Sitzung: 05.11.2009 Rat der Stadt Jever
Beschluss: Abstimmung: mehrheitlich beschlossen:
Abstimmung: Ja: 15, Nein: 14, Enthaltungen: 2, Befangen: 0
Vorlage: BV/008/2009
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Ratsherr Andersen trägt vor, es sei bekannt, dass er dem
Beschlussvorschlag nicht zustimmen werde. In seiner Begründung könne er sich
eigentlich auf das Schreiben des SPD-Vorstandes beziehen, in dem angeführt
werde, dass weder die Anliegen der BewohnerInnen der Schlachte noch die
vorausschauende Verkehrsplanung mit diesem Beschlussvorschlag berücksichtigt
werde. Zur Zeit sei die Schlachte eine
Straße mit einem starken innerörtlichen Durchgangsverkehr. Aufgrund einer
privaten Verkehrszählung belaufe sich die Zahl der Fahrzeuge auf 1.000 pro
Stunde. Ein Gutachten vom März dieses Jahres sei außerdem zu dem Ergebnis
gekommen, dass ein Schutz der Nachbarschaft vor Verkehrslärm in keinster Weise
gewährleistet werden könne. Dieses könne zur Folge haben, dass die Stadt auf
Verlangen der AnliegerInnen in dieser Hinsicht tätig werde müsse.
Des weiteren sei nicht auszuschließen, dass durch die Fertigstellung der Umgehungsstraße der Verkehr noch zunehmen werde. Er sehe seine Verpflichtung somit darin, etwas dafür zu tun, den Verkehr aus diesem Bereich heraus zu halten. Eventuell könne mit einer neuen Umgehung, wie sie mit der Spange vorgesehen sei, eine Entzerrung erfolgen. Dieses sei in seinen Augen die letzte Möglichkeit über ein nicht bebautes Gelände eine Lösung zu finden, die durch die jetzt vorgeschlagene Planung aber zunichte gemacht werden sollte. Eine Ablehnung der so genannten „Spange“ werde damit begründet, dass der hierfür benötigte Grundstücksteil nicht erworben werden könne. Dieser Aussage könne er nur dann zustimmen, wenn wirklich alle verwaltungsrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft worden seien.
Mit ein wenig Fantasie habe der
historische Ort „Schlachte“ ein großes Entwicklungspotential, um zu einem
öffentlichen Raum mit gehobener Aufenthaltsqualität zu werden. Was aus solchen
Fantansien alles entstehen könne, dafür seien die zahlreichen Baugebiete in
Jever, die in den letzten Jahren entstanden seien, ein eindeutiger Beweis. Sie
seien vor circa 30 Jahren aus den Fantasien des damaligen Kämmeres entwickelt
worden. Mit ein bisschen Fantasie sehe er auch für die Schlachte noch eine
Möglichkeit, ein besseres Ergebnis zu erreichen. Er bitte daher die
RatskollegInnen um etwas mehr Fantasie, wenn es um eine neue Gestaltung gehe
oder aber zumindest um etwas mehr Vertrauen in die Fantasie anderer. Die
Schlachte habe Zukunft, wenn wir es ermöglichten.
Beigeordneter Hartl führt aus, die Position der FDP-Fraktion
habe sich in den letzten vier Wochen nicht verändert. Selbstverständlich sei
sie nicht gegen qualifizierte Bauvorhaben in der Stadt Jever. Sie habe nur die
Befürchtung, dass durch den Bebauungsplan zum jetzigen Zeitpunkt eine Fläche
blockiert werde, die für künftige Verkehrsführungen dann nicht mehr zur
Verfügung stehen werde. Nach dem Lückenschluss der Umgehungsstraße müsse mit
zusätzlichem Verkehr in der Innenstadt gerechnet werden, der über die Anbindung
Wangerländische Straße / Schillerstraße in die Stadt fließen werde.
Bereits sei Jahren werde von ihnen ein
Generalverkehrskonzept für Jever gefordert, in dem die Parkraumplanung und
Parkraumbewirtschaftung einbezogen werde. Eine vollkommen detaillierte Planung
sei dabei selbstverständlich nicht möglich, dennoch müsse der Rat sich
frühzeitig Gedanken machen, wie die
Verkehrsflüsse in unserer Stadt gestaltet werden sollten, um die
Innenstadt mit ihren Teilbereichen, wie z. B. die Schlachte, zu schützen.
Der Generalverkehrsplan sei bisher nicht
erstellt worden, deshalb habe seine Fraktion große Bedenken, entsprechende
weitgehende Entscheidungen zu treffen. Sollten sich während der Erstellung des
Generalverkehrsplanes ganz andere Verkehrsflüsse herausstellen, als der Rat es
sich vorstelle, habe man zu einem späteren Zeitpunkt immer noch die
Möglichkeit, die heute vorgestellte Planung umzusetzen. Dieser Bereich sei seit
mehr als sieben Jahren nicht neu beplant worden, so dass eine zwingende
Notwendigkeit hierfür - mit Ausnahme der vorliegenden Anträge - nicht gesehen
werde. Bereits beim Aufstellungsbeschluss vor einem Jahr habe seine Fraktion
gegen die beabsichtigte Planung gestimmt. Zustimmungen habe es nur dann
gegeben, wenn der Verfahrensablauf dieses erfordert habe. Als Politiker hätten
sie die Verpflichtung, alle Aspekte in ihre Entscheidungen einfließen zu
lassen, so dass sie nach wie vor unter den vorliegenden Voraussetzungen dem
Beschlussvorschlag nicht zustimmen könnten.
Beigeordneter Janßen erklärt, die Mehrheit der SPD-Fraktion
sei anderer Meinung als die beiden Vorredner. Im Mai 2008 habe die Verwaltung
vom Planungsausschuss den eindeutigen Auftrag erhalten, den Bereich Schlachte
neu zu beplanen und die ursprüngliche Idee mit der „Spange“ dabei aufzugeben.
Dieser Beschluss sei vom Verwaltungsausschuss bestätigt worden. Im Dezember
2008 habe der Rat sodann einstimmig die Aufstellung des Bebauungsplanes
beschlossen.
Zwischenzeitlich habe die Verwaltung
einen Bebauungsplan vorgelegt, der nun aber nicht mehr die volle Unterstützung
durch den Rat erfahre. Fakt sei es, dass sich dieser Bereich der Stadt in einem
desolaten Zustand befinde und eine Vermarktung so nicht möglich sei, schon gar
nicht mit einer weiteren Straße mit einer zusätzlichen Verkehrsbelastung. Der Bereich
müsse aufgewertet und die Vermarktung müsse forciert werden. Der
Flächennutzungsplan sehe dafür ebenfalls eine Wohnbebauung vor. Dieses sei nur
mit einem Fuß- und Radweg zu realisieren und nicht mit einer Straße. Durch den
Lückenschluss der Umgehungsstraße werde die Verkehrsbelastung seiner Meinung
nach nicht größer, sondern eher geringer ausfallen. Diese Entwicklung habe
schon die Umgehungsstraße für Jever gezeigt.
Die Pläne, die die FDP-Fraktion ins
Spiel gebracht habe, seien bei der gegenwärtigen Haushaltssituation weder
bezahlbar noch realisierbar, da sie Grundstücke beträfen, die sich nicht
Eigentum der Stadt Jever befänden. Die derzeitigen AnliegerInnen hätten einen
Anspruch darauf, dass der Stadtbereich zügig bebaut werde. Heute erfolge nur der
Auslegungsbeschluss, weitere Einwände würden sicherlich folgen, bevor der
Satzungsbeschluss gefasst werden könne.
Mit einem zügigen Handeln könne der
Bauwirtschaft geholfen und Arbeitsplätze in Jever könnten gesichert werden.
Seiner Fraktion sei es ein besonderes Anliegen, Jever als Wohnstadt
aufzuwerten. Aus diesem Grunde werde sie mit einer großen Mehrheit dem
Beschlussvorschlag zustimmen.
Beigeordneter Schönbohm teilt mit, die SWG / Sender-Gruppe
werde dem Beschlussvorschlag nicht zustimmen. Hierfür gebe es verschiedene
Gründe. Einerseits hätte seine Fraktion für diesen historischen Bereich ein
Gesamtkonzept für den Schlachteplatz, den Treidelweg und den Alten Hafen
einschließlich der Verkehrsführung erwartet und nicht nur die Beplanung eines
Teilbereiches. Dieses hätte allerdings sicherlich eines anderen Auftrages
bedurft. Andererseits sei es seiner Gruppe auch klar, dass es sich bei dem
Treidelweg um ein hochwertiges Wohngebiet handele. Eine Wiederbelebung der
„Spange“ sei nicht so einfach umzusetzen. Hierzu seien weitere Überlegungen
notwendig, die in der Tat nur mit etwas mehr Fantasie durchgeführt werden
könnten.
Die SWG / Sender-Gruppe plädiere dafür,
den Planweg B, der auf einen Fuß- und Radweg reduziert werden solle, als
Anliegerstraße zuzulassen. Diese Option sollte unbedingt offen gehalten werden, da andernfalls die
Gefahr bestehe, dass die vorhandenen Möglichkeiten verbaut würden. Über die vom
Beigeordneten Hartl eingebrachten Vorschläge sollte ebenfalls noch einmal
nachgedacht werden.
Beigeordneter Husemann trägt vor, von den Gegnern der
vorliegenden Planungen sei in den Vorreden mehrfach Fantasie und
Gestaltungskraft eingefordert worden. Die bisherigen Meinungsäußerungen ließen
darauf schließen, dass diese Fähigkeiten nur diejenigen besäßen, die gegen
diese Planung seien. Dem sei aber nicht so, denn auch die andere Gruppe, die
anders denke, habe die gleichen Fähigkeiten, was sie in den vorangegangenen
monatelangen Beratungen bewiesen habe. Es seien in den Sitzungen des
Planungsausschusses Fachleute befragt worden. Die Verwaltung habe mit großem
Sachverstand die entsprechenden Sitzungsvorlagen und eine Auslegung des Planes
vorbereitet. Den BürgerInnen sei bereits die Gelegenheit eingeräumt worden,
Anregungen zu der Planung vorzubringen. Hiervon sei allerdings nur sehr
zurückhaltend Gebrauch gemacht worden.
Das vorliegende Einzelhandelskonzept,
das vom Rat der Stadt in Auftrag gegeben worden sei, spreche sich dagegen aus,
den Bereich Schlachte autofrei zu gestalten. Seines Erachtens sei es wenig
ratsam, in diesem Einzelfall von dem Gutachten abzuweichen, da es dann auch für
andere Fragen seine Glaubwürdigkeit verlieren werde.
Es sei gewünscht, dass dort
städtebaulich hochwertiges Wohnen angeboten werde. Mittlerweile habe sich
hinter dem historischen Bereich Schlachte ein ungepflegter Wildwuchs
entwickelt. Die AnliegerInnen hätten einen Anspruch darauf, dass auch dort ein
gepflegtes Umfeld entstehe. Befürchtungen, dass durch den Anschluss der
weiteren Umgehungsstraße in der Schlachte ein immenser zusätzlicher
Verkehrsfluss entstehen werde, seien vollkommen unbegründet. Ein Gutachten aus
dem Jahre 2001 besage, dass nach der Öffnung der Umgehungsstraße um Jever der
Verkehr dort um 15 % zurückgegangen sei.
Die Ansicht, eine Wegführung über die
„Spange“ sei eine ideale Form der Entlastung, sei ebenfalls falsch. Neben
zahlreichen Kurven, die ausgeglichen werden müssten und somit zu Widrigkeiten
führten, müssten auch Grundstücke erworben werden, die sich nicht im Eigentum
der Stadt Jever befänden. Die in diesem Zusammenhang erwähnte Möglichkeit der
Enteignung sei auf keinen Fall durchführbar, da das öffentliche Interesse für
dieses Verfahren nicht nachgewiesen werden könne, schließlich werde der Verkehr
schon seit Jahrzehnten problemlos über die Schlachte geführt. Diese
Einschätzung sei von der Verwaltung im Übrigen bereits unter einer anderen Führung ebenso vertreten worden.
Auch ohne einen Verzicht auf die
„Spange“ sei eine Aufwertung des historisch gewachsenen Platzes Schlachte
weiterhin möglich. Trotz des fließenden Verkehrs könne er zu einem Kleinod
entwickelt werden. Insofern bleibe die städtebauliche Entwicklung auch von der
anderen Gruppe, die für den Beschlussvorschlag plädiere, bei ihrer Entscheidung
nicht unberücksichtigt.
Heute gehe es nur darum, die Auslegung
ein weiteres Mal zu beschließen, um der Öffentlichkeit erneut die Gelegenheit
zu geben, dem Rat ihre Anregungen und Bedenken an die Hand zu geben. Es gebe
somit keinen Grund, den vorliegenden Beschluss nicht zu fassen, es sei denn, es
solle ein gezielter Keil in eine vernünftige Planungsarbeit getrieben werden.
Dieses sei die Auffassung von 90 % der CDU-Fraktion zu diesem Thema.
Beigeordneter Schwanzar trägt vor, keine der vorgebrachten
Anregungen habe sich mit der „Spange“ beschäftigt, die schon seit Jahren in
diesem Zusammenhang diskutiert werde. Die Umsetzung dieses Vorhabens werde von
einem Grundstückseigentümer blockiert und es bestehe wenig Aussicht auf eine
Änderung. Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen könne sich dem Vorschlag
bezüglich des Gesamtverkehrsplanes auf jeden Fall anschließen und hoffe, dass
in dieser Richtung weiter gearbeitet werde. Auch über einen Kreisverkehr an der
Schillerstaße könne nachgedacht werden. Andererseits sei sie jedoch der
Meinung, dass in dem Bereich etwas geschehen müsse, um die vorhandenen
Verhältnisse zu verbessern. Da es nunmehr sowohl Argumente für als gegen den
Beschlussvorschlag gebe, werde seine Fraktion sich heute der Stimme enthalten.
Bürgermeisterin Dankwardt sieht in der jetzigen Diskussion eine
merkwürdige Entwicklung, da noch vor circa einem Jahr innerhalb des Rates eine
Einmütigkeit vorgelegen habe. Planungsausschuss und Verwaltungsausschuss hätten
sich einstimmig dafür ausgesprochen, das Vorhaben „Spange“ aufzugeben und eine
Bebauung des Treidelweges voranzutreiben. Das Einzelhandelsgutachten weise
darauf hin, dass der Bereich Schlachte zwingend mit Autoverkehr belebt bleiben
müsse. Die AnliegerInnen des
Treidelweges wohnten zur Zeit in einem Umfeld mit keinem schönen Ambiente,
obwohl ihnen vor Jahren beim Kauf der Grundstücke andere Zusagen gemacht worden
seien. Wenn der jetzige Bebauungsplan nicht umgesetzt werde, werde es auch in
der weiteren Zukunft keine Veränderungen geben, da die finanziellen Mittel
fehlten, um die gewünschte Entlastungsstraße zu bauen. Erschwerend komme hinzu,
dass mindestens ein Fremdgrundstück für diese Lösung benötigt werde, das nur im
Enteignungsverfahren erworben werden könne. Das hierfür wiederum erforderliche
öffentliche Interesse könne sie nicht erkennen.
Heute gehe es nicht darum einen
Satzungsbeschluss zu fassen, sondern nur einen Abwägungsbeschluss. Dieses
Verfahren dürfe nicht unterbrochen werden. Alle Kritiker erhielten eine zweite
Gelegenheit, ihre Bedenken vorzutragen. Als stimmberechtigtes Ratsmitglied
seien ihr innerhalb der letzten 18 Monate keine neuen Erkenntnisse bekannt
geworden, die sie von der Fortsetzung des Verfahrens abbringen könnten. Mit
dieser Planung werde sich für den Bereich Schlachte etwas bewegen. Für sie sei
die Vision der FDP keine Alternative.
Beigeordneter Harms führt an, er gehe davon aus, dass nach
dem Lückenschluss der Umgehungsstraße zwar viele Fahrzeuge an Jever vorbei
fahren würden, aber die Zahl der Fahrzeuge, die die Abfahrt „Jever-Zentrum“
benutzen würden, werde vermutlich erheblich steigen. Wenn heute eine
Entscheidung getroffen werde, werde dieses nicht nur erhebliche Kosten
verursachen, sondern die Stadt werde sich auch etwas dauerhaft verbauen.
Sicherlich verliefen die Gespräche mit
dem betreffenden Grundstückseigentümer schon seit Jahren erfolglos, dennoch
bestehe nach wie vor die Chance, dass sich auch in dieser Angelegenheit einmal
etwas verändern werde. Ferner wolle er bezweifeln, dass in diesem Fall
uneingeschränkt dem Einzelhandelsgutachten Folge geleistet worden sollte, auch
andere Gutachten würden nicht immer bis in die letzte Konsequenz befolgt. Der
Planweg B sollte nicht eingeengt, sondern für den Verkehr zugelassen werden.
Dieses könne zu einer Verkehrssicherung für die Zukunft beitragen.
Der Rat der Stadt Jever beschließt: