Beschluss: Abstimmung: mehrheitlich beschlossen:

Abstimmung: Ja: 17, Nein: 10, Enthaltungen: 1

Beschlussvorschlag:

 

 

Der geänderten Aufwandskalkulation und Beitragssatzberechnung wird zugestimmt (Beitragsfähiger Aufwand = 75.000 € für sechs Monate, 150.000 € jährlich; Beitragssatz 16,16 %).

 

Der geänderte Entwurf der Satzung über die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags in der Stadt Jever wird als Satzung beschlossen.

 

Der geänderte Satzungsentwurf sowie die geänderte Aufwandskalkulation inkl. Beitragssatzberechnung sind der Niederschrift als Anlage beigefügt.

 

Zwei Drittel der Einnahmen, die aus dem jährlichen Beitragsaufkommen des Fremdenverkehrsbeitrages resultieren, werden zur Refinanzierung der Aufwendungen herangezogen, die der Stadt Jever nach dem bisherigen Stand für die Fremdenverkehrsförderung entstehen. Die restlichen Einnahmen werden für zusätzliche Aufwendungen im Zusammenhang mit der Tourismusförderung und dem Stadtmarketing zweckgebunden zur Verfügung gestellt.

 

Bei der Verwendung dieser zweckgebundenen Einnahmen wird den offiziellen VertreterInnen der Gewerbe- und Gastronomiebetriebe in der Stadt Jever ein Mitspracherecht eingeräumt.

 

 

 


Herr Janssen führt aus, das mit Verabschiedung des Haushaltes 2012 ein Konsolidierungskonzept verabschiedet wurde, weil der Haushalt nicht ausgeglichen werden konnte. Gegenstand des Konsolidierungskonzeptes war u.a. die Einführung einer Fremdenverkehrsabgabe. Im Dezember 2012 sei dann mit einer 2/3 Mehrheit der Grundsatzbeschluss zur Einführung eines Fremdenverkehrsbeitrages gefasst worden.

 

Seit dem Grundsatzbeschluss haben sich die Gremien des Rates ausgiebig mit dem Thema befasst, zuletzt im Verwaltungsausschuss vom 11.06.2013, wo ein Kompromiss gefunden wurde, mit einem Beitragssatz von 16,16 %. Nun gehe es um den Satzungsbeschluss und damit konkret um Geld. Da Jever eine streitbare Stadt sei, werde hier mitunter mit harten Bandagen gekämpft. Er gebe aber zu bedenken, dass die SPD den Fremdenverkehrsbeitrag zum Wohle der Stadt erheben wolle und nicht um jemanden zu ärgern. Jever solle attraktiv bleiben, der Tourismus, Jevers Standbein Nummer 1, nach Möglichkeit weiter ausgebaut werden. Das Ziel müsse der Erhalt und die Verbesserung von Maßnahmen rund um das Thema „Tourismus“ sein.

 

Er gebe zu bedenken, dass Stadtmarketing eine freiwillige Aufgabe sei, die den Haushalt nicht unerheblich belaste. Bislang finanzierten alle Bürger über ihre Steuern und Abgaben die Ausgaben des Tourismus mit, zukünftig sollten die vorrangig zahlen, die vom Tourismus profitierten. Die Abgabe solle gerecht sein, jeder solle nach seiner Leistungsfähigkeit und seinem Vorteil zur Finanzierung beitragen, jedoch nicht über Gebühr belastet werden. Mit dem vorliegenden Satzungsentwurf sei dies seiner Meinung nach gelungen. Bei einem Beitragssatz von 16,16 % zahlten etwa die Hälfte der Beitragspflichtigen knapp 100,00 € pro Jahr, das seien rund 8,00 € im Monat und damit weniger als mancher Vereinsbeitrag. Hinzu komme, dass gerade auch höhere Beiträge als Aufwand gewinnmindernd von der Steuer abgesetzt werden könnten. Von den in diesem Jahr noch zu erwirtschaftenden ca. 75.000,00 € sollten 2/3 zur Refinanzierung des Stadtmarketings genutzt werden. Das weitere Drittel solle für die Stadtmarketing GmbH und Jever Aktiv verbleiben.

 

Seine Fraktion glaube, dass mit der vorliegenden Satzung ein Ergebnis erzielt wurde, mit dem eigentlich alle leben können. Dass nun u.U. der Klageweg beschritten werde, damit müsse man in einer Demokratie leben. Seine Fraktion stimme geschlossen für die Satzung und er appelliere an die übrigen Fraktionen es ihnen gleich zu tun.

 

Herr Schönbohm stellt zunächst die Frage, wer schon gerne Steuern und Abgaben zahle. Man komme nur irgendwann zu dem Ergebnis, dass es ohne eben nicht gehe. Grundsätzliche Bedenken gegen weitere Steuern und Abgaben und den damit verbunden Verwaltungsaufwand könne er zwar nachvollziehen, sei aber doch der Meinung, dass der Tourismus für die Region ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sei. Dies zu erhalten und zu verbessern gehe nicht zum Nulltarif. Zwar bestehe auch die Möglichkeit, die Gewerbesteuer zu erhöhen, doch hier zahlten auch nur wenige und man erreiche damit nicht die Filialisten. Die Grundsteuer zu erhöhen belaste alle, nicht nur die, die man in diesem Fall erreichen wolle. Auch freiwillige Beiträge seien eine denkbare Alternative, die Erfahrungen der Vergangenheit zeigten jedoch, dass es keine zuverlässige Alternative darstelle.

 

Die Kosten für Marketing und Tourismus im weiteren Sinne entstünden nur zu einem kleinen Teil durch die Zimmervermittlung. Viele der für den Tourismus wichtigen Aufgaben zahle zur Zeit die Allgemeinheit. Als Beispiele seien hier das Schloßmuseum zu nennen, hier zahle die Stadt 6stellige Beträge, das Mühlenensemble, Stadtsanierungsgebiete, das Altstadtfest und andere Feste, kulturelle Angebote, wie das Theater, Freibad und Bücherei, der Internetauftritt und vieles andere. Das alles lasse sich nur mit Planung, Vorbereitung und dem notwendigen Personal erledigen. In welcher Konstellation die Marketing- und Tourismus-GmbH weitergeführt werde, darüber sei noch zu entscheiden.

 

Es sei sicherlich richtig, dass davon alle Bürger auch ein Stück weit profitieren, sei es durch Arbeitsplätze, Steuereinnahmen oder ein schöneres Stadtbild. Doch sei die Förderung des Tourismus für die Gruppe der Hotels, Gaststätten und andere, zum Teil direkt, zum Teil indirekt überlebensnotwendig. Da sei es doch nur solidarisch, wenn diese Gruppe auch zumindest einen kleinen Teil, denn mehr sei die erhobene Abgabe nicht, dieser Aufwendungen trage und nicht alles der Allgemeinheit überlasse. Dies funktioniere auch in anderen Bereichen, z.B. habe die Stadt eine Straßenausbaubeitragssatzung, nach der die direkten Anlieger einer ausgebauten Straße für den Ausbau zahlen und nicht die Allgemeinheit unabhängig davon, ob der Anlieger die Straße nutze.

 

Die Fraktion der SWG werde nicht einheitlich abstimmen, da einige in der Fraktion den höheren Betrag von 200.000,00 € favorisieren.

 

Herr Schüdzig führt aus, dass er die höhere Umlage von 200.000,00 € befürworte, um aus den Einnahmen auch die Eisbahn, den Kiewittmarkt und andere Veranstaltungen zu finanzieren, die bislang von Jever-Aktiv finanziert worden seien. Zum andere habe die Kommunalaufsicht der Stadt ins Stammbuch geschrieben, mehr Einnahmen zu generieren und die Ausgaben zu senken. Der Fremdenverkehrsbeitrag solle den Haushalt entlasten, ohne gänzlich auf andere freiwillige Leistungen zu verzichten.

 

Wenn die Kommunalaufsicht feststelle, dass es am politischen Willen fehle, Einnahmen zu generieren und Ausgaben zu senken, werde es der Stadt Jever so ergehen wie der Stadt Schortens, wo der Haushalt nur unter strengsten Auflagen genehmigt wurde. Dann könne es passieren, dass Aktionen wie der Seniorenpass oder Einrichtungen wie Bücherei oder Freibad reduziert oder ganz gestrichen werden müssten. Er appelliere an

die Gewerbetreibenden den Beschluss zur Einführung einer Fremdenverkehrsabgabe zu akzeptieren, damit Jever eine attraktive Stadt mit Freibad, Bücherei etc. bleibe.

 

Frau Zielke erklärt, dass die Mehrheit ihrer Fraktion die Einführung des Fremdenverkehrsbeitrages ablehne. Es handele sich um die Einführung einer neuen Abgabe, mit deren Abschaffung in den nächsten Jahren nicht zu rechnen sei. Gleichzeitig sei aber nicht klar ersichtlich, welche Löcher mit dieser Abgabe gestopft werden sollen. Es liege zwar eine Verwendungsabsicht vor, aber Papier sei geduldig. Letztendlich zahle der Bürger die Zeche, z.B. über die Erhöhung von Lebensmittelpreisen oder dadurch dass der Restaurantbesuch teurer werde. Sie sehe außerdem die Gefahr, dass das bisherige ehrenamtliche Engagement zurückgefahren werde. Daher stimme man mehrheitlich der Satzung nicht zu.

 

Herr Hartl begründet noch einmal, warum seine Fraktion sich entschieden habe, der Einführung eines Fremdenverkehrsbeitrages zuzustimmen, nachdem man zunächst dagegen gewesen sei. Die Gründe für die Zustimmung lägen in der Haushaltspolitik, da man einen defizitären Haushalt habe und nicht in die gleiche Situation kommen wolle, wie die Stadt Schortens, die bereits jetzt fremdbestimmt sei und sich vom Landkreis jede freiwillige Leistung genehmigen lassen müsse. Lese man die Haushaltsgenehmigung der Stadt Jever, sehe man, dass man kurz davor sei, in die gleiche Situation zu gelangen. Darum habe man zunächst auch die höhere Umlage von 200.000,00 € favorisiert. Es habe sich in den Erhebungen jedoch zur Überraschung aller Beteiligten herausgestellt, dass nur ca. 930.000,00 € beitragsfähig/erhebungsfähig seien. Daher stimme man dem Beitragssatz von 16,16 % zu, der auch von dem beratenden Rechtsanwalt favorisiert wurde.

 

Neben dem haushalterischen Gesichtspunkt sei es für sie wichtig gewesen, dass, wie in dem Beschlussvorschlag formuliert, bei der Verwendung des verbleibenden Drittels der zweckgebundenen Einnahme den offiziellen VertreterInnen der Gewerbe- und Gastronomiebetriebe in der Stadt Jever ein Mitspracherecht eingeräumt werde. Dieser Satz sei für ihn der Schlüssel zu diesem Kompromiss gewesen, dem die FDP-Fraktion zustimmen werde zum Wohle der Stadt und ihrer Bürger, denn sonst müsse man den Rotstift u.U. bei freiwilligen Leistungen ansetzen.

 

Herr Fessel stellt klar, dass die CDU-Fraktion der Einführung des Fremdenverkehrsbeitrages und somit der vorliegenden Satzung nicht zustimmen werde. Man sträube sich nicht gegen eine notwendige Haushaltskonsolidierung, halte aber die Einführung eines Fremdenverkehrsbeitrages in der vorliegenden Form für das falsche Mittel. Um die freiwilligen Leistungen zu erhalten müsse man über andere Wege der Einnahmeverbesserung reden, eine Erhöhung der Hebesätze der Grund- und Gewerbesteuer könne hier eine Lösung sein. Aus Sicht seiner Fraktion sprächen viele Gründe gegen die Einführung. Zum einen sei mit einer großen Rechtsunsicherheit zu rechnen, die eine Konsolidierung des Haushaltes verhindern könne. Das zeigten die Erfahrungen anderer Kommunen, die touristisch stärker geprägt seien und die bereits angekündigten Klagen. Weiterhin sei mit einem Verwaltungsaufwand bei der Bearbeitung zu rechnen, der nach ihren vorsichtigen Schätzungen Kosten in 5-stelliger Höhe verursachen werde und damit einen nicht unerheblichen Teil der Einnahme aufzehren werde.

 

Eine Kalkulation der Kosten für die Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrages habe man seitens der Verwaltung nicht vorgelegt, dies wäre für die Entscheidungsfindung aber hilfreich gewesen und hätte vielleicht an der ein oder anderen Stelle auch zu einer anderen Entscheidung geführt. Es gebe städtische Aufwendungen für den Tourismus in den Beschlussvorlagen, bei denen fragwürdig sei, ob sie wirklich als solche geltend gemacht werden könnten. Weiterhin bemängele er äußerst fragwürdige Vorteilssätze bei wesentlichen Beitragszahlern, die, sollten sie per Klage gekippt werden, das ganze Zahlenspiel über den Haufen werfen würden, was zu hohen Beträgen bei den Unternehmen führen könne, die derzeit nur gering belastet würden.

 

Außerdem sei die Zukunft der Marketing- und Tourismus-GmbH und ihrer Aufgaben nicht geklärt als einer der zentralen Punkte für die touristischen Aufwendungen der Stadt. Hinzu komme erschwerend die Aufkündigung der Zusammenarbeit zwischen zahlreichen Gewerbetreibenden und der MuT-GmbH.  Als zentrales Problem der vorliegenden Satzung sehe er aber den Beitragssatz, der jegliche Relation vermissen lasse. Die Beratung im Vorfeld dieser Sitzung hätten zumindest zu der Einsicht geführt, dass ein Beitragssatz von 21,54 % nicht durchsetzbar sei, da man den Unternehmen nicht 1/5 ihres Gewinnes wegnehmen könne. 5 %, oder 6 % wie in Varel/Dangast halte man für angemessen und zu dem Ertrag passend, den die Unternehmer durch den Tourismus erwirtschaften, ein Satz von 16,16 % sei schlichtweg maßlos.

 

Frau Dankwardt erklärt, ihre Meinung zum Thema Fremdenverkehrsabgabe sei hinlänglich bekannt, sie weise aber noch mal in aller Deutlichkeit darauf hin, dass es sich bei der Einführung des Fremdenverkehrsbeitrages nicht um einen Vorschlag von Herrn Rüstmann handele, sondern dass dieser Vorschlag von ihr eingebracht worden sei im Zuge der Haushaltsberatungen innerhalb der Führungsspitze.

 

Jever sei, wie schon von Herrn Rüstmann erwähnt nicht arm, man sei handlungsfähig, aber man müsse etwas dafür tun, damit dies auch so bleibt. Daher stimme sie den Befürwortern des Fremdenverkehrsbeitrages zu, sei aber gleichwohl der Meinung, dass man moderat handeln und einen Beitragssatz von 16,16 % beschließen solle.

 

Das Wort wolle sie aber heute nochmal an die Gastronome und Hoteliers richten, die zu einem Boykott der Stadt Jever und MuT-GmbH aufgerufen haben. Offensichtlich seien Mitarbeiter der Gastronomiebetriebe dahingehend „geimpft“ worden, sie oder der Rat trage die Schuld dafür, wenn Arbeitsplätze wegfielen. Sie müsse es in dieser Deutlichkeit einmal sagen, dass sie „keinen Bock“ mehr darauf habe, anonym angerufen zu werden und kein Verständnis dafür habe, wenn ihr Mann nach einem Kegelabend in einem hiesigen Lokal von einem Mitarbeiter angegangen werde, weil sie angeblich den Arbeitsplatz dieses Mannes gefährde.

 

Sie wolle auch gerne wieder in der jeverschen Gastronomie einkehren, aber seit dem Boykott gehe sie nur noch in 2 Bäckereien und einen Asia-Shop, von denen sie wisse, dass die sich nicht an dem Boykott beteiligten. Ähnlich handele ein Teil der Mitarbeiter des Stadtmarketings, da sie nicht wüssten, ob sie überhaupt bedient würden und erwünscht seien.

 

Sie bitte die Betroffenen, darüber nachzudenken, was ein solcher Boykott auslöse. Wenn man der Stadt und insbesondere der MuT-GmbH die Zusammenarbeit aufkündige, müsse man auch mal darüber nachdenken, was das für diese Mitarbeiter bedeute. Bestimmte Angebote, Pauschalangebote, die kombiniert seien mit Übernachtungen in Hotels, Kneipentouren usw. könnten derzeit nicht mehr angeboten werden. Ein Aufrechterhalten des Boykotts sollten sich die Betroffenen gut überlegen, denn die Aufkündigung einer „Freundschaft“ habe immer 2 Seiten. Man stehe kurz davor die Konzessionen für die Stände der Feste, insbesondere des Altstadtfestes, zu vergeben. Man gehe bei der Stadt im Moment davon aus, dass die Gastronomen diese Stände nicht bedienen wollen und deshalb seien auch an hiesige Boykottunternehmen noch keine Verträge rausgegangen. Dies wolle sie nicht als Drohung verstanden wissen, es sei aber eine logische Folge aus dem gezeigten Verhalten. Es sei den Hoteliers und Gastronomen unbenommen, gegen die Satzung bzw. den Bescheid zu klagen, man lebe schließlich in einem Rechtsstaat und, das sei durchaus nachzuvollziehen. Nicht nachvollziehbar sei hingegen ein derartiger Boykott; sie wünsche sich weiterhin eine gute Zusammenarbeit mit den Gastronomie- und Beherbergungsbetrieben und allen anderen, die früher auch einvernehmlich mit dem Stadtmarketing zusammengearbeitet hätten.

 

Herr Albers führt aus, dass er dem Fremdenverkehrsbeitrag, anders als seine Kollegen, nicht zustimmen werde. Er begründet dies damit, dass eigentlich Bürokratie abgebaut werden solle, die Stadt Jever mit der Einführung dieser Abgabe das Gegenteil, nämlich mehr Verwaltungsaufwand, bewirke.

 

Sodann beschließt der Rat der Stadt Jever: