Beschluss: Abstimmung: mehrheitlich beschlossen:

Abstimmung: Ja: 15, Nein: 14, Enthaltungen: 2, Befangen: 0

 

 

  1. Der Rat der Stadt Jever beschließt die diesem Beschluss beigefügten Abwägungsvorschläge zu den während der frühzeitigen Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) eingegangenen Anregungen und Hinweise.

  2. Der Rat der Stadt Jever beschließt die Auslegung des Bebauungsplan Nr. 95  „Am Alten Hafen"mit örtlichen Bauvorschriften nebst Begründung mit einem gegenüber dem Aufstellungsbeschluss reduzierten Geltungsbereich (Auslegungsbeschluss) gemäß § 3 Absatz 2 BauGB und die förmliche Behördenbeteiligung gemäß § 4 Abs. 2 BauGB.

 

 

 

 

 

 


Ratsherr Andersen trägt vor, es sei bekannt, dass er dem Beschlussvorschlag nicht zustimmen werde. In seiner Begründung könne er sich eigentlich auf das Schreiben des SPD-Vorstandes beziehen, in dem angeführt werde, dass weder die Anliegen der BewohnerInnen der Schlachte noch die vorausschauende Verkehrsplanung mit diesem Beschlussvorschlag berücksichtigt werde.  Zur Zeit sei die Schlachte eine Straße mit einem starken innerörtlichen Durchgangsverkehr. Aufgrund einer privaten Verkehrszählung belaufe sich die Zahl der Fahrzeuge auf 1.000 pro Stunde. Ein Gutachten vom März dieses Jahres sei außerdem zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Schutz der Nachbarschaft vor Verkehrslärm in keinster Weise gewährleistet werden könne. Dieses könne zur Folge haben, dass die Stadt auf Verlangen der AnliegerInnen in dieser Hinsicht tätig werde müsse.

 

Des weiteren sei nicht auszuschließen, dass durch die Fertigstellung der Umgehungsstraße der Verkehr noch zunehmen werde. Er sehe seine Verpflichtung somit darin, etwas dafür zu tun, den Verkehr aus diesem Bereich heraus zu halten. Eventuell könne mit einer neuen Umgehung, wie sie mit der Spange vorgesehen sei, eine Entzerrung erfolgen. Dieses sei in seinen Augen die letzte Möglichkeit über ein nicht bebautes Gelände eine Lösung zu finden, die durch die jetzt vorgeschlagene Planung aber zunichte gemacht werden sollte. Eine Ablehnung der so genannten „Spange“ werde damit begründet, dass der hierfür benötigte Grundstücksteil nicht erworben werden könne. Dieser Aussage könne er nur dann zustimmen, wenn wirklich alle verwaltungsrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft worden seien.

 

Mit ein wenig Fantasie habe der historische Ort „Schlachte“ ein großes Entwicklungspotential, um zu einem öffentlichen Raum mit gehobener Aufenthaltsqualität zu werden. Was aus solchen Fantansien alles entstehen könne, dafür seien die zahlreichen Baugebiete in Jever, die in den letzten Jahren entstanden seien, ein eindeutiger Beweis. Sie seien vor circa 30 Jahren aus den Fantasien des damaligen Kämmeres entwickelt worden. Mit ein bisschen Fantasie sehe er auch für die Schlachte noch eine Möglichkeit, ein besseres Ergebnis zu erreichen. Er bitte daher die RatskollegInnen um etwas mehr Fantasie, wenn es um eine neue Gestaltung gehe oder aber zumindest um etwas mehr Vertrauen in die Fantasie anderer. Die Schlachte habe Zukunft, wenn wir es ermöglichten.

 

Beigeordneter Hartl führt aus, die Position der FDP-Fraktion habe sich in den letzten vier Wochen nicht verändert. Selbstverständlich sei sie nicht gegen qualifizierte Bauvorhaben in der Stadt Jever. Sie habe nur die Befürchtung, dass durch den Bebauungsplan zum jetzigen Zeitpunkt eine Fläche blockiert werde, die für künftige Verkehrsführungen dann nicht mehr zur Verfügung stehen werde. Nach dem Lückenschluss der Umgehungsstraße müsse mit zusätzlichem Verkehr in der Innenstadt gerechnet werden, der über die Anbindung Wangerländische Straße / Schillerstraße in die Stadt fließen werde.

 

Bereits sei Jahren werde von ihnen ein Generalverkehrskonzept für Jever gefordert, in dem die Parkraumplanung und Parkraumbewirtschaftung einbezogen werde. Eine vollkommen detaillierte Planung sei dabei selbstverständlich nicht möglich, dennoch müsse der Rat sich frühzeitig Gedanken machen, wie die  Verkehrsflüsse in unserer Stadt gestaltet werden sollten, um die Innenstadt mit ihren Teilbereichen, wie z. B. die Schlachte, zu schützen.

 

Der Generalverkehrsplan sei bisher nicht erstellt worden, deshalb habe seine Fraktion große Bedenken, entsprechende weitgehende Entscheidungen zu treffen. Sollten sich während der Erstellung des Generalverkehrsplanes ganz andere Verkehrsflüsse herausstellen, als der Rat es sich vorstelle, habe man zu einem späteren Zeitpunkt immer noch die Möglichkeit, die heute vorgestellte Planung umzusetzen. Dieser Bereich sei seit mehr als sieben Jahren nicht neu beplant worden, so dass eine zwingende Notwendigkeit hierfür - mit Ausnahme der vorliegenden Anträge - nicht gesehen werde. Bereits beim Aufstellungsbeschluss vor einem Jahr habe seine Fraktion gegen die beabsichtigte Planung gestimmt. Zustimmungen habe es nur dann gegeben, wenn der Verfahrensablauf dieses erfordert habe. Als Politiker hätten sie die Verpflichtung, alle Aspekte in ihre Entscheidungen einfließen zu lassen, so dass sie nach wie vor unter den vorliegenden Voraussetzungen dem Beschlussvorschlag nicht zustimmen könnten.

 

Beigeordneter Janßen erklärt, die Mehrheit der SPD-Fraktion sei anderer Meinung als die beiden Vorredner. Im Mai 2008 habe die Verwaltung vom Planungsausschuss den eindeutigen Auftrag erhalten, den Bereich Schlachte neu zu beplanen und die ursprüngliche Idee mit der „Spange“ dabei aufzugeben. Dieser Beschluss sei vom Verwaltungsausschuss bestätigt worden. Im Dezember 2008 habe der Rat sodann einstimmig die Aufstellung des Bebauungsplanes beschlossen.

 

Zwischenzeitlich habe die Verwaltung einen Bebauungsplan vorgelegt, der nun aber nicht mehr die volle Unterstützung durch den Rat erfahre. Fakt sei es, dass sich dieser Bereich der Stadt in einem desolaten Zustand befinde und eine Vermarktung so nicht möglich sei, schon gar nicht mit einer weiteren Straße mit einer zusätzlichen Verkehrsbelastung. Der Bereich müsse aufgewertet und die Vermarktung müsse forciert werden. Der Flächennutzungsplan sehe dafür ebenfalls eine Wohnbebauung vor. Dieses sei nur mit einem Fuß- und Radweg zu realisieren und nicht mit einer Straße. Durch den Lückenschluss der Umgehungsstraße werde die Verkehrsbelastung seiner Meinung nach nicht größer, sondern eher geringer ausfallen. Diese Entwicklung habe schon die Umgehungsstraße für Jever gezeigt.

 

Die Pläne, die die FDP-Fraktion ins Spiel gebracht habe, seien bei der gegenwärtigen Haushaltssituation weder bezahlbar noch realisierbar, da sie Grundstücke beträfen, die sich nicht Eigentum der Stadt Jever befänden. Die derzeitigen AnliegerInnen hätten einen Anspruch darauf, dass der Stadtbereich zügig bebaut werde. Heute erfolge nur der Auslegungsbeschluss, weitere Einwände würden sicherlich folgen, bevor der Satzungsbeschluss gefasst werden könne.

 

Mit einem zügigen Handeln könne der Bauwirtschaft geholfen und Arbeitsplätze in Jever könnten gesichert werden. Seiner Fraktion sei es ein besonderes Anliegen, Jever als Wohnstadt aufzuwerten. Aus diesem Grunde werde sie mit einer großen Mehrheit dem Beschlussvorschlag zustimmen.

 

Beigeordneter Schönbohm teilt mit, die SWG / Sender-Gruppe werde dem Beschlussvorschlag nicht zustimmen. Hierfür gebe es verschiedene Gründe. Einerseits hätte seine Fraktion für diesen historischen Bereich ein Gesamtkonzept für den Schlachteplatz, den Treidelweg und den Alten Hafen einschließlich der Verkehrsführung erwartet und nicht nur die Beplanung eines Teilbereiches. Dieses hätte allerdings sicherlich eines anderen Auftrages bedurft. Andererseits sei es seiner Gruppe auch klar, dass es sich bei dem Treidelweg um ein hochwertiges Wohngebiet handele. Eine Wiederbelebung der „Spange“ sei nicht so einfach umzusetzen. Hierzu seien weitere Überlegungen notwendig, die in der Tat nur mit etwas mehr Fantasie durchgeführt werden könnten.

 

Die SWG / Sender-Gruppe plädiere dafür, den Planweg B, der auf einen Fuß- und Radweg reduziert werden solle, als Anliegerstraße zuzulassen. Diese Option sollte unbedingt  offen gehalten werden, da andernfalls die Gefahr bestehe, dass die vorhandenen Möglichkeiten verbaut würden. Über die vom Beigeordneten Hartl eingebrachten Vorschläge sollte ebenfalls noch einmal nachgedacht werden.

 

Beigeordneter Husemann trägt vor, von den Gegnern der vorliegenden Planungen sei in den Vorreden mehrfach Fantasie und Gestaltungskraft eingefordert worden. Die bisherigen Meinungsäußerungen ließen darauf schließen, dass diese Fähigkeiten nur diejenigen besäßen, die gegen diese Planung seien. Dem sei aber nicht so, denn auch die andere Gruppe, die anders denke, habe die gleichen Fähigkeiten, was sie in den vorangegangenen monatelangen Beratungen bewiesen habe. Es seien in den Sitzungen des Planungsausschusses Fachleute befragt worden. Die Verwaltung habe mit großem Sachverstand die entsprechenden Sitzungsvorlagen und eine Auslegung des Planes vorbereitet. Den BürgerInnen sei bereits die Gelegenheit eingeräumt worden, Anregungen zu der Planung vorzubringen. Hiervon sei allerdings nur sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht worden.

 

Das vorliegende Einzelhandelskonzept, das vom Rat der Stadt in Auftrag gegeben worden sei, spreche sich dagegen aus, den Bereich Schlachte autofrei zu gestalten. Seines Erachtens sei es wenig ratsam, in diesem Einzelfall von dem Gutachten abzuweichen, da es dann auch für andere Fragen seine Glaubwürdigkeit verlieren werde.

 

Es sei gewünscht, dass dort städtebaulich hochwertiges Wohnen angeboten werde. Mittlerweile habe sich hinter dem historischen Bereich Schlachte ein ungepflegter Wildwuchs entwickelt. Die AnliegerInnen hätten einen Anspruch darauf, dass auch dort ein gepflegtes Umfeld entstehe. Befürchtungen, dass durch den Anschluss der weiteren Umgehungsstraße in der Schlachte ein immenser zusätzlicher Verkehrsfluss entstehen werde, seien vollkommen unbegründet. Ein Gutachten aus dem Jahre 2001 besage, dass nach der Öffnung der Umgehungsstraße um Jever der Verkehr dort um 15 % zurückgegangen sei.

 

Die Ansicht, eine Wegführung über die „Spange“ sei eine ideale Form der Entlastung, sei ebenfalls falsch. Neben zahlreichen Kurven, die ausgeglichen werden müssten und somit zu Widrigkeiten führten, müssten auch Grundstücke erworben werden, die sich nicht im Eigentum der Stadt Jever befänden. Die in diesem Zusammenhang erwähnte Möglichkeit der Enteignung sei auf keinen Fall durchführbar, da das öffentliche Interesse für dieses Verfahren nicht nachgewiesen werden könne, schließlich werde der Verkehr schon seit Jahrzehnten problemlos über die Schlachte geführt. Diese Einschätzung sei von der Verwaltung im Übrigen bereits unter einer  anderen Führung ebenso vertreten worden.

 

Auch ohne einen Verzicht auf die „Spange“ sei eine Aufwertung des historisch gewachsenen Platzes Schlachte weiterhin möglich. Trotz des fließenden Verkehrs könne er zu einem Kleinod entwickelt werden. Insofern bleibe die städtebauliche Entwicklung auch von der anderen Gruppe, die für den Beschlussvorschlag plädiere, bei ihrer Entscheidung nicht unberücksichtigt.

 

Heute gehe es nur darum, die Auslegung ein weiteres Mal zu beschließen, um der Öffentlichkeit erneut die Gelegenheit zu geben, dem Rat ihre Anregungen und Bedenken an die Hand zu geben. Es gebe somit keinen Grund, den vorliegenden Beschluss nicht zu fassen, es sei denn, es solle ein gezielter Keil in eine vernünftige Planungsarbeit getrieben werden. Dieses sei die Auffassung von 90 % der CDU-Fraktion zu diesem Thema.

 

Beigeordneter Schwanzar trägt vor, keine der vorgebrachten Anregungen habe sich mit der „Spange“ beschäftigt, die schon seit Jahren in diesem Zusammenhang diskutiert werde. Die Umsetzung dieses Vorhabens werde von einem Grundstückseigentümer blockiert und es bestehe wenig Aussicht auf eine Änderung. Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen könne sich dem Vorschlag bezüglich des Gesamtverkehrsplanes auf jeden Fall anschließen und hoffe, dass in dieser Richtung weiter gearbeitet werde. Auch über einen Kreisverkehr an der Schillerstaße könne nachgedacht werden. Andererseits sei sie jedoch der Meinung, dass in dem Bereich etwas geschehen müsse, um die vorhandenen Verhältnisse zu verbessern. Da es nunmehr sowohl Argumente für als gegen den Beschlussvorschlag gebe, werde seine Fraktion sich heute der Stimme enthalten.

 

Bürgermeisterin Dankwardt sieht in der jetzigen Diskussion eine merkwürdige Entwicklung, da noch vor circa einem Jahr innerhalb des Rates eine Einmütigkeit vorgelegen habe. Planungsausschuss und Verwaltungsausschuss hätten sich einstimmig dafür ausgesprochen, das Vorhaben „Spange“ aufzugeben und eine Bebauung des Treidelweges voranzutreiben. Das Einzelhandelsgutachten weise darauf hin, dass der Bereich Schlachte zwingend mit Autoverkehr belebt bleiben müsse.  Die AnliegerInnen des Treidelweges wohnten zur Zeit in einem Umfeld mit keinem schönen Ambiente, obwohl ihnen vor Jahren beim Kauf der Grundstücke andere Zusagen gemacht worden seien. Wenn der jetzige Bebauungsplan nicht umgesetzt werde, werde es auch in der weiteren Zukunft keine Veränderungen geben, da die finanziellen Mittel fehlten, um die gewünschte Entlastungsstraße zu bauen. Erschwerend komme hinzu, dass mindestens ein Fremdgrundstück für diese Lösung benötigt werde, das nur im Enteignungsverfahren erworben werden könne. Das hierfür wiederum erforderliche öffentliche Interesse könne sie nicht erkennen.

 

Heute gehe es nicht darum einen Satzungsbeschluss zu fassen, sondern nur einen Abwägungsbeschluss. Dieses Verfahren dürfe nicht unterbrochen werden. Alle Kritiker erhielten eine zweite Gelegenheit, ihre Bedenken vorzutragen. Als stimmberechtigtes Ratsmitglied seien ihr innerhalb der letzten 18 Monate keine neuen Erkenntnisse bekannt geworden, die sie von der Fortsetzung des Verfahrens abbringen könnten. Mit dieser Planung werde sich für den Bereich Schlachte etwas bewegen. Für sie sei die Vision der FDP keine Alternative.

 

Beigeordneter Harms führt an, er gehe davon aus, dass nach dem Lückenschluss der Umgehungsstraße zwar viele Fahrzeuge an Jever vorbei fahren würden, aber die Zahl der Fahrzeuge, die die Abfahrt „Jever-Zentrum“ benutzen würden, werde vermutlich erheblich steigen. Wenn heute eine Entscheidung getroffen werde, werde dieses nicht nur erhebliche Kosten verursachen, sondern die Stadt werde sich auch etwas dauerhaft verbauen.

 

Sicherlich verliefen die Gespräche mit dem betreffenden Grundstückseigentümer schon seit Jahren erfolglos, dennoch bestehe nach wie vor die Chance, dass sich auch in dieser Angelegenheit einmal etwas verändern werde. Ferner wolle er bezweifeln, dass in diesem Fall uneingeschränkt dem Einzelhandelsgutachten Folge geleistet worden sollte, auch andere Gutachten würden nicht immer bis in die letzte Konsequenz befolgt. Der Planweg B sollte nicht eingeengt, sondern für den Verkehr zugelassen werden. Dieses könne zu einer Verkehrssicherung für die Zukunft beitragen.

 

Der Rat der Stadt Jever beschließt: