weg gelegt werden. Der Berufsstand Landwirtschaft müsse sich immer neuen Einschränkungen beugen; so sei gerade erst mühsam der „niedersächsische Weg“ verhandelt worden und nun ziehen erneut dunkle Wolken auf.

 

Der Vorwurf den Beitritt zu überstürzen widerlegt die Vorsitzende, in dem sie darauf hinweist, dass sich die Gremien der Stadt bereits vor 2 Jahren mit dem Thema befasst haben. Damals sei dies nicht gewollt gewesen. Außerdem werde nicht in die Planungshoheit der Kommune eingegriffen.

 

Herr Theemann kann den Sinn eines Beitritts nicht nachvollziehen. Zunächst sei nichts zu erwarten, Veränderungen werden jedoch kommen. Er hinterfragt, ob der Beitritt nötig sei. In derzeit bestehenden Arbeitskreisen werde Vieles bereits aufgegriffen und auch dort könnten für bestimmte Themen Fördermittel in Anspruch genommen werden. Durch ein weiteres Label würde man sich verzetteln und thematisch überschneiden. Die zentrale Schwierigkeit sei ein Umsetzungsproblem der Stadt Jever. Landwirte benötigen Verlässlichkeit und sollten nicht wie Laborratten in einem Experiment behandelt werden.

 

Herr Dr. Bollmeyer schließt sich in einigen Punkten seinen Vorrednern an, möchte jedoch an die Gesichtspunkte für die Entscheidung von vor 2 Jahren erinnern. Ohne die emotionalen Argumente der Landwirte wiederholen zu wollen weist er darauf hin, dass die CDU die Stadt Jever nicht als unmittelbaren Küstenrainer sehe. Anhand verschiedener Projekte weist er auf, dass das Miteinander zur Förderung einer nachhaltigeren Stadt dennoch gut sei. Der Beitritt sei allenfalls in Form einer Bürgerbeteiligung vorstellbar, in welcher man sich ausführlich mit dem Thema befassen könne, ohne einen Beitritt zu übereilen. Hierzu stelle er einen entsprechenden Antrag.

 

Herr Harjes sieht die Ängste der Landwirte und weist in Folge dessen auf die Folie Nr. 18 aus der Präsentation hin. Hier werde verdeutlicht, dass, falls sich die Gesetze zu Lasten der Landwirtschaft ändern sollten, ein automatischer Austritt vertraglich geregelt sei. Außerdem verweist er auf den Zeitungsartikel in dem über Sorgen der Landwirte berichtet wird, welche eine ökologische Aufwertung der Flächen durch Photovoltaik befürchten. Ein Beitritt würde lediglich die Unterstützung des Biosphärenreservates hervorheben. Der Zusammenhalt mit der Landwirtschaft solle weiterentwickelt werden. Klar sei, dass auf den Höfen nicht mehr wie früher gearbeitet werden könne, ein ständiges Wachsen sei künftig jedoch auch kein Weg. Die Heimat zu schützen sei kein Nachteil.

 

Frau Beckmann betont, dass eine nachhaltige Landwirtschaft von Jedem gewollt sei. Die Ziele sollen im Einvernehmen mit der Landwirtschaft verfolgt werden. Ein Gegeneinander sei nicht zielführend. Durch den Beitritt zur Entwicklungszone des Biosphärenreservats werden viele Bereiche angesprochen, nicht nur die Landwirtschaft. Auch Sie als Unternehmerin werde, wie jeder andere mit immer neuen Veränderungen konfrontiert. Dies sei anfänglich oft beschwerlich, bietet jedoch oft neue Chancen. Das Biosphärenreservat suche nach einer Lösung für die gewünschte Nachhaltigkeit. Dies sehe sie nicht als Nachteil, sondern als Vorteil. Das auferlegte Label könne wirtschaftlich genutzt werden. Beschlossen sei ohnehin bereits, dass die Stadt Jever einen Klimaschutzbeauftragten bekomme, der die aufkommenden Aufgaben übernehmen könne. Wohlwissend, dass der SPD-Minister Olaf Lies das Zeitfenster für einen Beitritt erneut geöffnet hat, sei von Ihrer Fraktion der Antrag gestellt worden.

 

Herr Dr. Bollmeyer formuliert folgenden Beschlussvorschlag:

 

„Das Thema ‚Beitritt der Stadt Jever zum Biosphärenreservat Niedersächsisches Wattenmeer‘ wird in einem Bürgerbeteiligungsformat öffentlich thematisiert, bevor ein entsprechender Beschlussvorschlag formuliert wird.“

 

Der Beschlussvorschlag wird mit 3-Ja und 4-Nein Stimmen abgelehnt.

 

Die Vorsitzende verweist auf die Beschlussempfehlung aus der Vorlage und lässt darüber abstimmen.