Beschluss: Abstimmung: mehrheitlich beschlossen:

Abstimmung: Ja: 15, Nein: 11, Enthaltungen: 0, Befangen: 0

 

 

 

Der Rat der Stadt Jever spricht sich dafür aus, Rechtsmittel gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Oldenburg in der Verwaltungsrechtssache Siegfried Harms ./. Rat der Stadt Jever, Az: 1 A 1062/09, einzulegen.

 

 


Beigeordneter Harms nimmt an der Beratung und Beschlussfassung über diesen Tagesordnungspunkt nicht teil und begibt sich in den Zuschauerbereich. 

 

Beigeordneter Hartl trägt vor, dass die FDP-Fraktion bereits im November 2008 und im Februar 2009 erklärt habe, dass das von der Verwaltung vorgeschlagene Missbilligungsverfahren eine totale Überreaktion gewesen sei. Dies habe sich durch das Urteil des Verwaltungsgerichtes vom 12. Januar diesen Jahres bestätigt. Das Ganze sei keine juristische bzw. verwaltungsrechtliche Frage, sondern eine Frage des menschlichen Miteinander in diesem Rat. Es hätte einer Missbilligung nicht bedurft, denn wohl niemand im Rat sei der Auffassung, dass der Beigeordnete Harms seine Pflichten nicht kenne oder leichtfertig verletzen würde.

Es sei selbstverstädnlich, dass jeder schwerwiegenden Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht, der das öffentliche Interesse und die Privatsphäre Einzelner verletze, gemäß den gesetzlichen Vorgaben, geahndet werden müsse. Die FDP  verwahre sich jedoch gegen unsinnige Verfahren, die dem Steuerzahler eine Menge Geld kosten würden und zwar in Höhe von ca. 5.000,00 EUR.

 

Um das Verfahren nun endgültig zu beenden, beantrage er für die FDP-Fraktion folgenden Ratsbeschluss:

 

Die Ratsbeschlüsse vom 13.11.2008 und 19.02.2009 sind rechtswidrig. Sie verletzen unseren Ratskollegen in seinem vom Grundgesetz geschützten Persönlichkeitsrecht und werden aufgehoben. Der Rat der Stadt Jever verzichtet darauf, Rechtsmittel gegen das Urteil der 1. Kammer des Verwaltungsgerichtes Oldenburg vom 12.01.2010, Az. 1A 1062/09, einzulegen“.

 

Gleichzeitig werde namentliche Abstimmung beantragt.

 

Beigeordneter Schönbohm führt aus, dass Anlass der ganzen Angelegenheit ein Punkt aus einem VA-Protokoll aus dem Jahre 2004 gewesen sei, der sich mit dem Minikreisel befasste. Dieser Beschluss sei in der darauf folgenden Ratssitzung durch den damaligen Stadtdirektor, Herrn Hashagen, öffentlich bekannt gegeben worden. Insofern könne nicht von eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht gesprochen werden und man hätte die Angelegenheit bereits seinerzeit entsprechend bereinigen können. Jetzt gebe es allerdings ein Gerichtsurteil, welches deutlich aussage, dass der Rat nicht befugt gewesen sei, eine Missbilligung auszusprechen und die gefassten Beschlüsse aufzuheben seien. Er könne sich nicht vorstellen, dass der Rat dennoch in Berufung gehen werde, zumal dies auch mit weiteren Kosten verbunden sei.  

Abschließend teilt er mit, dass sich die SWG-Fraktion dem Beschlussvorschlag der FDP-Fraktion anschließe.      

 

Beigeordneter Husemann erklärt, dass sich die Angelegenheit mittlerweile sehr kompliziert darstelle und in der Öffentlichkeit kaum noch verstanden werde, einerseits aus menschlichen Gründen und andererseits wegen seiner Komplexibilität hinsichtlich der Entstehungsgeschichte.

Im Kern gehe es um einen Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht, der alle Ratsfrauen und Ratsherren nach § 25 NGO unterliegen würden. Es gehe hier nicht um herausragende Persönlichkeiten. Er zitiert daraufhin den § 25 der NGO.

Hier gehe es nicht um eine Kleinigkeit, sondern um eine Angelegenheit, der man sich schon zuwenden müsse. Es habe immer wieder entsprechende Verstöße gegeben.  Herr Harms habe seinen Verstoß zugegeben und der Rat habe seit längerem bekundet, dass er solche Verstöße zukünftig nicht mehr hinnehmen werde, da sie nicht hinnehmbar seien und verfolgt werden müssten. Im Übrigen habe das Gericht zunächst einen Vergleich angestrebt und habe dabei den Verstoß gegen die Verschwiegenheit zwar angesprochen aber nicht beurteilt.     

Alternativ hätte seinerzeit der Rat die Möglichkeit gehabt, ein Bußgeldverfahren einzuleiten oder Anzeige bei der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft zu erstatten. Dieser Weg wäre eigentlich ohne Ansehen der Person logisch gewesen. Kompliziert werde die Angelegenheit dadurch, dass Herr Harms eine Person des öffentlichen Lebens sei, größten Respekt verdiene und dessen Verdienste in der Kommunalpolitik unumstritten seien. Die Ahndung des Vergehens sollte daher niederschwellig sein, so dass weder ein Bußgeldverfahren noch eine Anzeige in Erwägung gezogen worden sei.

Der Rat entschied sich zudem aus Respekt vor Herrn Harms den Missbilligungsbeschluss nichtöffentlich zu fassen. Diese Geste bzw. Verfahrensweise sei fair, großzügig und rücksichtsvoll gewesen.

Herr Harms habe diese Entscheidung jedoch nicht akzeptiert, habe selber die Öffentlichkeit hergestellt und sei „vor Gericht gezogen“.  Das Gericht aber habe lediglich festgestellt, dass der Missbilligungsbeschluss keine rechtliche Grundlage habe. Ahndungen unter der Schwelle des Bußgeldes seien nicht rechtmäßig.

Gleichzeitig wurde jedoch die Berufung zugelassen, da das Oberverwaltungsgericht in ähnlich gelagerten Fällen anders entschieden habe. Damit habe die Angelegenheit übergeordnete Bedeutung gewonnen und zwar dahingehend ob ein Rat in Niedersachsen grundsätzlich eine Missbilligung aussprechen dürfe oder nicht. Selbst der führende Kommentator der NGO, Robert Thiele, habe sich diesem aktuellen Fall angenommen und beurteile ihn dahingehend, dass es hier offensichtlich eine Gesetzeslücke gebe. Dieser würde eine Berufung begrüßen, damit das OVG Gelegenheit bekäme, seine bisherige Rechtsprechung zu bestätigen.

Auch der Nds. Städtetag habe großes Interesse daran, dieses Verfahren für Niedersachsen durchzuführen. Der Städtetag werde sogar eine Prozesskostenhilfe in Höhe von 2.200,00 EUR der Stadt zur Verfügung stellen.

Um für die Zukunft eine eindeutige Regelung in Fragen bei Verstößen gegen die Verschwiegenheitspflicht zu erhalten ohne gleich ein Bußgeldverfahren einleiten zu müssen, werde die CDU-Fraktion mit großer Mehrheit dem Beschlussvorschlag zustimmen. Mittlerweile müsse diese Angelegenheit abstrakt und losgelöst von der Person Siegfried Harms beurteilt werden. Grundsätzlich könne man solche Verstöße nicht generell sanktionsfrei stellen.

 

Herr Schönbohm erklärt, dass man dieses Verfahren nicht unabhängig von der Person Siegfried Harms  sehen könne. Im Übrigen wurde vom VG auch festgestellt, dass hier Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nicht gegeben sei. Insofern ergebe es keinen Sinn hier in die Berufung zu gehen. Die Stadt Jever müsse zudem auf dem Rücken dieses Falles keine Grundsatzurteile für Niedersachsen erwirken.  

 

Bürgermeisterin Dankwardt führt aus, dass sie sich den Ausführungen vom Beigeordneten Husemann vollumfänglich anschließen könne. Ergänzend führt sie aus, dass es einen Beschlussvorschlag von der Verwaltung zu keiner Zeit gegeben habe. Die Verwaltung habe lediglich verschiedene Möglichkeiten und Wege aufgezeigt, da es sich hier nicht um eine Verwaltungsangelegenheit, sondern um eine reine Ratsangelegenheit handele. Zudem habe von Geheimnisverrat keiner gesprochen. Man wolle jetzt nur Gewissheit darüber erlangen, ob Verstöße im Rahmen der Ratstätigkeit niederschwellig mit  einem Missbilligungsbeschluss geahndet werden können. Man war sich von Beginn an darüber im Klaren, dass das VG höchstwahrscheinlich nicht im Sinne des Rates entscheiden würde, da es zu dieser Thematik eine andere Auffassung vertrete als das OVG. Das VG habe sich nur darauf beschränkt, zu prüfen, ob ein Missbilligungsbeschluss generell möglich ist. Dies wurde verneint. Der eigentliche Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht wurde nicht beurteilt. Welche Bedeutung dieser Fall, mittlerweile erlangt habe, werde darin deutlich, dass der Nds. Städtetag sich an den Kosten beteilige, ausschließlich vor dem Hintergrund des eigenen Interesses an einer Entscheidung des OVG. 

 

Anschließend lässt die Vorsitzende über den Antrag der FDP-Fraktion auf namentliche Abstimmung abstimmen.

 

Diesem Antrag wird mit einer ausreichenden Mehrheit  von 11 Ja-Stimmen zugestimmt.

 

Sodann stellt die Vorsitzende den nachstehenden Beschlussvorschlag der FDP-Fraktion zur Abstimmung.

 

Die Ratsbeschlüsse vom 13.11.2008 und 19.02.2009 sind rechtswidrig. Sie verletzen unseren Ratskollegen in seinem vom Grundgesetz geschützten Persönlichkeitsrecht und werden aufgehoben. Der Rat der Stadt Jever verzichtet darauf, Rechtsmittel gegen das Urteil der 1. Kammer des Verwaltungsgerichtes Oldenburg vom 12.01.2010, Az. 1A 1062/09, einzulegen“.

 

Dieser Antrag wird bei 11 Ja-Stimmen und 15 Nein-Stimmen abgelehnt.  

 

Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung stellt sich wie folgt dar:

 

 

Name

Vorname

Abstimmung:

          Ja

Abstimmung: Nein

Abstimmung:

Enthaltung

Albers

Udo

x

 

 

Andersen

Klaus

x

 

 

Bunjes

Gertrud

 

x

 

Dankwardt

Angela

 

x

 

Friedel

Lars

 

x

 

Funk

Harry

 

x

 

Habersetzer

Ralph

x

 

 

Hartl

Arnulf

x

 

 

Huckfeld

Renate

 

x

 

Husemann

Horst-Dieter

 

x

 

Janßen

Dieter

 

x

 

Kaiser

Peter

 

x

 

Lorentzen

Margot

 

x

 

Ludewig

Enno

x

 

 

Lüken

Gerold

x

 

 

Makrinius

Ilse

 

x

 

Matern

Hans

x

 

 

Rasenack

Marianne

 

x

 

Reck

Renate

 

x

 

Schönbohm

Heiko

x

 

 

Schüdzig

Herbert

x

 

 

Schwanzar

Bernhard

x

 

 

Sender

Alfons

x

 

 

Vahlenkamp

Dieter

 

x

 

Vredenborg                  

Elke

 

x

 

Zillmer

Dirk

 

x

 

 

 

Die Vorsitzende lässt anschließend über den Beschlussvorschlag des Verwaltungsausschusses abstimmen:

 

Der Rat der Stadt Jever beschließt: